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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris
Autoren: Petra Kirsch
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Sitzmöbeln, Pflanzkübeln und schwarzen Plastiktöpfen, die meisten
ohne Bepflanzung. Zwischen den Fliesen hatten sich Grashalme und Bäumchen
festgesetzt, manche davon ragten meterhoch in den Himmel.
    »Bernd, du kannst jetzt gehen.«
    Nachdem sie das offizielle Okay erteilt hatte, den
Leichnam zur Obduktion in die Tetzelgasse bringen zu lassen, platzte es aus dem
sichtlich erregten Polizeifotografen heraus.
    »Das ist heute ein Scheißtag. Erst schickst du uns die
Brunner auf den Hals, die hier nur alles durcheinanderbringt und uns von der
Arbeit abhält, wenn sie nicht gerade dumm rumsteht. Und dann das Chaos hier«,
er deutete mit einer ausholenden Handbewegung auf das Zimmer, »wo man nicht
sicher sein kann, dass man sich was holt.«
    »Was soll man sich denn hier holen?«, fragte sie
erstaunt.
    »Kannst du mir garantieren, dass da drin«, wieder
diese abschätzige Handbewegung, »kein Ungeziefer ist?« Er sah sie
angriffslustig an.
    Als Antwort zuckte sie nur mit den Schultern.
    »Auf jeden Fall stelle ich mich erst mal unter die
Dusche, wenn ich heimkomme, und zwar gründlich. Wie das hier schon riecht.«
    »Also, ich finde, es riecht nicht besonders schlimm.
Ein wenig abgestanden, stickig, ja, aber viel anders riecht es auch nicht, wenn
ich zum Beispiel nach dem Urlaub in meine Wohnung zurückkomme.«
    »Das kommt daher, weil du auch Raucherin bist. Das hat
dir schon deine Geruchsnerven zerstört. Da riecht man freilich nichts mehr, und
selbst wenn es wie auf einer Mülldeponie stinkt.«
    Auch diesen heftigen Affront ebenso wie seinen
Vorwurf, sie sei für Eva Brunners Erscheinen verantwortlich, schluckte sie
widerspruchslos hinunter und fragte lediglich: »Warum, wer raucht denn hier
noch?«
    Anstelle einer Antwort langte Bernd Schuster zum
Fensterbrett und hielt ihr einen Aschenbecher hin, in dem aufgelöste Kippen in
einer Wasserlache schwammen. Interessiert beugte sie sich über die hässlich
braungelbe Brühe. Nicht nur die Tatsache, dass sie rauchte, hatte sie mit dem
Opfer gemein – sogar die Zigarettenmarke teilten sie miteinander. Das waren
alles Stummel der Marke  HB .
    So etwas verbindet ungemein, auch über den Tod hinaus;
in dem Moment, als Schuster ihr den vollen Aschenbecher unter die Nase hielt,
knüpfte er ein Band zwischen der Kommissarin und dem Opfer, das stärker war als
ihr rein berufliches Pflichtgefühl. Sie sah sich nun noch mehr in der
Verantwortung, den Mörder dieser Frau so lange zu suchen, bis sie ihn gefunden
und gestellt hatte. All dies konnte der Nichtraucher Schuster nicht ahnen,
geschweige denn wissen. Insofern kam ihr erster Gegenangriff für ihn überraschend.
    »Du willst mir damit also sagen, dass der Geruch
dieser Kippen erst rund um das Haus gewandert ist, sich dort vor den Eingang
abgesenkt hat, um über das Schlüsselloch in den Hausgang zu ziehen, sich dann
auf den Weg in den ersten Stock machte, um dort wieder pfeilgerade durch das
Schlüsselloch in die Wohnung der Toten zu gelangen? Das ist eine Theorie, die
einige physikalische Gesetze missachtet, mein Lieber.«
    Schuster sah sie perplex an. »Woher weißt denn du so
genau, dass sie nicht auch die Wohnung vollgequalmt hat?«
    »Das weiß man halt, wenn man Raucher ist. Wer einen
derartigen Aschenbecher auf dem Balkon stehen hat, raucht nicht in seiner
Wohnung. Das ist ganz einfach, was du aber nicht wissen kannst. Also, auf jeden
Fall bist du hier fertig und kannst jetzt gehen.«
    Doch so schnell gab sich der heute zu mehr Händel
aufgelegte Fotograf nicht geschlagen.
    »Die Frau hatte sich doch überhaupt nicht im Griff.
Raucht wie ein Schlot, dazu passt die Wohnung wie die Faust aufs Aug. Schau sie
dir doch mal an. Das Chaos pur. Ich würde mich hier nicht wohlfühlen. Du
etwa?«, fragte er in scharfem Ton.
    »Sag einmal, Bernd, fängst du jetzt komplett das
Spinnen an? Was soll denn die blöde Fragerei? Und dann: Was hat denn das eine
mit dem anderen zu tun? Wer raucht, muss doch nicht automatisch ein Messie
sein. Und umgekehrt.«
    »Wenn meine Frau mir die Bude so zumüllen würde, ich
würde die rausschmeißen. Kurzen Prozess würde ich mit der machen. So schnell
könnte die gar nicht schauen, so ratzfatz wäre die draußen.« Schuster sah sie
immer noch herausfordernd an.
    Fast hätte sie auch diese letzte seiner Attacken
ignoriert, aber eben nur fast, an diesem Tag, an dem bisher so viel verquer
gelaufen war.
    »Noch so eine hochinteressante Überlegung deinerseits.
Und wiederum so theoretisch, fernab
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