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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris
Autoren: Petra Kirsch
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jeden Bezugs zur Praxis. Denn momentan
verfügst du doch über gar keine Frau, die du ratzfatz rausschmeißen oder mit
der du kurzen Prozess machen könntest. Oder täusche ich mich da?«
    Sein Schweigen war beredt genug. Ohne Gruß verließ er
den Balkon, um auf dem Trampelpfad den geordneten Rückzug anzutreten. Vorher
aber legte er noch den weißen Mundschutz an, demonstrativ und mit einem langen
Blick zu ihr.
    Klaus Zwo, wie Dennerleins Kollege von der
Spurensicherung genannt wurde, der im weißen Schutzanzug gleichfalls zu dem
kleinen quadratischen Balkon Zuflucht genommen hatte und den sie erst jetzt,
nach Bernds Abzug, richtig wahrnahm, kommentierte ihre letzte Bemerkung mit den
Worten: »Das war aber jetzt hart von dir, Paula. Du weißt doch, wie empfindlich
der Bernd auf diesem Gebiet ist.«
    »Ich bin auch empfindlich, Klaus. Und kein Mensch
nimmt irgendwelche Rücksicht auf mich. Wie man in den Wald ruft, so schallt es
zurück. Aber mal was anderes: Findest du auch, dass es da drin so fürchterlich
riecht?«
    »Nein. Es müffelt ein wenig. Das ist der Staub, der
sich in all den Jahren auf den ganzen Krempel gelegt hat, sonst nichts.«
    »Warst du schon in der Küche und im Schlafzimmer?«
    »Einen Blick habe ich hineingeworfen. Da ist nämlich
kein begehbarer Weg wie im Wohnzimmer. Den muss man sich erst freischaufeln.
Ich weiß auch nicht, wo und wie die geschlafen hat. Im Liegen auf jeden Fall
schon mal nicht. So viel habe ich gesehen. Da ist alles voll. Und selbst im
Sitzen muss es schwierig gewesen sein, denn auf der einzigen Schlafmöglichkeit,
die ich entdeckt habe, so eine Art Liegesessel, stapeln sich ebenfalls die
Kleidungsstücke.«
    »So schlimm ist es?«
    »Ja. Irgendwie schon furchtbar, das alles. Das war ein
ganz einsamer, bedauernswerter Mensch. Ein erfülltes Leben ist was anderes.«
    Als Paula wieder in der Diele stand, war Müdsam
bereits verschwunden. Und auch Schuster hatte sich mitsamt seinem Mundschutz
verzogen. Die Bestatter taten sich schwer, die Leiche auch nur einigermaßen
pietätvoll auf die Bahre zu legen, weil ihnen der Platz dafür fehlte. Als sie
gegangen waren, bugsierte Dennerlein Paula um den Fundort herum, dann rief er
nach seinem Kollegen und Namensvetter.
    »Ich glaub, ich würde jetzt nur stören. Also geh ich.
Wenn ihr fertig seid, versiegelt ihr die Wohnung und sagt mir bitte Bescheid,
ja?«, sagte sie.
    »Ja, machen wir.«
    Dennerleins kurz angebundener Ton ließ darauf
schließen, dass er nun endlich mit der Arbeit anfangen wollte.
    »Wer hat eigentlich die Polizei gerufen? Matthias
sagte mir, das war eine Nachbarin.«
    Dennerlein deutete nur wortlos mit dem Kopf auf die
gegenüberliegende Wohnung. Als sie in den Hausgang trat, hörte sie, wie er die
Tür energisch von innen zuzog.
    Bevor sie klingelte, sah sie auf das Namensschild.
»Elisabeth Vogel« stand darauf. Sie musste eine Weile warten, bis die Tür
geöffnet wurde. Vor ihr stand eine aparte Mittsechzigerin, aschblondes, sorgsam
frisiertes Haar, helle Jeans und eine frisch gebügelte weiße Bluse, dezentes
Make-up in einem runden und hübschen Gesicht. Paula Steiner stellte sich vor
und wurde sogleich bereitwillig in die Wohnung gebeten.
    In dem lichten und geschmackvoll eingerichteten
Wohnzimmer mit den blütenweißen Raffgardinen aus Nessel nahm sie auf einem
sonnengelben weichen Sofa Platz. Und war erstaunt, wie groß der Raum war.
    »Ist Ihre Wohnung genauso groß wie die
gegenüberliegende?«, lautete ihre erste Frage.
    Über Frau Vogels Gesicht huschte ein verständnisvolles
Lächeln, bevor sie antwortete.
    »Ja, Frau Platzer und ich, wir haben die gleiche
Wohnung, nur spiegelverkehrt geschnitten. Das weiß ich, weil ich die rechte
Wohnung im Erdgeschoss kenne, und nicht etwa deswegen, weil ich bei Frau
Platzer schon mal in der Wohnung war. Das war ich nämlich nicht. Frau Platzer
hat niemanden hineingelassen.«
    »Ah ja. Frau Vogel, Sie haben die Polizei gerufen. Was
hat Sie dazu veranlasst, also wie sind Sie darauf gekommen, dass Ihrer
Nachbarin etwas hätte passiert sein können?«
    »Aus mehreren Gründen. Erstens haben wir, Frau Platzer
und ich, jeden Abend einen kleinen Plausch gehalten. Von Balkon zu Balkon. Aber
gestern nicht und vorgestern auch nicht. Zweitens ist sie am späten Abend, so
gegen neun, halb zehn, immer, zuverlässig jeden Tag, in den Hinterhof gegangen
und hat den Eichkatzeln Futter hingelegt, immer auf denselben Mauervorsprung.
Auch da habe ich sie in den letzten zwei Tagen
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