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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv
Autoren: John Maddox Roberts
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drehte sich wortlos um und gehorchte, konnte es sich jedoch nicht verkneifen, übertrieben mit dem Hintern zu wackeln. Natürlich galt das Schauspiel dem jungen Gelon, aber auch ich kam durchaus auf meine Kosten.
    »Ich möchte mich ebenfalls verabschieden, Senator«, wandte sich der junge Mann an mich, der den Anlass für das Wortgefecht geboten hatte. »Vielleicht habe ich die Ehre, dich bei dem Festgelage zu treffen, das in Kürze zu deinen Ehren ausgerichtet werden soll.«
    »Das würde mich freuen«, versicherte ich ihm, woraufhin sich Gelon mit einem eleganten Sprung in den Sattel schwang. Nicht zu vergleichen mit der würdelosen Art und Weise, in der ich mühsam den Rücken meines Pferdes erklomm. Gelon schien wie von den Händen eines unsichtbaren Gottes gehoben in den Sattel zu gleiten. Die Frauen hielten vor Bewunderung die Luft an.
    »Er ist ein ziemlich guter Reiter«, stellte Hermes missgünstig fest. »Aber ich wette, dass ich ihn beim Schwertkampf in die Tasche stecke.«
    »Diocles«, wandte sich Julia an den Priester, »ich möchte dich für heute Abend zum Essen einladen. Ich würde mich freuen, wenn wir auch deine Frau kennen lernen dürften.«
    »Meine Frau ist leider schon vor vielen Jahren verstorben«, erwiderte er.
    »Dann komm doch in Begleitung deiner liebenswürdigen Tochter.«
    »Mit Gorgo? In das Haus des Praetors? Dessen ist sie nun wirklich nicht würdig.«
    »Unsinn. Ich würde deine Tochter gerne ein wenig besser kennen lernen.«
    »Wenn du das wirklich wünschst, verehrte Dame …«
    »Wunderbar!« Wenn sie wollte, konnte Julia die Leute um den Finger wickeln wie ein gerissener Politiker.
    Wir verabschiedeten uns von dem Priester und gingen zurück zum Haus. »Sieht so aus, als ob wir uns in Kampanien alles andere als langweilen müssten«, stellte ich fest.
    Julia stieß mich mit ihrem Fächer an. »Musstest du den alten Mann denn unbedingt provozieren? Er ist immerhin ein Priester.«
    »Aber nur ein Apollopriester«, wandte ich ein. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erklären, dass Apollo, auch wenn er in Rom durchaus verehrt wird, in jener Zeit nicht gerade eine hoch angesehene Gottheit war. Unser letzter König, Tarquinius Superbus, hat ihn aus Griechenland übernommen und in Rom eingeführt. Doch selbst seine viereinhalb Jahrhunderte währende Anwesenheit hat ihn nicht zu einem römischen Gott gemacht; die Leute betrachten ihn immer noch als einen griechischen Import. Erst vor ein paar Jahren hat der Erste Bürger ihn in den Rang eines Staatsgottes erhoben und ihm den prächtigen Tempel auf dem Palatin errichtet. Das hat er getan, weil sich auf der Landzunge Aktium ein alter Tempel des Apollo befindet und er es dessen Gunst zuschreibt, dass er dort völlig unerwartet die Seeschlacht gegen die Flotte von Antonius und Cleopatra gewonnen hat. Ich persönlich glaube, dass er den Sieg nur deshalb Apollos Wohlwollen zuschreibt, um Marcus Agrippa, der in Wahrheit die Schlacht gewonnen hat, die ihm gebührende Anerkennung vorzuenthalten.
    Die Außenanlagen und Gärten waren so prächtig, dass ich mir nicht vorstellen konnte, das Innere des Hauses könne diese Schönheit übertreffen, doch ich hatte mich geirrt. Der Verwalter führte uns durch die Räume, von denen einer prunkvoller eingerichtet war als der andere; wir waren sprachlos. Die Decken und Wände eines jeden Zimmers waren mit Fresken verziert, und die meist dargestellten mythologischen Szenen ließen höchstes künstlerisches Niveau erkennen. Wie wir erfuhren, wurden die Malereien jedes Jahr erneuert, weil Hortalus keine verblichenen Farben mochte. Die Böden bestanden aus wundervoll gearbeiteten Mosaiken, die jeweils einen Gott darstellten. Jeder Raum war einem Gott gewidmet und trug dessen Namen. Da es unendlich viele Räume gab, waren sie zum Teil nach Göttern benannt, von deren Existenz ich noch nie gehört hatte.
    Die Bibliothek bestand nicht aus einem, sondern aus etlichen Räumen, von denen jeder mit Büchern vollgestopft war, die in wohlriechenden Ze-dernholzregalen aneinandergereiht waren.
    Ein ganzer Raum war einzig und allein Homer und den zu seinem Werk erschienenen Kommentaren gewidmet, ein anderer ausschließlich den griechischen Dramatikern und wiederum ein anderer den Philosophen.
    In Hortalus' Weinkeller lagerten Amphoren mit Weinen aus allen Gegenden der Welt. Bis in die hintersten Winkel des Kellers standen die großen Gefäße. Der alte Hortalus hatte nicht nur viel Wein benötigt, weil er sehr
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