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Mord

Mord

Titel: Mord
Autoren: Hans-Ludwig Kröber
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Fritz mit 15  Jahren mit durchschnittlichen Leistungen aus der Oberschule entlassen wurde, besorgte die Mutter ihm eine Lehrstelle als Elektroinstallateur in der Firma, für die sie arbeitete. Nach einem halben Jahr nahm das ein für sie peinliches Ende, weil er immer wieder schwänzte. Der Fürsorger vom Jugendamt vermittelte ihm nun eine Stelle als Autoschlosserlehrling, die er am 1 . Juni 1957 antrat. Ende Juni wurde er schon wieder entlassen, weil er statt zur Arbeit zum Baden gefahren war. Danach war er monatelang arbeitslos, trieb sich herum, machte Schulden bei Geschäftsleuten und Bekannten. Die Mutter, auf den guten Ruf der Familie bedacht, bezahlte ohne viel Aufsehen. Im Oktober 1957 stimmte sie dem Wunsch des Jugendamtes zu, Fritz in ein Heim zu geben, den Ulmenhof. Doch als er ständig ausriss und wieder bei der Mutter auftauchte, gab man das Projekt nach vier Monaten auf.
    Auch lange nach ihrem Tod sprach Fritz nicht gerade respektvoll von seiner Mutter. Das Wichtigste war, dass man sonntagmorgens um neun Uhr im Anzug zum Frühstück erschien. Da saß sie dann am Tisch, die ehrenwerte dreiköpfige Familie: die Mutter, er, Ingrid. Neben dem Tisch befand sich ihre Führer-Gedenkecke, in der das Bild des Vaters hing mit einer schwarzen Schleife.
    Die Mutter bügelte immer alles aus, was er angestellt hatte, er musste nie für etwas geradestehen. Zu Hause erzählte er, dass er ausschließlich Nachtschicht arbeite, damit er tagsüber pennen konnte, und nachts war er am Stutti, hatte dort auch eine Freundin.
    Damals war er ja schon ein ziemlicher Dollbrägen, sagte er, aber weil sie das so wollte, war er mit der Mutter auch häufig im Theater oder in Musicals. Im Anschluss an eine Aufführung des
Marat
im Schillertheater war sie einmal mit ihm in den Börsenstuben, das war ein sehr vornehmes Restaurant, sagte er. Da habe er dann die Suppe aus der Tasse getrunken. Muttern war völlig entsetzt.
    Fritz hatte Schlag bei den Mädchen, es war erstaunlich, aber vielleicht war es sein Welpencharme, der damals seinen Erfolg ausmachte. Er war immer recht sicher und fordernd im Auftreten, auch wenn das manchmal gar nicht seinem Inneren entsprach. Mit 16 hatte er seine erste Freundin, die wollte aber nicht mit ihm schlafen. Damals wussten alle noch, wie gefährlich Sex war, dass man davon schwanger werden und auf die eine oder andere Weise sterben konnte. Antibiotika, mit denen man Geschlechtskrankheiten (allein das Wort schon ließ einen zittern) wie Syphilis heilen konnte, gab es in breiter Anwendung erst seit Kriegsende, und an die Antibabypille war noch lange nicht zu denken.
    Mit 17 hatte Fritz seinen ersten Geschlechtsverkehr mit einer 32 -jährigen verheirateten Frau. Er lernte sie kennen, als er ihr Kind, das er auf der Straße versehentlich mit dem Fahrrad angefahren und verletzt hatte, in ihre Wohnung brachte. Das spätere Gerichtsurteil berichtet mit finsterer Stimme: «Das ehebrecherische Verhältnis dauerte etwa ein dreiviertel Jahr.» Zum Ehebruch kam zügig auch Einbruch; es gab ja so mancherlei, was man gut brauchen und zu Geld machen konnte. Er holte sich so etwas, allein oder mit einem Kumpel.
    In dieser Zeit, mit 17 , war Fritz endgültig am Stutti gelandet, der vom kreuzbraven Mariendorf ein gutes Stück entfernt war, nicht nur kilometermäßig. Offiziell arbeitete er anfangs noch beim Daimlerwerk in Mariendorf als Bote und als angelernter Dreher, aber dann ergab er sich, wie es im Urteil heißt, dem Müßiggang, trieb sich in zweifelhaften Lokalen am Stuttgarter Platz und an der Potsdamer Straße herum, begann zu spielen und zu trinken, machte Bekanntschaften in der Halbwelt und verkehrte mit Prostituierten. Mit einer von ihnen, Mohrchen, hatte er jahrelang immer wieder Sex, wenn ihm danach war. Das Urteil sagt, die Beziehung zu Mohrchen «erschöpfte sich in gegenseitiger sexueller Hingabe». Fritz hatte nichts gegen diese Beschreibung einzuwenden: Das war ja schon mal was, Hingabe. Aber sie waren irgendwie auch befreundet, mochten sich, ohne viele Worte. Obwohl Fritz durchaus gerne redete. Eigentlich war er auch lernbegierig, und was er einmal gehört hatte, behielt er.
    Beim Saufen selbst hatte es eigentlich nie Probleme mit ihm gegeben, immer erst später, wenn er nüchtern war, sagte er. Einmal sei er in einer Kneipe von zwei Männern angemacht worden, da habe er ganz kühl überlegt und dem einen einen schweren Aschenbecher über den Kopf geschlagen, dass das Blut nur so spritzte. So eine
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