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Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land
Autoren: Sheri S. Tepper
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Dieselbe Substanz überzog als hauchdünne Schicht alle Oberflächen. Dieser Soldat war in einen Kokon eingesponnen.
    Alle Soldaten von Enforcement besaßen nun einen Kern aus organischem Pseudo-Fleisch. Pilze gediehen nämlich nur auf einem organischen Nährboden. Sam fragte sich, ob dieses Pseudo-Fleisch nicht auch ein guter Nährboden für das Pilzhaus wäre…
    Direkt vor ihm stand Phaed inmitten eines Kreises von Propheten.
    »Mein Sohn sagt, die Soldaten seien bereits nach Ahabar und Phansure gegangen. Sie haben alle getötet. Und eure Familien haben sie auch getötet. Es ist niemand mehr am Leben…«
    Sam schob sich durch die Gruppe und faßte seinen Vater am Arm. »Du solltest zum Awateh gehen. Er muß irgendwo dort oben sein. Gehen wir zu ihm, Vater.«
    Arm in Arm gingen sie los, wobei Phaed ab und zu stolperte. Der Staub rieselte unablässig von einem grünen Himmel.
    »Sing mir ein Lied, Phaed«, sagte Sam. »Sing mir das Lied vom Gharm-Kontrakt.«
    Hinter ihm sanken die Propheten zu Boden und versuchten erfolglos, sich den Staub aus dem Gesicht zu wischen. Der Staub war allgegenwärtig. Sam hingegen schüttelte sich wie eine nasse Katze, und der Staub fiel von ihm ab. Phaed versuchte auch, den Staub abzuwischen, doch er blieb haften, drang in jede Pore ein und überzog ihn mit einem samtenen Überzug.
    »Sing mir das Lied vom Gharm-Kontrakt, Vater.«
    »Ich erinnere mich nicht mehr«, sagte Phaed verwundert.
    »Aber du hast es doch Maire vorgesungen, als du ihr den Hof gemacht hast. Sie hat es mir selbst gesagt. Vielleicht haben du und Mugal Pye es auch gesungen, während ihr die tödliche Falle für Stenta Thilion vorbereitet habt. Du wirst dich sicher an das Lied erinnern.«
    »Habe keine Luft zum Singen«, nörgelte er. »Erinnere mich nicht.«
    »Dann erzähl es mir, Vater. Erzähl mir die Geschichte.«
    »Solche Geschichten sind nichts für Kinder.«
    »Aber ich bin jetzt erwachsen, Vater. Ich bin ein Mann.«
    »Aber kein freier Mann. Ein Mann, der tut, was andere Leute ihm sagen, ist kein freier Mann.«
    »Aber du tust doch auch, was der Awateh dir sagt.«
    »Das ist etwas anderes. Er spricht für Gott.«
    »Erzähl mir von eurem Gott, Vater. Was ist das für ein Gott?«
    »Fordert… Gehorsam… Von seinen Söhnen… Allen seinen Söhnen…«
    »Ist euer Gott denn nur für Männer da? Ist er auch für Pflanzen und Tiere da? Ist er für Frauen da? Was ist mit Planeten? Zum Beispiel mit dem Planeten der Gharm, den Voorstod vernichtet hat?«
    »Fordert…«, erwiderte Phaed. Dann verschlug es ihm die Sprache.
    Sie marschierten weiter nach Osten. Die Soldaten von Enforcement standen wie die Teilnehmer eines Krieges, der mitten im Aufmarsch beendet worden war, in der Gegend herum. Sam hatte sich schon immer Monumente auf Hobbs Land gewünscht, und hier waren sie nun. Wie Grabsteine. Menhire. Dolmen. Und inmitten dieser leblosen Armee wanderten die Propheten noch immer nach Osten.
    »Sag ihnen, sie sollen stehenbleiben, Phaed.«
    Sam sagte es ihnen selbst, aber sie gingen immer weiter. Sie fielen in ganzen Trauben zu Boden und wirkten plötzlich gar nicht mehr wie Menschen, sondern wie Rankengewächse, deren Windungen natürliche Vorbilder nachzeichneten. Felsen. Büsche. Bäume.
    Und schließlich traf es die letzten. Drei Gestalten bewegten sich wie Schlafwandler, fast schwebend.
    »Dort ist der Awateh, Vater. Er wird von zweien seiner Söhne begleitet. Ich glaube, wir sollten ihm sagen, daß die Leute alle tot sind, oder?«
    Sie schlossen zum Awateh auf, der sich wie ein Schiff in stürmischer See vorwärtskämpfte und den rieselnden Staub einatmete. Seine Schritte wurden immer kürzer. »Mein Sohn sagt«, eröffnete Phaed ihm, »daß die Soldaten schon auf Ahabar, Phansure und Thyker seien. Alle sind tot, unsere Familien und die Herden; nur wir sind noch übrig.«
    Wortlos sackten die Söhne des Propheten zusammen. Der Awateh beugte sich nach vorn. Das Weiße eines Auges und die Zähne stachen aus dem sich verdickenden Kokon, als er fragte: »Tot? Alle tot?«
    »Alle tot«, sagte Phaed. »Alle außer uns.«
    »Nein!« schrie der Awateh. »Nein. Dieser hier…« Er schaute Sam an und hob die Hand, als ob er ihn schlagen wollte. Der Arm verharrte in dieser Position wie ein Ast; die Hand zitterte noch, aber der Prophet konnte sie nicht mehr bewegen. Das Auge und die Zähne verschwanden unter dem Kokon. Die Gestalt stieß ein letztes Grunzen aus und schwieg dann für immer.
    Als Sam sich zu seinem Vater
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