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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv
Autoren: John Maddox Roberts
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Verwalter. »Die Tochter von Diocles.«
    »Ich möchte sie begrüßen«, verlangte Julia.
    Wir überquerten den gepflegten Rasen. Eines der Sklavenmädchen sah uns und machte ihre Herrin auf uns aufmerksam. Die junge Frau in Weiß ging an den oberen Treppenabsatz und erwartete uns dort mit bescheiden gefalteten Händen. Als wir näher kamen, senkte sie anmutig den Kopf.
    »Ich heiße den Praetor und seine Gattin im Tempel des kampanischen Apollo willkommen«, sagte sie in makellosem attischem Griechisch. Julia antwortete ihr in der gleichen Sprache, die ihr so perfekt und natürlich über die Lippen kam wie ihre Muttersprache Latein. Alle Römer aus angesehenen Häusern lernten Griechisch, wobei die Angehörigen der Familie Caesars sich diesem Studium geradezu mit Besessenheit hingaben.
    »Dann wusstest du also, dass wir kommen würden?«, fragte ich, nachdem der Verwalter uns mit den üblichen Formalitäten vorgestellt hatte.
    »Ganz Kampanien hat auf die Ankunft des ehrwürdigen Senators Metellus und seiner Gattin Julia gewartet.«
    Was nichts anderes hieß, als dass sie alle die Nichte von Julius Caesar kennen lernen wollten. Ein Praetor mehr oder weniger würde kaum für Aufsehen sorgen.
    »Da kommt offenbar schon die erste Gesandtschaft«, stellte ich fest.
    Das Getrappel unbeschlagener Pferdehufe kündigte eine kleine Gruppe von Reitern an, die sich auf der gepflasterten, zum Tempel führenden Straße näherte. Hermes stieß einen leisen Pfiff aus, der den Pferden galt. Sie waren erstklassig und prächtiger als mein eigenes. Die Reiter waren ein exotischer Haufen. Vier von ihnen waren bärtige Männer von gelbbrauner Hautfarbe, die ihr Haar zu unzähligen Zöpfen zusammengebunden hatten. Sie ritten ohne Sattel und führten ihre Pferde lediglich mit Strickhalftern, die den Tieren ums Maul geschlungen waren. Jeder von ihnen trug eine kurze weiße Tunika und hatte einen Köcher mit einem Bündel Speere auf dem Rücken.
    Ihr Anführer war ein außergewöhnlich gut aussehender junger Mann. Er saß in einem römischen Sattel und war griechisch gekleidet, doch seine wüstenfarbene Haut unterschied sich nicht von der seiner Gefolgsleute. Sein Pferd war mit einer kunstvoll gearbeiteten Schabracke geschmückt, die mit Hunderten von rot und golden schillernden Troddeln verziert war.
    »Numider«, stellte ich fest. »Sowohl die Männer als auch die Pferde. Was bringt sie zu uns?«
    »Das ist Gelon, der Sohn des Sklavenhändlers«, setzte uns der Verwalter in Kenntnis. »Ich sehe zu, dass wir ihn schnell wieder loswerden.«
    Ich nahm Julia in Augenschein. Sie musterte die Priestertochter Gorgo, die ihrerseits den Blick auf den gut aussehenden jungen Reiter geheftet hatte. Ihre Augen strahlten, ihre Wangen waren gerötet, der Mund ein wenig geöffnet, als ob sie etwas sagen wollte. Oh, oh, dachte ich mir.
    »Nicht nötig, Annius Hortensius«, wandte ich mich an den Verwalter. »Vielleicht hat der junge Mann etwas mit mir zu besprechen. Immerhin bin ich als Praetor Peregrinus für die hier lebenden Ausländer zuständig.«
    »Typen wie der gehören in der Tat vor Gericht«, schnaubte der Verwalter verächtlich.
    Es ist mir schon immer etwas rätselhaft erschienen, dass wir uns zwar alle von Sklaven verwöhnen lassen und uns ein Leben - vor allem ein zivilisiertes - ohne sie kaum vorstellen können, die Sklavenhändler jedoch zutiefst verachten - ganz so, als ob unsere eigenen Sklaven durch Magie in unseren Häusern gelandet wären. Allerdings musste man dem Verwalter zugute halten, dass er selber einmal Sklave gewesen war und deshalb allen Grund hatte, Sklavenhändler nicht besonders zu mögen.
    »Ich möchte ihn gern kennen lernen«, sagte Circe, eine braunhaarige Schönheit, die von so angesehenen Männern wie Marcus Antonius, Gnaeus Pompeius dem Jüngeren, Catullus dem Poeten, Marcus Brutus, Cassius Longinus, ja sogar dem König Phraates aus Parthien und vielen anderen nicht weniger berühmten Herren umworben worden war und sie alle zurückgewiesen hatte.
    »Der ist doch unter deinem Niveau«, wies Antonia sie zurecht. »Wir Antonii hingegen sind ja für unseren schlechten Geschmack bekannt.«
    »Jetzt reißt euch mal zusammen, meine Damen«, mischte Julia sich ein. Sie selbst konnte den Jungen allerdings auch nicht aus den Augen lassen, der gerade elegant ein Bein über den Sattel schwang, sich mit anmutiger Eleganz von seinem Pferd gleiten ließ und ohne auch nur die leiseste Spur von Unbeholfenheit sicher auf den
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