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Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi

Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi

Titel: Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
Autoren: emons Verlag
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Mumie, und es knackte. Althea schluckte. »Es … war bloß ein kleiner Ast«, hauchte Jadwiga. »Wo ist denn die Trage?«, fragte sie, obwohl sie noch längst nicht so weit waren.
    »Ich habe ihre Hände.« Jadwiga machte eine Geste, und Althea sah, dass sie auf dem Rücken mit einem Stück Hanf überkreuzt zusammengebunden waren.
    »Dalmetia, bekommst du auch alles mit?«, erkundigte sich Althea bei der Fotografin. Ein stockendes »Ja-a« war die Antwort. Die Schwester war geisterhaft bleich.
    Sie würden der Toten nicht in den Mund fassen und nichts entfernen, aber sie mussten zusehen, den Körper aus der Umklammerung der Eiche zu befreien.
    »Wir brauchen eine Gartenschere«, sagte Althea, aber die Erwähnung von Werkzeug ließ die Schwestern aufstöhnen wie von einem Geschoss getroffen.
    »Zum Donnerwetter«, schimpfte Jadwiga und wurde sich zu spät bewusst, dass genau das über die Insel und das Kloster hereingebrochen war. Ihre Autorität, die sie trotz offenem Haar, mit einem Schlafanzug unter dem Mantel und dicken Stiefeln an den Füßen ausstrahlte, sorgte dafür, dass das verlangte Werkzeug eilig aus dem Geräteschuppen geholt wurde.
    Althea durchschnitt die Äste und Wurzeln, die sich um den Körper geschlungen hatten. Sie musste an ein Bild denken. Hatte man Eva im Garten Eden nicht genauso dargestellt? Zwischen den Ästen hindurch beobachtet von der Schlange.
    Die Beobachter hier jedoch waren samt und sonders weder heimlich noch zurückhaltend und leise. Althea hatte nicht darauf geachtet, aber die Geräuschkulisse verriet ihr, dass inzwischen eine Anzahl Bewohner ihre Häuser und Betten verlassen hatten, um zu erfahren, was da los war. Die Nachbarschaft funktionierte auf der Insel ganz wunderbar.
    Althea hoffte nur, dass wenigstens eine über die Advents- und Weihnachtstage nicht auf Frauenchiemsee weilte – Friederike Villbrock, Richterin im Ruhestand, unausstehlich und ihre alte Schulkameradin und Erzfeindin. Sie waren vor einer Ewigkeit gemeinsam im Internat auf Frauenchiemsee gewesen, gemocht hatten sie sich schon damals nicht. Wäre sie hier, würden sie es alle in Kürze erfahren.
    Der Klosterwirt brachte die Rolltrage. Er war Pächter und stand sozusagen unter der Knute des Klosters. »Pardauz, eine echte Mumie!«, staunte Valentin Zeiser. »Und die schöne Nonne wieder mal mitten im Geschehen.«
    »Freut mich auch, dich zu sehen, Valentin«, sagte Althea. »Du übernimmst den Transport.«
    Die schöne Nonne. Das hatte ein Journalist geschrieben, als Althea im vergangenen Sommer in wenig standesgemäßer Bekleidung aus dem See heraufgetaucht und in ein Boot der Wasserwacht geklettert war.
    Jadwiga schnaubte. Valentin Zeiser auch, aber er wartete folgsam auf weitere Anweisungen.
    Althea fasste in eine klebrige Substanz, zuckte zurück und schaute auf ihre Finger. Ein dunkles Goldgelb. Baumharz.
    »Es hält Mikroorganismen ab, die das Holz sonst zersetzen würden. Die alten Ägypter haben sich diese Eigenschaft zunutze gemacht, indem sie für die Konservierung ihrer Mumien Harz verwendeten«, bemerkte Valentin. Falls er sie damit ablenken wollte, dann war ihm das gelungen, denn Althea war erstaunt, wie ein Inselbewohner zu diesem fundierten historischen Wissen über ein Wüstenvolk kam.
    Die Befreiung dauerte, bis Althea ihre Füße nicht mehr spürte, Jadwigas Zinken rot war wie eine Faschingsnase und Dalmetia schüchtern meldete, dass die Speicherkarte jetzt voll sei.
    »Kann sie auseinanderbrechen?«, fragte jemand.
    Althea überhörte das, sie hoffte, sie würden ihre Fracht wohlbehalten … Wohin sollten sie die Frau bringen?
    Valentin sprach die Frage aus, weil man ihm den Krankentransport aufgenötigt hatte und er sich offenbar verantwortlich fühlte.
    »Ins Gästehaus«, sagte Jadwiga. »Nein. Besser auf die Krankenstation.«
    »Zeta ist auf der Krankenstation«, erinnerte Althea sie. Ihre ehemalige Äbtissin.
    »Es ist eine nie da gewesene Situation …«, begann Jadwiga und besann sich dann eilig eines Besseren. »Dann kommt sie in die Büßerzelle, dort ist sie ganz sicher allein.«
    Die Büßerzelle. Althea musste gestehen, sie hatte nicht gewusst, dass es etwas Derartiges im Kloster überhaupt gab, und an den Gesichtern einiger Mitschwestern konnte sie ablesen, dass es ihnen genauso ging.
    Valentin stutzte. »Da meint man alles zu kennen, aber …« Seine Augen wurden groß, gleich würde er ein weiteres dunkles Geheimnis der Abtei erfahren. Doch Jadwiga schüttelte bedauernd den
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