Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord Unter Segeln

Mord Unter Segeln

Titel: Mord Unter Segeln
Autoren: Christiane Franke
Vom Netzwerk:
stand in schlagzeilengroßen Lettern das Wort »Verrat« im Vordergrund.
    Augenblicklich fühlte sich Oda mit Sophie verbunden. Auch sie hatte sich von Jürgen verraten gefühlt, als er ihr nur deshalb gestanden hatte, dass er Vater einer Tochter war, weil die von heute auf morgen zu ihm ziehen wollte.
    Während sie noch kurz über diese Parallele nachdachte, hörte sie Christine, die sich an Peter Gerjets wandte. »Auch wenn wir natürlich die Gedanken Ihrer Schwägerin nicht nachvollziehen können, müssen wir dennoch herausfinden, wo sie steckt. Und dazu sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Sie kennen sie am besten.«
    Oda ergänzte: »Was könnte sie meinen, wenn sie sagt, sie würde uns einen Deal anbieten? Was für einen Deal? Und, verdammt noch mal, warum meldet sie sich nicht?«
    ***
     
    Alles fertig. Das sah richtig klasse aus. Die dunkelblaue Plastikfolie war in der Dämmerung kaum zu sehen. Die Erde auf dem Grab ihrer Oma hatte Ilka aufgelockert, darum fühlte sie sich wie ein angenehmes Kissen an, als sie nun in das kleine Zelt kroch, dessen Boden und Wände aus den Plastiktüten bestanden. Omis Grabstein war der höchste Punkt. Sie lehnte sich mit dem Rücken daran. Sie hatte mehrere Säcke zusammengeklebt und so eine Plastikbahn erhalten, die sie bis nach vorne ziehen konnte. Drei mit Wasser gefüllte Friedhofsgießkannen beschwerten von innen das untere Ende, die Seiten hatte sie mit Steinen beschwert. Wie ein halbes Geodreieck musste es von außen aussehen. Aber es reichte, bot ausreichend Platz für sie und die Einweggrills. Die Würstchen und das andere Grillzeugs hatte sie draußen gelassen. Sie öffnete den Gin, goss ihn in einen Plastikbecher und gab einen Schuss Tonic dazu.
    Dann griff sie zu ihrem Telefon. Tippte Sophies Nummer.
    »Ilka?«
    »Ja. Geht's dir gut, mein Schatz?«
    »Nein.« Sophie weinte. »Papa hat so furchtbare Dinge gesagt. Er hat gesagt, dass du und er … dass ihr beide … und dass das Baby gestorben ist …«
    »Hör auf zu weinen, meine Süße. Ich bin ja jetzt für dich da. Und wenn die von der Polizei mitspielen, wird auch alles gut.«
    »Wirklich?« Sophies Schluchzen traf Ilka dort, wo der Schmerz um ihr totes Baby aufhörte. Doch dieser Schmerz sollte nicht bleiben.
    »Bestimmt. Alles wird gut. Gib mir eine der Polizistinnen.« Sie hörte ein kurzes Rascheln, dann: »Cordes.«
    Die Blonde. Die andere wäre ihr lieber gewesen.
    »Wenn Sie wollen, dass Sophie überlebt, brauche ich Ihre eidesstattliche Zusage, dass mir nichts passiert«, begann sie.
    »Frau Friedrichsen, lassen Sie uns in Ruhe über alles reden.«
    »Das geht nicht. Meine Zeit läuft ab. In diesen Momenten. Schneller als Sophies, aber wenn ich nicht mehr bin, lebt auch Sophie nicht mehr lang. Sie ist auf meine Stammzellen angewiesen. Es gibt keinen anderen Spender.«
    »Was wollen Sie?«
    »Die Zusicherung, dass ich nicht ins Gefängnis muss. Dass ich bei Sophie bleiben und mich um sie kümmern kann. Es war ein Unfall. Meine Schwester hat mich provoziert. Mich trifft keine Schuld. Ich wollte das nicht. Es war ein Unfall.«
    »Lassen Sie uns darüber reden.«
    »Nein. Ich gebe Ihnen eine Stunde. Nicht mehr. Sophies Leben gegen meine Freiheit. Eine Stunde.«
    »Frau Friedrichsen –«
    Ilka beendete das Gespräch per Tastendruck, legte das Handy auf ihren Schoß, zog ein Feuerzeug aus ihrer Hosentasche und zündete den ersten Grill an. Dann den zweiten. Den dritten noch nicht, zwei mussten reichen, der dritte würde ihre Notreserve sein. Sie hatte großzügig Alufolie daruntergelegt, die sie noch in den Radtaschen gefunden hatte, denn schließlich wollte sie an einer simplen Kohlenmonoxid-Vergiftung sterben, nicht an etwas Schlimmerem. Die Grills fingen an zu glimmen. Ilka goss sich einen weiteren Gin ein.
    »Prost, Omi«, sagte sie, trank den Becher leer, füllte ihn erneut und wiederholte die Zeremonie. »Drück mal die Daumen, dass die Polizei bald wieder anruft. Ich möchte nicht sterben. Ich möchte für Sophie da sein. Und für Peter. Wenn du da oben irgendwas für mich tun kannst, dann tu es bitte jetzt.« Die Grillkohle der beiden Grills begann zu glühen.
    ***
     
    »Das klingt nicht gut«, sagte Oda und sah Christine alarmiert an. »Das klingt verdammt noch mal nicht gut.«
    »Wo könnte Ihre Schwägerin sein?«, fragte Christine, deren Alarmglocken ebenso ins Schwingen geraten waren.
    »Keine Ahnung.« Gerjets zuckte verzweifelt mit den Schultern. »Ich hab Ilka hier auf der Insel nie erlebt.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher