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Mord in der Vogelkoje

Mord in der Vogelkoje

Titel: Mord in der Vogelkoje
Autoren: Kari Köster-Lösche
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mir schon Gedanken darüber gemacht«, sagte Ose. »Ich glaube, den Rauch aus dem Schornstein der Kojenmannhütte könnte man von der Landstraße aus sehen.«
    »Dessen Hütte besitzt übrigens einen besonders hohen Schornstein. Offenbar achtete man sehr darauf, dass kein Funkenflug den Wald in Brand setzen konnte.«
    »Das war auch nötig. Die Anlage einer Vogelkoje hat ungeheuer viel Geld gekostet. Das waren Unternehmungen einer Gemeinschaft von Interessenten. Da gab es Hauptinteressenten und Nebeninteressenten, und alle waren durch Verträge gebunden. Außerdem haben sie verhindert, dass Auswärtige sich beteiligen konnten«, wusste Ose zu berichten.
    »Umso erstaunlicher ist, dass die Anlage dann kurzerhand aufgegeben wurde. So plötzlich! Was mag das sein?«, fragte Asmus übergangslos und bückte sich nach einem Gegenstand in der Asche, der kurz aufschimmerte.
    »Der Deckel einer Dose. Das sieht man doch.« Ose nahm Nis das Fundstück aus der Hand und drehte es um. »Unter dem Falz abgeschnitten, siehst du? Da drin war etwas Kompaktes wie Fisch, Fleisch oder Gemüse, jedenfalls kein Saft.«
    »Gut, eine Hausfrau dabeizuhaben, die weiß, wie man Essen aus der Dose kocht«, spottete Matthiesen, wofür er einen derben Knuff in die Rippen erntete.
    »Er ist angerostet, aber lange kann er hier nicht gelegen haben«, überlegte Asmus laut, der keine Zeit für Frotzeleien hatte. »Angesichts der Aschenmenge fragt es sich, wie viele Leute hier waren und ob es sich sogar um eine Art Biwak gehandelt hat.«
    »Biwak?«
    »Eine Stelle zum Schlafen und Essen, Ose.«
    »Das könnten dann doch auch Jungs aus dem Dorf gewesen sein, die sich hier getroffen haben, vielleicht zum Entenfangen, Fischen, Flucht aus dem Alltag … Was weiß ich. Das Lagerfeuer muss ja nicht mit der Koje in Zusammenhang stehen. Die ist einfach ein verschwiegener Ort, der normalerweise von niemandem aufgesucht wird.«
    »Lorns! Flucht aus dem Alltag mit Essensdosen in einer Zeit, in der Nahrung knapp ist. Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Na gut«, meinte Matthiesen resignierend, »dann eben doch Fremde. Zwei Parteien. Die eine biwakt hier, die andere wird erschossen.«
    »Das trifft es schon besser. Kommt, wir suchen weiter«, entschied Asmus, »jetzt aber sternförmig von der Feuerstelle weg und wieder zurück. Nach einem Ort, an dem die eine oder mehrere Dosen vergraben wurden.«

    Eine Zeitlang war nur das Geräusch von Zweigen zu hören, die zurückschnellten, wenn sich jemand durch die Büsche schob. Die Singvögel waren verstummt. Vor die Sonne hatten sich jetzt die Wolken geschoben, und es war merklich kühler geworden. Leider auch in Bodennähe dunkler, dachte Asmus, was die Suche erschwerte.
    Geraume Zeit später, als sie bereits auf der dritten Bahn waren, rief Ose wieder, dieses Mal mit Aufregung in der Stimme. »Ich habe etwas!« Sie stürmte durchs Wäldchen und langte zusammen mit Matthiesen bei Asmus an.
    »Ein Papier«, schnaufte Ose. »Feucht, zerrissen und unvollständig, aber ich glaube, ich weiß, was es ist.«
    »Kri …«, buchstabierte Asmus. »Darunter ein Netz. Nein, eine Reuse.« Mit hochgezogenen Augenbrauen wartete er auf Oses Erklärung.
    »Es könnte die Banderole einer Krickenten-Dose sein. Ich habe sie auf Föhr gesehen, die verkaufen und verschicken eingedoste Enten. Wir Sylter essen nur frische oder selbst eingelegte.«
    »Tatsächlich. Das stimmt.« Matthiesen sah Asmus mit verblüffter Miene über die Schulter.
    »Jetzt keine launigen Bemerkungen über Hausfrauen, die lesen können, Lorns«, warnte Ose.
    »So tollkühn wäre ich nicht einmal im Traum.«
    »Ich höre die Kutsche, vielmehr die Ponys«, bemerkteAsmus und blickte zum düster gewordenen Himmel hoch. Der auffrischende Wind wehte manches Geräusch fort, aber das Wiehern vernahm er. »Wenn der Tote verladen ist, machen auch wir Schluss. Wahrscheinlich schüttet es gleich, und dann finden wir ohnehin nichts Interessantes mehr.« Im gleichen Augenblick, als er es ausgesprochen hatte, fing es an zu nieseln.

K APITEL 3
    Der Kutscher wusste, wie mit dem Toten zu verfahren war, denn er wurde immer für Totentransporte gerufen. Daher konnte Matthiesen zur Dienststelle in Westerland zurückfahren, in dem ihm eigenen Höllentempo natürlich, obwohl das Nieseln inzwischen in einen kräftigen Schauer übergegangen war. Asmus hingegen brachte Ose zum Haus ihrer Eltern in Keitum.
    »Kinder, wie seht ihr nur aus! Habt ihr Ekke Nekkepenn einen Besuch auf dem
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