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Mord in der Vogelkoje

Mord in der Vogelkoje

Titel: Mord in der Vogelkoje
Autoren: Kari Köster-Lösche
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willkommene Abwechslung in unserer faden Kost aus Salzfleisch und Kohl.«
    Asmus starrte ihn perplex an. »Das heißt, er kommt in Ihr Büro?«
    »Ja, sicher.«
    »Dorthin, wo die Schlüssel hängen?«, bemerkte Asmus.
    Lorenzen nickte und schüttelte dann ungläubig den Kopf. »Er soll es gewesen sein?«
    »Er hatte offenbar die besten Möglichkeiten, an das Schlüsselbrett zu gelangen. Und Sie haben mir ja selber geschildert, dass die Übersicht schwierig ist, weil nicht immer alle Schlüssel abends korrekt abgeliefert werden.«
    »Sie haben recht«, sagte Lorenzen mit düsterer Miene.
    »Nehmen Sie es nicht allzu schwer. Petersen hat nachweislich noch mehr auf dem Kerbholz, Schlimmeres. Er hat die ganze Interessengemeinschaft der Entenkoje Kampen betrogen.«
    »Dann darf ich wohl noch dankbar sein«, bemerkte Lorenzen sarkastisch und sichtlich enttäuscht.
    Asmus klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Nehmen Sie als gute Nachricht, dass Ihre Arbeiter ehrlich sind. Misstrauen ist nicht angebracht.«
    »Ja, das ist wahr. Danke für die Nachricht, Wachtmeister Asmus.«
    Asmus nickte und ging zu seinem Motorrad zurück.

    Eigentlich war jetzt das Feld vorbereitet, um Hank nochmals vorzuladen. Trotzdem warf Asmus sich in Zivil und lief dann in höchster Sorge zum Seehotel, um sich nach Jewe zu erkundigen. Es wäre ja fatal, wenn er sich selbst da einen gravierenden Fehler erlaubt hätte.
    Als Jewe Asmus sah, blickte er ostentativ beiseite und umklammerte mit der Hand mit aller Kraft einen Wagen auf Rollen, auf dessen Ladefläche Gepäck stand. Asmus sah, dass seine Knöchel weiß vor Anstrengung wurden.
    Er spazierte wie ein beliebiger Gast an ihm vorbei. »Im Keller, in ein paar Minuten?«, fragte er aus dem Mundwinkel.
    Jewe schaute eisern an ihm vorbei, aber Tränen kullerten ihm die Wangen hinunter. Asmus sah sich um, beobachtete die Gäste und den Portier, die alle nicht auf ihn achteten. »Jewe, bitte, komm!«, flüsterte er eindringlich.
    Dann verließ Asmus das Hotel wieder durch den Haupteingang und verschwand zur Rückfront des Hauses. Jewe kam einige Augenblicke später nach.
    »Sie haben mich verraten«, klagte er erbittert. »Mir wurde gekündigt.«
    Dieser Tölpel Alfred Jung! Es sah ihm ähnlich, so rücksichtslos vorzugehen, dass Zeugen zu Schaden kamen. Asmus ballte die Fäuste vor Wut und betrachtete den Jungen voller Mitleid. »Hör zu, Jewe«, sagte er. »Ich spreche mit dem Hoteldirektor. Erlaubst du mir das?«
    »Ich habe von Hank Geld angenommen und habe mich krank gestellt, damit ich aus dem Weg bin, wenn die Polizei kommt«, brachte Jewe stockend hervor. »Aber schlimmer als jetzt kann es nicht werden … Machen Sie, was Sie wollen.«
    »Trockne deine Tränen, und versieh deinen Dienst, Jewe. Und halt dich nach Möglichkeit von Hank fern. Ich suche auf der Stelle den Direktor auf.« Asmus klopfte dem Pagen tröstend auf die Schulter. Es war vor allem sein eigener Fehler gewesen. Jungs Kaltherzigkeit hatte er unterschätzt.

    Die Freundlichkeit des Direktors aber auch. Dieser liebte sein Hotel, schätzte seine Mitarbeiter und hörte betroffen Asmus’ Schilderung des Geschehens an. Hinter der Anweisung an den Portier, nichts über die Gäste verlauten zu lassen, stand er weiterhin, aber das galt natürlich nicht fürAnfragen der Polizei. Und Jewes Angebot, Asmus das Motorrad zu zeigen, war wohl aus einer Mischung aus Abenteuerlust, Neugier und Rechtschaffenheit entstanden, fand er. Einem Dreizehnjährigen wollte er daraus keinen Vorwurf machen, nachdem er erfahren hatte, dass Jewe der Polizei entscheidend geholfen hatte.
    Seine Klingel rief einen Hotelangestellten herbei, und kurze Zeit später schlich Jewe mit hängendem Kopf vor den Schreibtisch des Direktors.
    »Junge, nun steh mal gerade!«, befahl der Direktor barsch. »Ich kann dich doch nicht mit diesem krummen Rücken und einer Miene, als hättest du gerade trotz schlechten Gewissens einen Gast beraubt, in zwei, drei Jahren zum Stellvertreter des Portiers aufsteigen lassen. Oder was meinst du?«
    »Nein«, stammelte Jewe. Dann hob er den Kopf. »Was haben Sie gesagt, Herr Direktor?«
    »Du hast das Zeug, dich in meinem Hotel hochzuarbeiten. Du bist kein Duckmäuser. Die kann ich nicht gebrauchen. Dich durchaus, denn du triffst Entscheidungen, wenn sie notwendig werden, ohne dich lang rückzuversichern. Die Weisheit, zwischen wohlmeinenden Menschen und denen, die dich nur ausnutzen wollen, zu unterscheiden, wird dir mit dem Alter
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