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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras
Autoren: Sheri S. Tepper
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beim Grasen in der Nähe des Kurzgrasfeldes, wo Syl und ich immer gespielt hatten.« Vielleicht hatte es damit eine besondere Bewandtnis. Sie musterte das Gesicht ihrer Mutter, aber Rowena nickte nur. Bei ihrem ersten Ausritt hatte Rowena ebenfalls ein Tier bekommen, das sie in ihrer Kindheit schon gesehen hatte.
    »Wo seid ihr denn hingeritten?«
    »Ich glaube, zu, einem Wäldchen in Darenfelds… im Tal.«
    Rowena nickte erneut und erinnerte sich an dunkle Baumriesen, die den Himmel ausblendeten, an den mit blühendem Moos überzogenen Boden, an das Plätschern von Wasser unter dem Moos und unter den Wurzeln. Sie erinnerte sich an Dimitys Freundin und Shevloks Geliebte, Janetta…
    »Habt ihr einen Fuchs aufgestöbert?«
    »Ja.« Sie schloß die Augen und wollte nichts mehr sagen. Sie wollte nicht darüber sprechen. Sie wollte es vergessen. Beim nächstenmal würde sie sich nicht dagegen sträuben. Zwischen schmalen Lidern sah sie Rowenas fragendes Gesicht; sie wollte noch mehr hören. Seufzend sagte Dimity: »Die Hunde sind reingegangen. Dann haben sie alle gebellt, und wir sind losgestürmt. Ich glaube, die Hunde haben ihn drei- oder viermal verloren, aber sie haben ihn immer wiedergefunden. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Er ist immer weitergerannt, das ist alles. Und dann haben die Hunde ihn irgendwo im Norden auf die Bäume gescheucht.«
    »Hast du ihn getötet?«
    »Stavenger war es. Daddy. Ich meine, der Meister hat es getan. Er hat ihn mit dem ersten Wurf erwischt. Ich habe nicht gesehen, wo die Harpune ihn getroffen hat, aber sie haben den Fuchs vom Baum gezogen, und die Hunde haben ihn erledigt.« Bei dem Gedanken, was dann folgte, stieg ihr das Blut in den Kopf und sie errötete unübersehbar.
    Rowena sah das, interpretierte es richtig und wandte sich ab, um nicht mit dem Ausdruck in Dimitys Gesicht konfrontiert zu werden. Scham. Verlegenheit. Rowena suchte nach Worten, um etwas anderes zu sagen als… etwas anderes als das. Sie hatte es noch keiner Menschenseele anvertraut. Bis jetzt hatte sie nicht gewußt, ob es ihr intimes Geheimnis oder ein geteiltes Geheimnis war.
    »Dann hast du den Fuchs also gar nicht richtig gesehen.«
    »Ich habe nichts außer einem Schatten im Baum gesehen. Dann Augen und Zähne, und dann war es auch schon vorbei.«
    »Aha.« Rowena seufzte; nun ließ sie den Tränen freien Lauf und lachte über sich selbst und ihre Ängste; sie schämte sich wegen Dimitys Scham und spürte gleichzeitig Erleichterung.
    »Mutter! Es geht mir gut. Alles ist gut.«
    Rowena nickte und rieb sich die Augen. Von allen Dingen, die hätten schiefgehen können, war nichts eingetreten. Dimity hatte das Reittier bestiegen, war geritten, hatte sich oben gehalten, war nicht vom Fuchs angegriffen worden und hatte auch nichts getan, um die Hunde nervös zu machen.
    »Mutter.« Sie sagte es leise, von den Tränen gerührt.
    »Ja, Dimity?«
    »Da war dieser Hund, der mich auf dem Rückweg immer beobachtete. Einer mit purpurnen Flecken. Er hat mich immer nur angestarrt. Jedesmal, wenn ich mich umschaute, war er da.«
    »Du hast ihn nicht angestarrt?!«
    »Natürlich nicht. Auf diese Idee wäre ich nie gekommen. Ich habe so getan, als ob ich es nicht gemerkt hätte. Ich habe es für einen Scherz gehalten, das ist alles.«
    Rowena befand sich in einem Zwiespalt. Wie sie es auch machte, es war falsch. Sollte sie sich am besten überhaupt nicht dazu äußern? »In dieser Hinsicht verhalten die Hunde sich komisch. Manchmal beachten sie uns, manchmal ignorieren sie uns. Und manchmal scheinen sie sich sogar über uns zu amüsieren.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Nun, sie brauchen uns, Dimity. Sie können nicht klettern, und deshalb können sie auch den Fuchs nicht erlegen, es sei denn, wir holen ihn für sie herunter.«
    »Sie brauchen nur einen starken Mann dazu, der die Harpune wirft.«
    »Oh, ich glaube, das ist noch nicht alles. Anscheinend genießen die Hunde die Jagd. Das ganze Ritual.«
    »Auf dem Rückweg habe ich mich gefragt, wie alles überhaupt anfing. Ich weiß, daß man auf Terra Treibjagden mit Hunden veranstaltete, lange bevor es Heiligkeit gab und wir gegangen sind. Das hat in meinem Geschichtsbuch gestanden, mit Bildern von Pferden und Hunden und dem lustigen kleinen Pelztier – so ganz anders als unser Fuchs. Ich habe keine Erklärung dafür gefunden, weshalb sie dieses Tier töten wollten. Mit unseren Füchsen kann man nicht anders verfahren, als sie zu töten. Aber weshalb auf diese
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