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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv
Autoren: John Maddox Roberts
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Landhaus vorbeizogen, kam ein Sklave, um uns im Namen seines Herrn zu einem Abendgelage einzuladen. Fast immer nahm ich die Einladung an. Nach den zwanzig vorangegangenen Jahren meiner politischen Karriere war dies wirklich eine willkommene Abwechslung.
    Nach etlichen Tagen genussvollen Reisens kam schließlich der Vesuv in Sicht. Majestätisch erhebt sich dieser schöne, wenn auch etwas geheimnisvolle Berg unweit der malerischsten Bucht Italias kegelförmig gen Himmel, gekrönt von einer träge aufsteigenden Rauchfahne. Dank seines unvergleichlich fruchtbaren Bodens hat man jedes auch nur irgendwie zugängliche Stückchen des Vesuvs bepflanzt, sodass sich rundum grüne Weinstöcke die steilen Hänge hinaufziehen.
    »Meinst du, er könnte ausbrechen?«, fragte Julia. Sie lugte mit ihrem anmutigen patrizischen Haupt hinter dem kostbaren Vorhang der Sänfte hervor, welcher übrigens ebenfalls zu der extravaganten Ausstattung eines Praetors gehörte.
    »Er ist schon seit Menschengedenken nicht mehr ausgebrochen«, beruhigte ich sie.
    Im südlichen Kampanien liegen jede Menge wunderschöne Städte, wie zum Beispiel Cumae, Stabiae, Pompeji, Herculaneum, Baiae und noch etliche andere, doch fürs Erste musste ich meinen Besuch all dieser Orte noch etwas aufschieben. Stattdessen bogen wir in eine kleine Straße ein, die von der Via Appia abzweigte und durch die einzigartige Landschaft der prachtvollen Bucht von Baiae führte.
    Unter den wohlwollenden Blicken etlicher Hermen, die in einigem Abstand die Straße säumten, bestellten fleißige, jedoch nicht überarbeitete Sklaven die friedlich daliegenden Felder.
    Nach einer Weile erreichten wir eine Gabelung, von der wir in einen kleinen gepflasterten Pfad einbogen, der zu einem prachtvollen Landgut führte.
    »Wir sind da, meine Liebe«, sagte ich.
    »Anhalten!«, wies Julia die Sänftenträger an, acht nahezu gleich aussehende Libyer, die mich ein Vermögen gekostet hatten und mir auch dann die Haare vom Kopf fraßen, wenn sie gerade nicht als Träger eingesetzt waren. Julia und ihre beiden Freundinnen entstiegen der Sänfte. Beim Anblick des Gutes verschlug es ihnen zunächst die Sprache, dann jauchzten sie vor Freude.
    Und dazu hatten sie auch allen Grund. Über das Anwesen verstreut gab es mindestens zwanzig größere und kleinere Gebäude. Das Haupthaus war ein auf einer niedrigen Steinplattform errichtetes imposantes Bauwerk mit weißen Wänden und einem Dach aus roten Ziegeln. Die schlichte Konstruktion passte auf hervorragende Weise zu dem ganz in der Nähe stehenden wesentlich älteren griechischen Tempel; er war im dorischen Stil errichtet und wunderbar erhalten. Das ganze Anwesen zeugte in seiner Gestaltung und Komposition von einem überaus exquisiten Geschmack.
    »Ist das nicht herrlich?«, rief Julia. »Und es soll wirklich uns gehören?«
    »Bis jetzt ist nichts dergleichen in Stein gemeißelt, meine Liebste, aber zumindest dürfen wir bis auf weiteres hier wohnen.«
    »Eines Tages wird es uns gehören«, stellte sie entschieden klar.
    Das Anwesen gehörte dem guten Freund und Patron meines Vaters, Quintus Hortensius Hortalus, der nicht nur ein großer Redner und Jurist war, sondern auch ein ausgebuffter Gauner. In jenen Tagen lag der alte Schurke bereits auf dem Sterbebett. Als er von meiner Wahl zum Praetor erfahren hatte, hatte er mich zu sich bestellt, und ich hatte meinen Augen nicht getraut, was aus dem alten, einst so stattlichen Mann geworden war: Er war zu einem unscheinbaren Häufchen Elend zusammengefallen, und seine einst so unvergleichliche Stimme hatte sich in ein krächzendes Flüstern verwandelt. Ich war mehr als einmal mit ihm aneinander geraten und hatte sogar einmal versucht, ihn wegen krimineller Machenschaften zu belangen, doch er hatte das immer als eines der üblichen politischen Ränkespielchen abgetan und es mir nie persönlich übel genommen. Wie er da in seinem bemitleidenswerten Zustand vor mir lag, war all meine Feindseligkeit im Nu verflogen. Mit ihm würde eine ganze Ära römischer Politik sterben.
    »Gratuliere, mein Junge«, krächzte er. »Jetzt verfügst du also endlich über das Imperium.«
    »Wie die meisten von uns irgendwann, wenn sie nur lange genug leben«, entgegnete ich. »Aber trotzdem vielen Dank.«
    »Immer noch ganz der Alte«, stellte er mit einem röchelnden Lachen fest. »Und dann auch noch Praetor Peregrinus, alle Achtung. Das ist gut. Du wirst viel in der Gegend herumreisen, den Leuten dein Gesicht zeigen. Das
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