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Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi

Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi

Titel: Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
Autoren: emons Verlag
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die Sandalen.
    In Sichtweite bewegte jemand hektisch die Arme auf und ab. »Meine
Oma kann nicht schwimmen!«, schrie ein Junge.
    Althea hätte zu gern erwidert, dass das auch nicht nötig sei. Stattdessen
sprintete sie los, zog ihr langes Gewand durchs Wasser und die Frau an den
Schultern zurück an die Wasseroberfläche.
    »Der See ist an der Stelle nicht tief, deine Oma kann hier stehen«,
sagte Althea. Warum die Oma das nicht gekonnt hatte, wusste nur sie allein.
    Prustend und schnaufend schüttelte sich eine füllige Frau Mitte
fünfzig, der das kurz geschnittene Haar nach dem Tauchgang wie Kraut vom Kopf
abstand. »Maximilian, schau nicht so, ich bin nur umgeknickt. Du hättest nicht
gleich göttlichen Beistand herbeiholen müssen.«
    Begonnen hatte Altheas Tag mit der Radio-Prophezeiung, es werde sehr
heiß, doch jetzt war ihr schlagartig eiskalt.
    Es war wie ein Déjà-vu. Friederike Villbrock. Was für ein
schauderhafter Morgen!
    »Von wegen göttlicher Beistand, Friederike. Der Herr zeigt mir grade
meinen schlimmsten Alptraum. Ich muss wirklich ganz übel über die Stränge
geschlagen haben.«
    Der Kopf der Frau fuhr zur Seite, als hätte jemand sie geschlagen.
»Marian? Marian Reinhart? Was machst du denn in den Klamotten da?«
    Maximilian grinste, Althea grinste zurück. Fehlte nur noch, dass
Friederike die Hand ausstreckte und nach dem Stoff grabschte, um sich zu
vergewissern, ob die Kleidung echt war.
    »Du bist Nonne«, beantwortete sich Friederike die Frage selbst. Mit
einem Lachen. »Ausgerechnet du, ich werd verrückt! Das passt doch gar nicht.«
    Schön, wenn einem jemand sagen konnte, was passte und was nicht.
    Friederike Villbrock und Althea hatten vor einer halben Ewigkeit
gemeinsam dasselbe Internat besucht. Die St.-Irmengard-Schule auf
Frauenchiemsee. Friederike Villbrock hatte Karriere gemacht. Althea erinnerte
sich, dass das eine ihrer beiden Optionen gewesen war: Sie würde sich entweder
einen reichen Mann nehmen oder etwas »Machtvolles« tun. Eines davon hatte sie
geschafft – es gab in ihrem Leben keinen Ehemann, dafür hatte sie es bis zur
Vorsitzenden Richterin am Landgericht München I gebracht. Das
a. D., das seit einem knappen Jahr hinter der Berufsbezeichnung stand,
war ihre Entscheidung gewesen.
    »Jetzt sind wir beide wieder da – auf Frauenchiemsee.« Tropfend
stapfte Friederike in ihrem dünnen Badeanzug an Althea vorbei und an Land.
    Wieder da … was sollte das heißen?
    »Ich hab mir ein schmuckes kleines Haus gekauft«, ergänzte sie
bereitwillig.
    Althea wurde übel. Gab es etwas Schlimmeres, als die Erzfeindin aus
Schulzeiten in unmittelbarer Nachbarschaft zu wissen? Und unmittelbar
benachbart war auf der Insel eigentlich alles. Man konnte Frauenchiemsee
ohne Anstrengung zu Fuß ablaufen, im heißesten Sommer und auch im kältesten
Winter.
    »Komm doch mal vorbei, wenn du grade nicht meditierst oder betest
oder womit du sonst deine Zeit vergeudest. Wir tratschen ein bisschen über die
alten Zeiten. Mein Gott, Marian, du warst eine von denen, die alles mitgenommen
haben, was auch nur ansatzweise nach Spaß aussah. Was ist passiert?«
    Althea würde den Teufel tun und auch nur einen halben Rocksaum über
Friederikes Türschwelle tragen. Wenn es einen Weg gäbe, die Dame wieder
loszuwerden …
    »Die Wege des Herrn sind unergründlich«, antwortete sie kryptisch.
    Marian Reinhart hatte es damals wirklich heftig getrieben –
Widerspenstigkeit, Streiche und nicht zuletzt diverse Freizügigkeiten. Warum
sie den Schleier genommen hatte und Schwester Althea geworden war, würde sie
sicher nicht zwischen Wiese und See erläutern, im Beisein eines … »Wie alt bist
du denn?«, fragte sie den Jungen.
    »Zehn – bald«, gab Maximilian zurück. Ihm machte das alles gerade
ziemlichen Spaß.
    Jedenfalls, Althea würde sicher nicht zwischen einem Stück Wiese und
dem See, im Beisein eines bald zehnjährigen Jungen, ihre Beweggründe
ausbreiten.
    Ein gemeines Lächeln trat auf Friederikes Züge. »Du warst früher
richtig hübsch. Jetzt wirkst du eher … nennen wir es, etwas abgestanden  …«
    Althea hatte keine Lust, sich an diesem Aufguss von längst
Vergangenem zu beteiligen. Abgestanden! Sehr freundlich. Natürlich, sie hätte
locker zurückschlagen können. Manches Mal schlagen sogar Nonnen zurück, aber
nicht heute.
    Sie bückte sich nach Friederikes Handtuch und warf es ihr zu. An
Maximilian gewandt, erklärte sie: »Deine
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