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Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6

Titel: Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Autoren: Robin Cook
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»komm!«. Bonobo Nummer eins zeigte keine Reaktion. Kevin wiederholte das Wort und sah Melanie an. »Ich habe keine Ahnung, was ich sonst sagen soll.«
    »Ich auch nicht«, entgegnete Melanie. »Laß uns doch einfach die Käfigtür öffnen. Vielleicht reagiert er dann. Wie soll er auch schon ›kommen‹, wenn er hinter Gittern sitzt?«
    »Gar nicht dumm«, bemerkte Kevin und schob sich an Melanie vorbei zur rechten Seite des Käfigs. Voll ängstlicher Erwartung löste er das Schnappschloß und öffnete die Tür. Sie traten einen Schritt zurück. Kevin richtete den Strahl seiner Lampe nun nicht mehr auf das Gesicht seines Doubles, sondern auf den Boden. Nach kurzem Zögern kam der Bonobo aus seinem Käfig getrottet und richtete sich zu voller Größe auf. Er sah zuerst nach links, dann nach rechts und richtete sein Augenmerk schließlich wieder auf Kevin und Melanie. »Atah«, sagte Kevin noch einmal und ging dabei einen Schritt zurück. Melanie folgte ihm.
    Bonobo Nummer eins machte einen Schritt nach vorn und streckte sich wie ein Athlet beim Aufwärmtraining. Um besser gehen zu können, drehte Kevin sich um und forderte sein Double mit einem wiederholten »Atah« dazu auf, ihm zu folgen. Ohne seine Miene zu verändern, ging der Bonobo hinter den beiden her.
    Kevin führte ihn bis zur Brücke. Dort angelangt, kletterte er hinauf und rief ein weiteres Mal »Atah!«. Zögernd kletterte der Bonobo den Betonpfeiler hinauf. Kevin ging rückwärts bis zur Mitte der Brücke. Vorsichtig wagte Bonobo Nummer eins sich ebenfalls auf die Brücke vor, wobei er immer wieder nervös nach rechts und links sah. Als nächstes probierte Kevin etwas aus, das sie ebenfalls noch nicht an Arthur getestet hatten. Er setzte mehrere Worte aus der Bonobo-Sprache zusammen. Dabei verwendete er das Wort »Sta«, das einer der Bonobos benutzt hatte, als er Candace den toten Affen schenken wollte; außerdem das Wort »Zit«, mit dem Bonobo Nummer eins die Gruppe dazu gebracht hatte, zur Höhle zu gehen; und schließlich »Arak«, was mit ziemlicher Sicherheit soviel wie »weg« bedeutete.
    »Sta zit arak!« rief Kevin. Zur Betonung seiner Worte spreizte er die Finger und bewegte seine Hände immer wieder vom Körper weg, ahmte also die Geste nach, die Candace im OP beobachtet hatte. Er hoffte inständig, daß seine aneinandergereihten Worte in etwa soviel bedeuteten wie: »Du geh weg!« Er wiederholte den Satz und zeigte gleichzeitig mit dem Finger nach Nordosten, die Richtung, in der sich der endlose Regenwald erstreckte.
    Auf den Fußballen stehend, streckte sich Bonobo Nummer eins und musterte über Kevins Schulter hinweg vorsichtig die dunkle Silhouette des Festlanddschungels. Dann drehte er sich um und sah in die Richtung, in der die Käfige standen. Seine Arme weit von sich streckend, brachte er eine Folge von Lauten hervor, die Kevin und Melanie noch nie gehört hatten und die sie auch nicht mit einer bestimmten Aktivität der Bonobos in Verbindung bringen konnten.
    »Was er uns wohl sagen will?« fragte Kevin, als der Bonobo gerade in die andere Richtung sah.
    »Ich kann mich auch irren«, erwiderte Melanie leise, »aber ich glaube, er will uns auf seine Artgenossen in den Käfigen hinweisen.«
    »Oh, mein Gott!« stammelte Kevin. »Dann hat er mich ja womöglich verstanden! Komm, wir lassen noch mehr Tiere frei!« Kevin machte einen Schritt nach vorn. Der Bonobo nahm die Bewegung sofort wahr und drehte sich um. Kevin zögerte. Die Brücke war etwa drei Meter breit, und er hatte Angst, dem Affen zu nahe zu kommen. Er erinnerte sich nur zu gut daran, mit welcher Leichtigkeit der Bonobo ihn schon einmal an den Beinen gepackt und durch die Luft geschleudert hatte. Kevin musterte das Gesicht des Affen, doch er konnte nicht erkennen, ob sein Double ihm gerade gut oder schlecht gesonnen war. Statt dessen überkam ihn ein weiteres Mal das schaurige Gefühl, daß er einen hautnahen Einblick in die Evolutionsgeschichte hatte. »Was ist los?« fragte Melanie.
    »Er ist so schreckhaft«, erwiderte Kevin. »Ich weiß nicht, ob ich an ihm vorbeigehen soll oder lieber nicht.«
    »Bitte fang jetzt nicht wieder mit diesem Spielchen an, bei dem verliert, wer sich zuerst bewegt«, ermahnte ihn Melanie. »Denk daran, wir sind in Eile.«
    »Okay«, seufzte Kevin. Er holte tief Luft und ging auf der äußersten Kante der Brücke ganz langsam um den Bonobo herum. Der Affe beobachtete ihn aufmerksam, rührte sich aber nicht vom Fleck.
    »Mein Gott, kostet mich
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