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Mordshunger

Titel: Mordshunger
Autoren: Frank Schätzing
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krankenhauspflichtig. Cüpper sah das anders. Auf seinem Gehgips prangte die Zeichnung eines Löwen in einem Herz, und über mangelnde Betreuung konnte er sich wirklich nicht beklagen.
    Er dachte an seine Katze und war glücklich.
    »Rabenhorst! Ich muss mich ganz einfach bei Ihnen entschuldigen.«
    »Nicht doch.«
    »Ich bestehe darauf. Widersprechen Sie keinem Mann, der einen ausgewachsenen Löwen besiegt hat.«
    »Indem der Löwe auf ihn draufgefallen ist.«
    »Immerhin kampfunfähig!«
    »Ja, weil endlich die Betäubung wirkte.«
    Cüpper grinste und wischte sich den Mund.
    »Wenn Sie so weitermachen, ziehe ich die Entschuldigung zurück.«
    »Oh«, erschrak Rabenhorst. »Schon gut. Wofür wollen Sie sich denn entschuldigen?«
    »Dass ich Sie so maßlos unterschätzt habe«, sagte Cüpper voller Demut. »Als Koch, meine ich. Ich dachte wirklich, Ihnen brennt der Kaffee in der Kanne an. Tja!« Er spreizte ergeben die Hände. »Schwer vertan.«
    »Ach was«, lächelte Rabenhorst bescheiden.
    »Ich bitte Sie! Das war nicht einfach nur ein guter Sauerbraten, sondern der beste, den ich je gegessen habe. Besser, als ich selber einen machen könnte. Und, Rabenhorst«, er beugte sich vor, so weit ihm die Bandagen das gestatteten, »ich rede keinen Scheiß! Das war wirklich ausgezeichnet!«
    »Was meinen Sie, wie ich geübt habe!«, trompetete Rabenhorst.
    »Offensichtlich.« Cüpper lächelte. »Verraten Sie mir das Rezept?«
    »Das Rezept? Mal sehen.«
    »Ach, du liebe Güte! Er kokettiert.«
    »Kann ich mir im Augenblick leisten. Kaffee?«
    »Gerne.«
    Rabenhorst erhob sich, da schellte es an der Tür. Er sah Cüpper an. Cüpper sah Rabenhorst an. Es schellte wieder.
    »Wer kann das sein?«
    Cüpper zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Ist Ihre Wohnung. Warum sehen Sie nicht nach?«
    Rabenhorst zögerte, ging in die Diele und öffnete.
    Sofort stürmte eine dicke Frau mittleren Alters herein und schaute sich eilig um. »Hab ich eben doch tatsächlich meine Handtasche liegenlassen, also, man wird alt.« Ihre Apfelbäckchen glänzten freundlich. »Ich komm nach Hause, will den Schlüssel aus der Tasche ziehen, ist die Tasche weg. Ich denk, wo hast du die denn bloß gelassen, kann doch nicht so einfach weg sein!«
    Rabenhorst tänzelte leichenblass um sie herum.
    »Mama, ich …«
    Sie erspähte Cüpper und kam wie eine liebenswürdige Kanonenkugel auf ihn zugeschossen. »War lecker? Lassen Sie sich bloß nicht stören, bin schon wieder weg. Der Rolfi hat sich ja so gefreut, dass Sie zum Essen kommen! Wenn er halt nur kochen könnte. Aber für solche Falle hat er ja seine Mutter. Stimmt’s, Kind?«
    »Mama, ich …«
    Plötzlich hielt sie erschrocken die Hand vor den Mund, warf einen nach Entschuldigung heischenden Blick in die Runde und kicherte verlegen.
    »Hach, hab ich was verraten? Schon gut, ich habe nichts gesagt. Ich habe nichts gesagt! Ach, da ist ja meine Tasche!«
    »Mama, ich …«
    Sie zog das gesuchte Objekt neben der Spüle hervor und wackelte nach draußen. Von hinten glich sie einem Pinguin im fünften Gang.
    »Bin ja schon weg! Hab nichts gesagt. Tschüss, Rolfi!«
    »Mama, ich …«, versuchte es Rabenhorst ein letztes Mal, aber die Tür war bereits hinter ihr ins Schloss gefallen.
    Cüpper sah ihm lange in die Augen.
    »Ah …«, argumentierte Rabenhorst.
    »Genau«, sagte Cüpper.
     

Die Rezepte
     
    Amuse-Geule
    Seit Cüpper laut eigenem Bekunden nur noch Katzenfutter kocht, hat er sich etwas rar gemacht. Bauen Sie also nicht darauf, dass er Sie zum Sauerbraten einlädt. Rabenhorst zum Beispiel ist weiterhin gezwungen, selbst zu kochen, beziehungsweise, es zu lernen. Er schnurrt nämlich nicht beim Essen.
    Nicht ein einziges Rezept hat Cüpper rausgerückt, trotz mehrfachen Insistierens. Es reiche ja wohl, den Fall von Barneck literarisch aufarbeiten zu dürfen, im Übrigen habe er Wichtigeres zu tun, als Rezepte niederzuschreiben. Ich weiß schon, was er damit meint. Zoobesuche! Sei ihm gegönnt. Aber damit hat Cüpper eindeutig gegen eine Abmachung verstoßen, die wir beide vor Erscheinen dieses Buches getroffen hatten: Ich bringe seine Geschichte, und er verrät seine alten Rezepte.
    Hat er nicht. Auch gut. Dafür habe ich was Besseres. Was viel Besseres sogar: Cüppers Freunde.
    Denn, wie Sie schon vermutet haben, ermittelt unser Kommissar bevorzugt dort, wo gut gekocht wird. Als er mir seine Geschichte erzählte, sind wir ständig irgendwo essen gegangen. Immer war es köstlich, immer wurde es
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