Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)
Autoren: Matthias Bauer , Bastian Zach
Vom Netzwerk:
Kolonne durch die eng beieinander stehenden Häuser der Rossau, aus denen sich keine Menschenseele herauswagte, und bog schließlich auf einen schmalen Weg ab, der in einen dichten Wald führte.
    Nach einiger Zeit lichtete sich der Wald, die Dämmerung brach herein. Die Kolonne kam zu einem freien Feld, in dessen Mitte riesige Gruben ausgehoben worden waren, deren Boden nicht auszumachen war. Um die Gruben herum waren Fackeln aufgestellt.
    Der Zug der Verdammten war am Ziel.
    Von Freising begann Beichten abzunehmen, und viele empfingen den letzten Segen. Aber nicht alle kamen – viele verfluchten ihn und seinen Gott, der so etwas zuließ. Der Mönch verstand sie und sprach auch über sie einen stummen Segen.
    Währenddessen postieren sich die Soldaten auf Leutnant Schickardts Befehl hin um die Gruben.
    „Pater?“
    Die Stimme des Mannes war ausdruckslos. Hinter ihm standen seine Frau, ein alter Mann und zwei Kinder, offenbar seine Familie.
    Von Freisings Stimme war heiser, als er zu sprechen begann. „Gesegnet seiest du –“
    „Nein, Pater“, der Mann winkte ab, „nicht nach dem, was hier geschieht. Ich möchte Euch vielmehr etwas fragen.“
    Von Freising musterte ihn genauer. „Ja, mein Sohn?“
    „Werdet Ihr davon erzählen? Was sie mit uns gemacht haben?“
    Von Freising schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, dass sie es sich nicht leisten können, mich am Leben zu lassen. Ich –“ Er brach ab.
    Der Mann sah ihn verwundert an, schwarze Adern pulsierten seinen Hals entlang. „Und trotzdem seid Ihr mitgegangen?“
    „Ihr habt mich gebraucht. Dafür bin ich da, dafür bin ich ein Mann Gottes“, entgegnete der Mönch schlicht.
    „Gott scheint heute aber nicht hier zu sein.“
    „Verwechsle nicht, was Er uns lehrt und was wir daraus machen.“
    „Da mögt Ihr recht haben, Pater …“ Der Mann blickte auf die Gruben und die Soldaten, dann auf seine Familie. „Pater – würdet ihr einem Sterbenden einen letzten Wunsch erfüllen?“
    „Sprich.“
    Der Mann beugte sich zu ihm. „Bleibt am Leben“, flüsterte er, „auf dass wir nicht vergessen werden.“
    Von Freising sah ihn an. Die Worte des Mannes hatten etwas in ihm ausgelöst, und mit einem Male schien das Gefühl der Ohnmacht und des Schreckens, das ihn beherrscht hatte, seit diese Hölle begonnen hatte, von ihm abzufallen. „Wie heißt du?“
    „Lukas Holzner, Pater.“
    Der Mönch stand auf. Seine Kutte flatterte im Wind, sein Blick war fest. „Lukas Holzner, du und die deinen sollen nicht vergessen werden. Dafür werde ich sorgen, so wahr ich ein Jesuit und wahrer Mann Gottes bin.“
    Der Mann lächelte. „So und nicht anders habe ich Euch eingeschätzt.“ Hände ergriffen ihn und seine Familie, sie wurden nach vorne gestoßen, auf den Abgrund zu, und mit ihnen ein Dutzend anderer.
    „Soldaten!“ Die Stimme Leutnant Schickardts.
    Von Freising schloss die Augen.
    „Legt an!“
    So begann es …
    XCIII
    Viele hunderte Meilen entfernt weinte ein Kind im Schlaf. Seine Mutter kniete sich zu ihm, das kleine Mädchen klammerte sich an sie und schluchzte unaufhörlich.
    Die Mutter streichelte sanft über den Rücken ihres Kindes, das sie verzweifelt ansah. „Ich hab geträumt, dass alle tot sind.“
    „Wer ist tot?“
    „Sie haben ausgesehen wie wir. Aber wir waren es nicht.“
    Die Mutter küsste das Mädchen auf die Stirn. „Beruhig dich, es war nur ein Traum. Schlaf weiter.“
    Das Mädchen schluchzte noch ein wenig, dann schloss es die Augen. Schon bald waren seine Atemzüge wieder gleichmäßig.
    Die Frau legte ihre Tochter auf die Unterlage aus Stroh und deckte sie zu. Sie sah sich um – niemand war aufgewacht, es war ruhig in den unterirdischen Gewölben. Weit entfernt war der Wind zu hören. Die Frau verfolgte in Gedanken seinen Weg, über die Ruine hinweg, durch die schwarzen Wälder in das verlassene Tal hinab …
    Plötzlich regte sich jemand an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Die Frau ging hin und beugte sich zu der Gestalt, die am Boden lag und im Schlaf stöhnte. Sie legte die Hand beruhigend auf ihre schweißnasse Stirn.
    Schwarze Adern pulsierten über das Gesicht, die Frau konnte das Pochen fühlen. Sie streichelte der Gestalt sanft über Stirn und Schläfen.
    „Ganz ruhig, ganz ruhig. Alles wird gut, Sophie …“
    XCIV
    Irgendwann war es zu Ende.
    Die Gruben hatten die letzten der Verdammten aufgenommen. Sogleich begannen die Soldaten sie zuzuschütten.
    Von Freising starrte auf die toten Leiber, hörte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher