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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine
Autoren: Hannes Nygaard
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Infotafel, auf der das alte
Eckernförde dargestellt war. Im Hintergrund nahm Havenstein die Leuchtreklame
einer kleinen Kneipe wahr. Im »Leuchtfeuer« hatte er sich gelegentlich mit
alten Freunden auf ein Bier getroffen, wenn er in seiner Heimatstadt war.
    »Hey, Robert«, hörte er eine bekannte Stimme.
    »Moin, Jürgen«, grüßte Havenstein zurück, als ihn der
alte Schulkamerad aus seinen Gedanken riss. Er setzte seinen Weg fort, ohne den
ehemaligen Mitschüler zu beachten. Immer noch kreisten Havensteins Gedanken um
das, womit er sich seit geraumer Zeit beschäftigte. Sein Beruf brachte es mit
sich, in heikle Fragestellungen einzutauchen, das Ende des Fadens zu suchen,
wenn sich mysteriöse Dinge zu einem scheinbar unentwirrbaren Knäuel verstrickt
hatten. Oft war seine Arbeit von Gefahr begleitet, insbesondere die
Auslandseinsätze hatten ihn in Regionen geführt, die nicht als befriedet
galten.
    Doch dieser Fall lag anders. Es war ein heikles Thema,
das eine weltweite Sensation auslösen würde, kämen die Hintergründe an die
Öffentlichkeit. Und Havenstein war dieser Sensation auf der Spur.
    Er schreckte auf, als er den schmalen Gang verließ und
in die Fußgängerzone einbog. Der Pastorengang mündete direkt gegenüber der
alten Stadtkirche St. Nicolai in die lebhafte Kieler Straße, in der es von
Passanten wimmelte. Havenstein ließ sich von der Menge mitziehen. Er schien für
einen Augenblick wie verwandelt und hatte das Thema, mit dem er sich beschäftigte,
vergessen.
    Der Marktplatz wurde durch ehrwürdige Bürgerhäuser
eingerahmt, die man ansehenswert restauriert und hergerichtet hatte. Zur
Fußgängerzone hin begrenzte eine Baumreihe das Areal, unter deren dichtem
Kronendach Markthändler ihre Waren feilboten. Auf der gegenüberliegenden Seite
hatte ein Eiscafé Tische und Stühle auf den Gehweg geräumt. Das Angebot, unter
der Markise sitzend dem Geschehen zuzusehen, wurde gut angenommen.
    Havenstein verharrte kurz und betrachtete die Auslage
eines Blumenhändlers. Im Engpass zwischen Marktstand und Außengastronomie kam
es zu einem Gedrängel, und eine Frau mit Einkaufskorb stieß ihn an. Fast
gleichzeitig entschuldigten sich beide mit einem Lächeln. Versonnen sah er der
Passantin nach.
    Unwillkürlich blieb sein Blick bei einem Mann mit
südländischem Aussehen haften. Der Fremde hatte die Hände in den Taschen seiner
Jacke vergraben und fixierte Havenstein aus dunklen unergründlichen Augen. Der
Mann unternahm gar nicht den Versuch, sein Interesse an Havenstein zu leugnen.
Die Distanz zwischen den beiden mochte fünf Meter betragen.
    Die Augen des Unbekannten zogen Havenstein magisch an.
Über die Entfernung trafen sich ihre Blicke. Robert Havenstein spürte, dass
diese Begegnung kein Zufall war. Er besaß ein Gefühl für Situationen, die von
einer unbestimmten Gefahr kündeten. Diesen menschlichen Urinstinkt hatte er
durch Erfahrungen in Afghanistan, im Gazastreifen und in Beirut geschärft. Das
reichte ihm. Diesen Teil seines Lebens hatte er abgeschlossen.
    Doch der Mann, der seinen Blick nicht von ihm ließ,
erinnerte Havenstein daran, dass er sich erneut auf eine gefährliche Mission
eingelassen hatte. Sein Verstand signalisierte ihm, dass er im sicheren
Deutschland war, gerade hier in Schleswig-Holstein, fernab von Turbulenzen oder
gar gefährlichen Momenten. Er wandte sich ab und spürte den stechenden Blick
des anderen in seinem Nacken. Mit schnellem Schritt wollte er sich entfernen,
hörte hinter sich aber eine erboste ältere Männerstimme, die lautstark
protestierte. »Was soll das, eh? Können Sie nicht aufpassen? Rempelt einen an
…«
    Havenstein hatte nun Gewissheit. Der Mann verfolgte
ihn. Geschickt schlängelte sich Havenstein zwischen einer Gruppe von drei
Frauen durch, die sich inmitten des Wegs zu einem Plausch zusammengefunden hatten
und ihm irritiert hinterhersahen. Er glaubte, hinter sich die Schritte des
Verfolgers zu hören. Das war sicher nur eine Reaktion seiner angespannten
Nerven. Havenstein kam kurz ins Straucheln, als der Straßenbelag von den roten
Pflastersteinen zum kleinformatigen Granit wechselte, der in Streifen zur
Auflockerung der Fußgängerzone verlegt war.
    Die unter überdimensionalen Sonnenschirmen stehenden
Kleiderständer eines Textilgeschäfts mit dem Namen eines französischen
Lustschlosses boten Havenstein keine Deckung. Zwischen diesem Geschäft und dem
Telefonladen hatte eine Buchhandlung ihre Angebote in Körben vor den
Schaufenstern
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