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Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Titel: Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Autoren: Robin Cook
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Grundsatz der US-amerikanischen Rechtsprechung: Dass ein Mensch nämlich so lange als unschuldig zu gelten hat, bis seine Schuld erwiesen ist. An diesem Punkt hatte er sich dann noch über etwas anderes Gedanken gemacht: Allen drei Festgenommenen war die Freilassung gegen Zahlung einer Kaution angeboten worden, doch nur zwei hatten von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Angela Dawson saß weiterhin im Gefängnis, und zwar, so war zu hören, weil sie bei dem Versuch, ihr schlingerndes Unternehmen irgendwie über Wasser zu halten, ihr gesamtes Vermögen geopfert hatte.
    Von da an war es mit Chets Wohlbefinden nur noch steil bergab gegangen. Vor allem zwei Bilder gingen ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf. Auf dem einen sah er Angela an die nackte, steinerne Wand einer feuchten, kerkerähnlichen Zelle gekettet, umschwärmt von Ratten und Kakerlaken. Auf dem zweiten ihre zehnjährige Tochter, die gar nicht mehr aufhörte zu weinen. Am Ostermontag hatte er eine Entscheidung gefällt, die, wie er selbst vermutete, völlig unvernünftig war und sehr viel mehr mit seinen Wunschvorstellungen als mit ritterlicher Fürsorge zu tun hatte. Am heutigen Dienstagmorgen hatte er seine Entscheidung in die Tat umgesetzt und Kontakt zu einem Kautionsvermittler aufgenommen.
    Das war der Augenblick gewesen, in dem Chets rasanter Lernprozess in Bezug auf das Strafrecht gezwungenermaßen Fahrt aufgenommen hatte. Bislang hatte er den Vorgang der Freilassung auf Kaution immer recht vereinfacht wahrgenommen. Irgendjemand bringt das Geld mit, übergibt es, und das war’s dann. Doch besonders bei Fällen, die, wie dieser, von einem starken öffentlichen Interesse begleitet wurden und in denen es um hohe Kautionssummen ging, gehörte noch ein wenig mehr dazu. So dauerte es tatsächlich den ganzen Vormittag, bis Chet und der Kautionsvermittler bei Gericht eine Bürgschaftsanhörung organisiert hatten, auf der sichergestellt werden sollte, dass Chets fünfundzwanzigtausend in bar sowie seine Deckungsbürgschaft für die restlichen zweihunderttausend tatsächlich legal erworben worden waren und nicht aus Drogengeschäften oder etwas Ähnlichem stammten. Chet war gezwungen, bis nach der Mittagspause des Gerichts zu warten, erst gegen halb zwei wurde ihm mitgeteilt, dass die Kaution akzeptiert worden sei. Aus diesem Grund war es jetzt, als er sich endlich auf dem Weg nach Rikers Island befand, fast schon drei Uhr geworden.
    Chet ließ den Blick durch den Bus wandern. Die anderen Fahrgäste waren überwiegend weiblich und schienen größtenteils den Regionen unterhalb der Armutsgrenze anzugehören. Die Reichen waren zwar, das stand ohne Zweifel fest, genauso fähig, Verbrechen zu begehen wie alle anderen auch, doch wenn es um die Bestrafung ging, da fiel der Löwenanteil wieder einmal den Armen zu.
    Nach einer wirklich endlos scheinenden Fahrt gelangte der Bus schließlich auf Rikers Island und hielt vor dem Empfangsgebäude an. Chets erster Eindruck nach dem Aussteigen war, dass der ganze Komplex schmutzig und heruntergekommen war. Das hier war kein Ort der Freude.
    Da er nicht so recht wusste, wie er sich verhalten sollte, trat Chet hinter den anderen in das schäbige, heruntergekommene Gebäude. Es herrschte eine irgendwie bedrohliche Atmosphäre. Während die anderen, die mit Chet angekommen waren, in unterschiedliche Richtungen davongingen, blieb Chet stehen. Er wusste nicht, wohin. Das Gebäude war viel größer, als er gedacht hatte. Er schaute sich um, entdeckte jemanden, der irgendwie offiziell aussah, und wollte sich gerade erkundigen, was er jetzt machen sollte, als sein Blick auf Angela fiel. Sie saß inmitten einer Gruppe von Menschen, die ganz offensichtlich alle sehr viel mehr miteinander gemeinsam hatten als mit ihr.
    Angela hatte stumpf geradeaus gestarrt, bis sie Chet gesehen hatte. Ihre erste Reaktion war Verwirrung, als ob sie ihn zwar erkannte, aber nicht mehr recht wusste, wer er eigentlich war. Chet trat auf sie zu und schaute ihr direkt in die Augen, in denen eine plötzliche Erkenntnis aufblitzte. Verblüfft stand sie auf.
    »Chet«, sagte sie fragend und feststellend zugleich.
    »Na, so ein Zufall, Sie hier zu sehen«, sagte Chet spontan. Er hatte sich vorher nicht überlegt, was er sagen sollte.
    Angela lachte angestrengt. »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie das sind. Man hat mir nur mitgeteilt, dass meine Kaution bezahlt worden sei und dass ich abgeholt werde. Ich dachte, vielleicht einer der beiden Vorstände, aber
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