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Moorehawke 01 - Schattenpfade

Moorehawke 01 - Schattenpfade

Titel: Moorehawke 01 - Schattenpfade
Autoren: Kiernan Celine
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überrascht, und die gesamte Küche verstummte vor Schreck. Das Gesinde duckte sich und zog den Kopf ein, als hätte jemand eine Kanonenkugel abgefeuert. »Wynter!«, rief er wieder und breitete fast fragend die Hände aus.
    Wynter freute sich so sehr darüber, Razi ihren Namen sagen zu hören, dass sie laut auflachte und ihr die Tränen in die Augen stiegen.
    Immerhin war sie besonnen genug, ihr Werkzeug abzulegen, bevor Razi durch die Menge gestapft kam und sie von der Treppenstufe riss. Im hohen Bogen wirbelte er sie herum, dass ihr die Luft wegblieb und die Mägde und Küchenjungen lachten und hastig alles festhielten, was in Reichweite seines wehenden Gewands war.
    Lieber Gott, er ist stark! , dachte sie erstaunt, als er sie hoch in die Luft hob. Dieser neue Razi hatte eine trügerische Anmut, seine gewaltige Kraft war gut verborgen, und die Muskeln lagen so dicht am Knochen, dass er schlank aussah. Du hast mit Pferden gearbeitet, stellte sie fest, denn sie erkannte die drahtige Statur, die diese Arbeit einem Körper verlieh.
    Jetzt hielt er sie auf Armeslänge von sich weg. Wie eine Katze hing sie dort, von seinen Händen unter den Achseln gehalten, die Füße über dem Boden baumelnd, lachend. Er musterte ihr Gesicht, dann staunend den Rest, von Kopf bis Fuß. Von nahem konnte sie die goldenen Sprenkel in seinen dunklen Augen erkennen, bemerkte zarte Falten um Augen und Mund. Die unbarmherzige afrikanische Sonne und fünf Jahre Ungewissheit mussten sie in sein junges Gesicht gebrannt haben, und plötzlich spürte Wynter einen Kloß im Hals. Razi. Er war es wirklich. Razi. Hier und jetzt. Lebendig.

    »Hallo, großer Bruder.« Ihre Stimme klang etwas wackelig.
    Mit einem erstickten Lachen zog er sie an sich und drückte sie so fest, dass sie ihm auf den Rücken klopfen musste, um deutlich zu machen, dass sie keine Luft bekam.
    Sie lösten sich voneinander, atemlos und lächelnd, mit glänzenden Augen. Razi ließ eine Hand auf ihrer Schulter liegen, als wollte er sie davon abhalten, davonzufliegen.
    »Ihr seid mir im Weg, ihr kleinen Zigeuner«, dröhnte Marnis raue Stimme hinter ihnen.
    Grinsend wandten sich Razi und Wynter ihrem zerknautschten Gesicht und der krausen Wolke aus orangefarbenem Haar zu. Streng erwiderte Marni den Blick, was sie jedoch nicht lange durchhielt. Stattdessen entblößte sie strahlend ihre Zahnlücken und versetzte beiden einen Klaps mit ihren riesigen Pranken, so dass sie kichernd aneinanderstießen wie Kegel. »Ist dein Vater etwa immer noch wild entschlossen, einen Mann aus dir zu machen?«, knurrte sie mit Blick auf Wynters Kleider. »Ach, was soll’s.« Sie konnte ihren Stolz auf Lorcans ungewöhnliche Erziehungsmethoden nicht ganz verbergen. »Immer noch besser, als dich an irgend so einen verstaubten alten Adligen zu verheiraten.«
    Damit klemmte sie sich einen von ihnen unter jeden Arm und schob Wynter und Razi in eine stillere Ecke. Sie deckte den Tisch dort mit Brot, Käse und kaltem Hühnchen, einer Schüssel Salz, Senfpaste, zwei Messern und einer Gabel. Schließlich stellte sie zwei Becher kalte Milch vor ihnen ab und verdrehte auf Razis fragenden Blick hin die Augen. »Die ist abgekocht!«, rief sie ungeduldig. »Gott bewahre, dass irgendwelche bösen Säfte darin sein könnten!« Dann stampfte sie davon, wischte sich im Gehen die Hände an der Schürze ab und schalt einen Hilfskoch, der Gemüse zu fein hackte. Razi lächelte in sich hinein und nahm ein Stück Hühnchen
vom Teller, während Wynter Brot, Geflügel und Käse auf den ihren türmte.
    Versonnen spielte Razi mit seinem Fleisch, riss es in ordentliche Streifen, schob es mit den Fingern hin und her. Als er bemerkte, welche Mengen Wynter in sich hineinschaufelte, verzogen sich seine Lippen zu einem Grinsen, die großen Augen blitzten vor unterdrücktem Gelächter. Wynters voller Mund gestattete kein Gespräch, doch immer wieder begegnete sie Razis Blick, wenn sie die Gabel an den Mund führte. Es war genau wie früher, als sie beide in Lachkrämpfe ausgebrochen waren, nur weil sie einander angesehen hatten.
    »Hör bloß auf!«, warnte sie ihn, wobei sie Krümel verspritzte. »Sonst ersticke ich.«
    Er grinste noch breiter und setzte eine unschuldige Miene auf, was alles nur schlimmer machte. Razis fröhliches Gesicht, ihr eigener satter Bauch, die betriebsame Küche – es war alles so wunderbar, so richtig , dass Wynter befürchtete, in Tränen ausbrechen zu müssen.
    Sie holte tief Luft, entdeckte ähnliche
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