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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz
Autoren: Agatha Christie
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Mademoiselle werde ich zur garde-malade ernennen.«
    Mit aller Würde, die ich nur aufbringen konnte, zog ich mich zurück. Nachdem ich Poirots Aufträge erfüllt hatte, ging ich ins Hotel. Die Ereignisse dieses Abends erschienen mir als phantastisch und unmöglich. Niemand hatte meine Fragen beantworten wollen. Niemand schien sie gehört zu haben. Wütend ließ ich mich aufs Bett fallen und schlief den Schlaf der Verwirrten und restlos Erschöpften.
    Als ich erwachte, schien die Sonne durch die offenen Fenster und Poirot saß, elegant und lächelnd, neben meinem Bett.
    »Enfin, endlich sind Sie wach. Sie sind ein wahrer Siebenschläfer, Hastings. Wissen Sie, dass es fast elf ist?«
    Ich stöhnte und griff mir an den Kopf.
    »Ich habe offenbar geträumt«, sagte ich. »Stellen Sie sich vor, ich habe geträumt, wir hätten Marthe Daubreuils Leichnam in Madame Renaulds Zimmer gefunden und Sie hätten sie des Mordes an Monsieur Renauld beschuldigt.«
    »Sie haben nicht geträumt. Das alles ist wahr.«
    »Aber Bella Duveen hat Monsieur Renauld umgebracht!«
    »Nicht doch, Hastings, das hat sie nicht. Sie hat es behauptet, ha – aber nur, um den Mann, den sie liebt, vor der Guillotine zu retten.«
    »Was?«
    »Denken Sie an Jack Renaulds Geschichte. Die beiden trafen gleichzeitig am Schauplatz ein, und dann hielten sie sich gegenseitig für schuldig. Die Frau starrt ihn entsetzt an und stürzt mit einem Aufschrei davon. Aber als sie hört, dass ihm dieses Verbrechen angelastet wird, kann sie das nicht ertragen und klagt sich selber an, um ihn vor dem sicheren Tod zu retten.«
    Poirot ließ sich in seinem Sessel zurücksinken und legte in vertrauter Geste die Fingerspitzen aneinander.
    »Ich fand den Fall nicht so ganz befriedigend«, teilte er mir nachdenklich mit. »Ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, dass wir es mit einem kaltblütig geplanten und ausgeführten Verbrechen zu tun hatten, ausgeführt von einer Person, die sich auf sehr kluge Weise Monsieur Renaulds eigene Pläne zu Nutze gemacht hatte, um die Polizei von ihrer Spur abzulenken. Der große Verbrecher (Sie erinnern sich vielleicht, dass ich Ihnen das einmal gesagt habe) geht immer überraschend schlicht vor.«
    Ich nickte.
    »Wenn meine Theorie zutrifft, dann muss unser Verbrecher sich über Monsieur Renaulds Pläne im Klaren gewesen sein. Und das bringt uns zu Madame Renauld. Aber nichts spricht dafür, dass sie schuldig ist. Wer sonst könnte diese Pläne gekannt haben? Nun. Aus Marthe Daubreuils eigenem Mund wissen wir, dass sie Monsieur Renaulds Streit mit dem Landstreicher mit angehört hat. Wenn sie das hören konnte, gibt es keinen Grund, warum sie nicht auch alles andere wissen sollte, vor allem, wenn Monsieur und Madame Renauld unklug genug waren, ihre Pläne auf der Bank im Garten zu besprechen. Denken Sie doch daran, wie gut Sie von dort aus Marthes Gespräch mit Jack Renauld belauschen konnten.«
    »Aber welches Motiv konnte Marthe für einen Mord an Mr Renauld haben?«, warf ich ein.
    »Welches Motiv? Geld! Renauld war mehrfacher Millionär, und bei seinem Tod (das glaubten zumindest sie und Jack) würde die Hälfte dieses riesigen Vermögens an seinen Sohn fallen. Lassen Sie uns die Szene von Marthe Daubreuils Standpunkt her rekonstruieren. Marthe Daubreuil belauscht ein Gespräch zwischen Renauld und seiner Frau. Bisher war Renauld eine nette kleine Einkommensquelle für die Damen Daubreuil, aber nun will er sich ihrem Zugriff entziehen. Zuerst wollen sie vermutlich nur versuchen, seine Flucht zu verhindern. Aber dann kommen sie auf eine kühnere Idee, die die Tochter von Jeanne Béroldy nicht im Mindesten entsetzt. Renauld steht ihrer Hochzeit mit Jack unerschütterlich im Weg. Wenn Jack seinem Vater trotzt, wird dieser ihn zum Bettler machen – was Mademoiselle Marthe nun gar nicht zusagen würde. Ich glaube eigentlich nicht, dass sie sich jemals etwas aus Jack Renauld gemacht hat. Sie kann Gefühle vortäuschen, aber in Wirklichkeit ist sie von derselben kalten, berechnenden Sorte wie ihre Mutter. Ich glaube auch nicht, dass sie sich seiner Zuneigung wirklich ganz sicher war. Sie hatte ihn betört und eingefangen, aber wenn er von ihr getrennt wurde, wie sein Vater das sehr leicht bewerkstelligen konnte, dann würde sie ihn womöglich verlieren. Wäre Renauld jedoch tot und Jack der Erbe seiner Millionen, dann könnte die Hochzeit sofort stattfinden und mit einem Federstrich würde Marthe zu Geld kommen – zu mehr Geld als den
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