Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
falsche Sache eingesetzt, aber konnte das nicht auch jedem von ihnen passieren? Nach kurzer Überlegung pflichteten sie ihm bei.
    Nachdem der neue Transmitter auf Hobbs Land eingetroffen und installiert worden war, waren alle Siedler sich einig, daß die Sträflinge wieder nach Hause geschickt werden sollten. Inzwischen war Shan im übertragenen Sinn verschluckt worden. Außerdem war er Mitglied im Chor der Zentralverwaltung. Bei seiner Rückkehr nach Thyker hatte er Gottessubstanz bei sich – zumindest so viel, um auf Thyker einen Gott entstehen zu lassen.
    Shanrandinore Damzel, Mordimorandasheen Trust und Howdabeen Churry kehrten nach Hause zurück. Sie gruben die mumifizierten Leichen der bei der Invasion von Hobbs Land gefallenen Soldaten wieder aus und bestatteten sie in Regionen mit feuchterem Klima, zum Beispiel in den Tempelgärten von Chowdari. Obwohl Chowdari mitten in der Wüste lag, verfügte die Stadt über Tiefenbrunnen, welche die Blumen und Wiesen mit Wasser versorgten. Der Erdboden dort war so feucht, daß das Geflecht bald den Tempel selbst und einen großen Teil der Exerzierplätze unterwandert hatte. Kurze Zeit, nachdem das Netz seine maximale Ausdehnung erreicht hatte, kamen dem Zirkel der Skrutatoren quasi am laufenden Band Eingebungen. Sie verkündeten, daß die Baidee das Haar kurz tragen und auf Turban, kamrac und zettle verzichten dürften. Außerdem wurde ihnen der Verzehr von Eiern und der Kontakt mit Menschen anderen Glaubens gestattet. Einige Baidee interpretierten die Worte der Prophetin nun im Licht der neuen Erkenntnis. Nachdem der Ballast der Interpretationen abgefallen war, der in tausend Jahren von den alten Männern des Zirkels der Skrutatoren angehäuft worden war, ergaben die Worte der Prophetin nunmehr einen Sinn.
    »Was«, sagte Bombi Damzel zu seinem Bruder, »durchaus verständlich ist, wenn man nicht mehr darüber nachdenkt.«
    Shan äußerte sich überhaupt nicht dazu. Er, wie auch einige andere Mitglieder des Arms der Prophetin, hatten beschlossen, Missionar zu werden. Er würde den Gott zuerst auf die Celphischen Ringe tragen und dann… und dann über das System hinaus. Das war zwar mit Risiken verbunden, aber Shan glaubte, daß diese Risiken durch den Erfolg letztlich aufgewogen würden. Es wäre eine Tradition, eine Geste, eine Gefälligkeit.
    * * *
    An einem freien Tag veranstaltete Sam mit geladenen Gästen von den Siedlungen und der Zentralverwaltung ein Fest mit einem Freudenfeuer. Der Anlaß war die Befreiung des Planeten von der Enforcement- Armee. Die Gäste brachten reichlich Bier mit, und als es schließlich Zeit zum Abendessen war, waren die Leute schon so betrunken, daß jeder das feierte, was ihm im Augenblick am meisten am Herzen lag. Es ertönte Kinderlachen, die Leute spielten auf Musikinstrumenten, und der Chor der Siedlung Eins teilte sich in Gruppen auf und sang einen Kanon, während das große Feuer, für das Sam schon seit Wochen Brennstoff gesammelt hatte, herunterbrannte.
    Sam verfolgte mit dieser Feier indes noch einen weiterführenden Zweck, den er bisher mit niemandem erörtert hatte. Er saß mit China Wilm ein Stück vom Feuer entfernt, mit dem Rücken an einem von einer Decke verhüllten Stapel und spielte mit dem Mädchen. Es war nun schon ein halbes Jahr alt, hatte aber noch keinen Namen.
    »Weshalb diese Feier, Sam?« fragte China und sah zu, wie er mit dem Kind Hoppe-Hoppe-Reiter spielte, wofür sie aber noch viel zu klein war.
    »Der Zeitpunkt ist passend«, sagte Sam träge.
    Das Kind zwitscherte wie ein Vogel.
    »Genauso hat Samstag sich auch angehört, als sie ein Baby war«, sagte China. »Sie wird auch eine Sängerin werden. Samasnier Girat, wärst du damit einverstanden, wenn ich sie nach deiner Mutter nenne? Würde es dir gefallen, wenn ich das Kind Maire nenne?«
    Sam unterbrach das Spiel und schaute das Kind an. Sie erwiderte den Blick mit wachen Augen.
    »Sie weiß, daß sie meine Tochter ist«, sagte er überrascht. »Und sie weiß von Maire.«
    China wollte ihm schon widersprechen, doch dann überlegte sie es sich anders. Na gut, dann wußte das Mädchen eben, daß es Sams Tochter war. Die Kinder wußten dieser Tage überhaupt ziemlich viel. Genauso wie die Katzen und die seltsamen Bäume, die draußen in der Ebene wuchsen; sie seufzten, wenn der Wind durch die Blätter rauschte und murmelten mit prophetischer Stimme unverständliches Zeug.
    Einige Leute schütteten Kohle in die Grillgrube und fachten das Feuer wieder an.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher