Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster
Autoren: Philipp Espen
Vom Netzwerk:
Pointe des Espagnols in Sicht.
    Und dann erkannten sie schon die Aufbauten der Stadt Brest.
     
     
    Die Hafenstadt erwies sich als freundlicher Ort. Sie lag eingeklemmt zwischen der See und dem Fluss Penfeld und hatte reiche Arsenale. Kaufherren gaben den Ton an.
    Die Gefährten gingen an Land und waren froh, wieder festen, sicheren Boden unter den Füßen zu spüren. Dieser Boden schwankte nicht.
    Sie suchten sich als Erstes ein Quartier und fanden es gleich zwischen dem Hafen und dem trapezförmigen Schloss des Herzogs der Bretagne in einer Schiffergasse, die Rue Traverse hieß. Die Freunde hatten das Gefühl, eine sehr lange Reise gemacht zu haben und jetzt wieder in ruhigen Fahrwassern angelangt zu sein.
    Aber war das nicht wieder eine Täuschung? Trog nicht dieses Gefühl, weil es sich nach all den Gefahren der zurückliegenden Zeit ganz unversehens einstellte? Würden sie die wirklichen Bedrohungen, die vielleicht auf sie lauerten, rechtzeitig erkennen können?
    Als sie in die Stadt eintauchten, schritt Joshua betont munter voraus. »Bleiben wir hier in Brest«, sagte er, »bis Henris Knappe Sean eintrifft. Er wird sich hoffentlich inzwischen seine jungen Hörner abgestoßen haben. Vielleicht hat er seinen Liebeskummer vergessen – wie ich übrigens völlig vergessen habe, wie es sich in einem weichen Bett schläft.«
    »Weiche Betten und böse Wanzen, das ist die Wahrheit in diesen Hafenstädten wie Brest«, sagte Uthman. »Ich habe es hundertmal erlebt. Mach dir also keine allzu große Hoffnung auf guten Schlaf.«
    »Gut schlafen tut nur derjenige«, erklärte Joshua, »der ein reines Gewissen hat. Das ist von Ungeziefer unabhängig – «
    Uthman lachte. »Dann werden wir drei hervorragend schlafen.«
    Und Henri fügte hinzu: »Diesen Beweis müssen wir heute Nacht erst noch antreten. Aber jetzt lasst uns eine Mahlzeit einnehmen. Es ist Freitag, und ich denke, ein frisch gebratenes Stück vom Walfisch wird uns gut tun.«
    Er musste die Beine in die Hand nehmen, denn Joshua ben Shimon und Uthman ibn Umar jagten ihn mit wilden Schreien durch die schmalen Gassen, und vom runden Turm des herzoglichen Donjons flog erschreckt eine Schar Seeraben auf.

 
    Historische Nachbemerkung:
     
     
     
    Alltagsleben im Mittelalter
     
    Das Zusammenleben der Menschen war im Mittelalter geprägt durch die ständische Gesellschaft. Es war ein strenges System, in dem die Herkunft des Einzelnen seine gesellschaftliche Stellung bestimmte. Aus diesem System auszubrechen konnte lebensbedrohlich sein; wer aufgrund seiner Herkunft, seines Glaubens oder seines Berufes nicht dazugehörte, hatte einen schweren Stand. An Uthman und Joshua zeigen sich immer wieder die Probleme solcher Menschen. Sie gehören nicht zum mittelalterlichen Ständesystem, da sie keine Christen sind. Der rechte Glaube war über das gesamte Mittelalter hin das entscheidende Kriterium für gesellschaftliche Anerkennung. Wer von diesem Glauben abwich, wer nicht den Lehren der Kirche – und das war zu dieser Zeit in Europa allein die Katholische Kirche – folgte, war ein Ketzer. Das hatten die Katharer Südfrankreichs im 13. Jahrhundert erfahren müssen. Ihr dualistischer Glaube, der nahezu alle Lehren der Katholischen Kirche verneinte, wurde in einem Kreuzzug niedergekämpft, dessen End- und Höhepunkt die Verbrennung von 120 Katharern zu Füßen ihrer letzten Festung Montsegur war. Ausgestoßen aus der Gesellschaft hatte man mit den erfundenen Anklagen der Ketzerei und Häresie auch die Templer, von denen etwa 100 als rückfällige Ketzer verbrannt wurden, weil sie ihre unter der Folter erpressten Geständnisse zurückgenommen hatten. Ebenso standen Juden und Muslime außerhalb der mittelalterlichen Gesellschaft. Dabei war die Stellung der Juden noch durch verschiedene gesetzliche Bestimmungen gesichert, sie waren – gegen hohe Zahlungen – unter dem Schutz der jeweiligen Landesherren. Allein im christlich beherrschten Heiligen Land konnten dagegen die Muslime ihren Glauben mit der Duldung der Christen ausüben, in Europa hätten sie es offen nie wagen dürfen. Ebenso außerhalb der Gesellschaft standen Personen mit »unehrlichen« Berufen – Henker, Abdecker, Prostituierte, Gaukler. Das bedeutete allerdings nicht, dass diese Berufe nicht weit verbreitet waren oder die ausübenden Personen nicht in gewisser Weise unter dem Schutz auch der Obrigkeiten standen.
    Drei Stände sind es vor allem, die im Verständnis der Nachwelt die mittelalterliche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher