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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit
Autoren: Valerie Frankel
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auch einen geblasen.« Sabrina wandte sich zum Motorradmädel. Sie sagte: »Okay. Erzähl uns alles darüber, was im Badezimmer passiert ist. Erstens, habt ihr ein Kondom benutzt? Wir wollen hier doch nicht verklagt werden.« Sie streckte die Hand nach der Evianflasche aus. Das Wasser warf kleine Wellen und klatschte gegen die Seiten der Flasche, weil Sabrinas Hand so sehr zitterte. Es war klar und schimmerte im reflektierenden Licht. Ein weiterer Schweißtropfen rann mir den Hals hinunter, während ich darauf starrte, wie in Bann geschlagen durch die kleine bewegte Welt in dieser Wasserflasche. Ich war so heiße Lichter einfach nicht gewöhnt. Mein Mund war trocken. Mein Hals war ganz kratzig. Ich spürte, wie ein Husten sich aus den Tiefen meiner Gurgel hochkämpfte. Ich versuchte, ihn zu unterdrücken, schaffte es aber nicht.
    Während die Motorradmieze ihre Technik detailliert beschrieb, streckte ich die Hand nach dem Wasser aus. Sabrina zog es mir weg. Ein paar Tröpfchen spritzten heraus und fielen auf mein Handgelenk und auf die Finger. Wie eine Katze leckte ich die Flüssigkeit wieder ab. Es schmeckte bitter, ganz merkwürdig. Dann bemerkte ich den Geruch, und das leichte Brennen auf meinen Lippen. Ich riß die Flasche aus Sabrinas Hand und nahm den ganzen Mund voll Wasser. Ganz entgegen meinen sonstigen Angewohnheiten war ich dieses Mal sehr darauf bedacht, nicht zu schlucken.
    Dann brach ich auf dem orangefarbenen Paisley-Muster des Bodens zwischen den Sofas zusammen, wobei mein Gesicht leider genau in Richtung der Kameras lag. Ich hielt die Flasche so, daß das Evian herauslaufen konnte, und ließ auch den Schluck wieder aus meinem Mund rinnen. Danach führte ich krampfhafte Windungen der Art vor, wie ich sie in den Filmen über Drogenentzug gesehen hatte. Um den Effekt zu vervollkommnen, zuckte ich noch einige Male und lag dann bewegungslos da, eine tote Frau.
    Ich hörte Schreie und Aufruhr. Irgendjemand hatte meine Hände genommen und warf mich auf die andere Seite. Hände schlugen mir ins Gesicht. Ich wollte sprechen, hatte aber Sorge, daß ich damit alles vermasseln würde. Ich riskierte es. Der Mensch, der mich hielt, war Alex. Das wußte ich irgendwie. Neben ihm kniete Lola. Ich ließ meine Augenlider einen Spalt aufgehen, gerade genug, um sie wissen zu lassen, daß ich nur so tat. Alex zwinkerte und rieb sich das Auge. Dann ließ er mich mit einem Rumms wieder fallen. Er rief: »Mein Gott, sie stirbt. Hilfe! Kann uns bitte jemand helfen!«
    Eine Frau im Publikum rief: »Ich bin Ärztin!«
    Alex jammerte: »Wenn wir nur wüßten, was für ein Gift in dem Wasser war. Dann könnte uns die Ärztin helfen. Aber so? Sie wird jede Sekunde sterben.«
    Das Aufheulen kam von hinter der Bühne. Es klang wie Otis, wenn ich ihr aus Versehen auf den Schwanz trete. Der jaulende Ausbruch eines rasenden Schmerzes schwebte auf die Decke zu und schien dann wieder auf den Boden zurückzusinken, schwer und tot. Ich fühlte die Dielen des Bodens zittern, als sie auf uns zukam. Ich öffnete die Augen, um sie anzusehen. Sie war groß, rosa und auf gefährliche Weise emotional. Eine dicke Träne fiel auf den Boden neben meiner Nase. Ich beobachtete, wie die Flüssigkeit in den Boden zog und den Fleck verdunkelte. Ich rollte mich auf den Rücken.
    Marnie O’Sheas Hände flatterten wie kleine Albino-Fledermäuse vor ihrem Gesicht. Sie weinte. Sie sagte: »Seidelbast«, und dann zerfloß sie erneut in Tränen.
    Ich hatte diesen merkwürdigen holzigen Geruch in dem Evian bemerkt. Ich habe ein ausgezeichnetes olfaktorisches Erinnerungsvermögen — erstaunlich bei einer Raucherin, ich weiß. Ex-Raucherin.
    Ich ging davon aus, daß ich jetzt beruhigt mein Schauspiel beenden konnte. Ich gurgelte und keuchte wild, ehe ich mich wieder gerade hinsetzte. Erst dann bemerkte ich, daß mein Kleid über meine Unterwäsche hochgerutscht war. Marnie war zu sehr damit beschäftigt, zu schluchzen und mit den Händen zu flattern und mit ihren weißen Cowboystiefeln vor mir herumzutrampeln, als daß sie bemerkt hätte, wie ich geschickt wieder auf die Füße sprang. Niemand klatschte.
    Ich sagte: »Hey, Marnie.« Sie wirbelte herum. Ihre Augen waren die reinsten Schleusentore, und sie kippte die Tränen förmlich eimerweise aus. Ich erinnerte mich an das Photo von dem Farmhaus, das in Marnies Büro gestanden hatte. Ich holte das andere Farmhaus, das an der Ausfahrt in Vermont stand, in mein Gedächtnis.
    Ich sagte: »Sie haben das für Thomas
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