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Mord auf Raten

Mord auf Raten

Titel: Mord auf Raten
Autoren: Andreas Franz
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trocken. Und an Andrea gewandt: »Und, was kannst du sagen?«
    Sievers knöpfte vorsichtig das Hemd auf und stellte fest: »Ein Einstich links seitlich in den Bauch, der aber mit Sicherheit nicht tödlich war. Hilf mir mal, ihn hinzulegen und umzudrehen, aber vorsichtig, damit keine Spuren verwischt werden.« Und nach einer weiteren Begutachtung: »Hier, drei Einstiche in den Rücken, wobei einer vermutlich das Herz getroffen hat. Das war dann auch der Todesstoß.« Und an Vierling gewandt: »Haben Sie mal ein Thermometer?«
    Dieser holte es aus seiner Tasche und reichte es Sievers wortlos. Sie zog Kaufungs Hose runter, maß die Temperatur und sagte nach zwei Minuten: »34,1 Grad. Der ist sovor zwei bis zweieinhalb Stunden übern Jordan gegangen. Allmähliches Einsetzen der Totenstarre, das Kiefergelenk ist kaum noch beweglich, Leichenflecken konfluierend … Wie gesagt, zwei bis zweieinhalb Stunden, auf keinen Fall länger.«
    »Lernt man das heutzutage bei der Polizei?«, fragte Vierling sichtlich verwirrt. »Wozu brauchen Sie dann noch einen Arzt, wenn Sie sowieso alles besser wissen?«
    Sievers erhob sich wieder, setzte ihr charmantestes Lächeln auf und antwortete: »Verzeihen Sie, aber ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Sievers, Dr. Sievers. Ich bin Rechtsmedizinerin. Ist mehr Zufall als Absicht, dass ich hier bin. Sie sollten sich aber trotzdem mal für den Fall der Fälle, ich meine, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, die entsprechende Literatur zu Gemüte führen. Dass dieser Mann tot ist, würde auch ein Kind erkennen. Und jetzt stellen Sie bitte den Totenschein aus, alles Weitere übernehmen wir. Und sollten Sie zufällig mal wieder an einen Tatort gerufen werden und das Opfer hat ein Messer im Rücken, dann kreuzen Sie unter Todesart bitte nicht ›natürlich‹ an.«
    Vierling erwiderte darauf nichts mehr, stellte wortlos den Totenschein aus und reichte ihn Brandt. Dann machte er auf dem Absatz kehrt, murmelte ein »N’abend« und verschwand nach draußen.
    »Den hast du aber ganz schön auflaufen lassen«, sagte Brandt.
    »Aber hallo, wenn der nach einer Minute sagt, dass ein gewaltsamer Tod nicht ausgeschlossen werden kann, dann attestiert er womöglich nach zwei Minuten eine natürliche Todesursache. Solche Typen habe ich gefressen, die bringen den gesamten Berufsstand in Verruf. Ich stell mir nur vor, der behandelt seine Patienten genauso. So einen Fall hab ichübrigens schon gehabt, wo einer ein Messer im Rücken hatte, die Leiche bei der Erstbeschau aber nicht umgedreht wurde, auf dem Totenschein war ›natürlich‹ angekreuzt, und als wir ihn bekamen, haben wir das Messer entdeckt. Lass ihn in die Pathologie bringen, ich untersuch ihn morgen Vormittag. Oder brauchst du das Obduktionsergebnis sofort?«
    Brandt fuhr sich mit der Hand übers Kinn, was er immer tat, wenn er nachdachte. Er schien die letzten Worte von Andrea Sievers gar nicht mehr mitbekommen zu haben. Stattdessen sagte er: »Du meinst, er ist seit zwei, maximal zweieinhalb Stunden tot. Was hat er um diese Zeit noch hier gemacht? Es ist Freitag, und einer wie er macht bestimmt keine Überstunden.«
    »Was denkst du?«
    »Na ja, nehmen wir an, er ist so gegen halb neun getötet worden. Kein normaler Arzt hält sich um halb neun noch in der Praxis auf, es sei denn, er hat Notdienst. Aber einer, der nur Privatpatienten behandelt, macht doch keinen Notdienst …«
    »Stopp, stopp!«, wurde er von Andrea unterbrochen. »Auch Privatärzte haben einen Notdienst, schließlich erwarten deren Patienten für teures Geld einen entsprechenden Service. Aber er hatte heute bestimmt keinen, er hatte schließlich eine Verabredung mit einer bezaubernden jungen Dame.«
    »Trotzdem, dieser Typ war privilegiert. Wenn einer aus seiner erlesenen Klientel mal nachts einen Arzt brauchte, dann konnte er Kaufung bestimmt auch zu Hause oder über Handy erreichen. Ich will wissen, was er vor seinem Tod hier gemacht hat.«
    »Ich weiß zwar nicht, worauf du hinauswillst, aber das alles riecht doch ziemlich stark nach Raubmord«, meinte AndreaSievers und deutete auf die Glasscherben und den demolierten Arzneischrank. »Da hat jemand alles mitgehen lassen, was irgendwie high macht oder beruhigend wirkt.«
    »Mag schon sein, und trotzdem kommt mir das Ganze spanisch vor. Da wird ein Promiarzt, der seine Praxis gleich neben dem Präsidium hat, an einem späten Freitagabend umgebracht …«
    »Warum kommt dir das spanisch vor? Nur weil er
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