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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv
Autoren: John Maddox Roberts
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mein argloser Ehemann nicht sehen können, was sich hinter meinem Kopf abspielt. Ich habe die Spitze des kleinen Dolches zwischen die Finger meiner linken Hand genommen und sie an seinen Nackenansatz geführt.
    Dazu musste ich nicht einmal genau hinsehen; ich hätte die Stelle mit geschlossenen Augen gefunden. Als Nächstes …«
    Ich zuckte erschrocken zusammen, als sie ihre Hand mit einem heftigen Ruck hinter meinem Nacken wegriss. Antonia und Circe zuckten ebenfalls zusammen. Die Männer waren aus härterem Holz geschnitzt, aber sie sahen bestürzt aus.
    Wahrscheinlich dachten sie gerade an all die Frauen, die ihrem Leben problemlos ein Ende hätten bereiten können.
    »Wenn ich gewollt hätte, hätte ich den Dolch bis zum Griff in Decius' Nacken versenken können. Ich hätte dazu nicht einmal besonders viel Kraft gebraucht.« Zufrieden mit ihrer Vorführung trat sie zurück.
    Ich sah Hermes an. »Du bist schuld, dass wir nicht früher darauf gekommen sind«, behauptete ich. »Schließlich hast du die Vorstellung in unsere Köpfe gepflanzt, dass wir nach einem starken Mann mit dem geübten Auge eines Schwertkämpfers suchen müssen.« Er zuckte nur mit den Achseln und rollte mit den Augen.
    »Mir hätte es auch früher auffallen müssen«, sagte Julia. »Ich habe dir ja gleich gesagt, dass mir an diesen Versen etwas merkwürdig vorkam. Wenn sie in Latein geschrieben wären, wäre es mir wahrscheinlich nicht entgangen. Diese Verse stammen aus der Feder einer Frau. Ich habe doch schon beim ersten Lesen gesagt, dass sie mich an Sappho erinnern.«
    »Einen Moment mal«, meldete sich gleichermaßen entzückt und entsetzt Antonia zu Wort, »wollt ihr damit etwa sagen, dass Jocasta ein Verhältnis mit der Priestertochter hatte? Und dass sie das Mädchen umgebracht hat?«
    »Sie war gewiss nicht die Einzige, die sich mit der armen Gorgo das Bett, oder vielleicht sollte ich besser sagen, einen Grashügel geteilt hat«, entgegnete ich. »Aber sie hat das Mädchen getötet.«
    »Nein!«, schrie Gelon aufgelöst. »Das kann sie nicht getan haben!«
    »Genauso wie Gorgo und dein Vater nicht die Einzigen waren, die sich so intim an Jocastas hinreißendem Körper erfreut haben«, fuhr ich unbeirrt fort. »Wie Hermes berichtet hat, warst du noch ziemlich verschlafen, als er dich am Morgen nach dem Mord abgeholt hat, und hast die Nachricht von Gorgos Tod zunächst wie betäubt entgegengenommen. Hat Jocasta dir Drogen gegeben?«
    Gelon sank in sich zusammen wie ein Häufchen Elend und hielt sich die Hände vors Gesicht. »Sie … sie muss mir welche gegeben haben! Es ist nicht oft vorgekommen, aber manchmal ist es einfach passiert, und sie hat immer so getan, als ob sie es nur mir zuliebe gemacht hätte. In jener Nacht waren wir allein im Haus, mein Vater war ja auf dem Festgelage. Und ich dachte, wir hätten beim Essen zu viel Wein getrunken …«
    »Doch du bist in ihrem Bett aufgewacht, als meine Liktoren an jenem Morgen gegen die Tür gepocht haben«, fiel ich ihm ins Wort, »hab ich Recht? Muss ein ganz schöner Schock für dich gewesen sein.«
    Hermes starrte ihn entgeistert an. »Du meinst, du hast es mit der Frau deines Vaters getrieben?« Das war selbst für jemanden, der aus Rom kam, eine schwer verdauliche Mitteilung.
    »So schlimm ist das nun auch wieder nicht«, mischte Antonia sich ein. »Schließlich ist es nicht seine Mutter, sondern nur die Zweitfrau seines Vaters, also eher eine Art Konkubine. Und die Konkubinen hätte er sowieso geerbt.«
    »In Numidien gilt es als furchtbares Verbrechen«, wandte Gelon ein. »Wenn mein Verhalten dort bekannt wird, kann ich nie mehr zurückkehren.«
    »Du hast nun wahrlich keinen Grund zur Klage«, wies Antonia ihn zurecht. »Erst hat der Praetor dir das Kreuz und die Löwen erspart, und nun sieht es so aus, als ob du sogar deiner Enthauptung entgehen würdest. Wie auch immer du die Sache drehst und wendest - du scheinst aus diesem Spiel als Gewinner hervorzugehen.«
    »So spricht eine echte Antonierin«, stellte ich fest.
    »Aber warum musste Charmian sterben?«, fragte Julia. »Und warum Quadrilla?«
    »Charmian!«, rief Hermes, eifrig bestrebt, seinen Fehler wieder wettzumachen. »Jetzt weiß ich, wohin sie geflohen ist:
    zu Jocasta! Jocasta war ihre geheimnisvolle Beschützerin!«
    »Eine tolle Beschützerin«, schnaubte Circe verächtlich.
    »Ich denke, um den Fall restlos aufzuklären, müssen wir Jocasta noch ein paar Fragen stellen«, entschied ich.
    »Ich nehme die
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