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Monster (German Edition)

Monster (German Edition)

Titel: Monster (German Edition)
Autoren: Benjamin Maack
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verstehen, was ich meine. Haha.« Ein trockenes Husten. »Dann haben sie sich an den Tisch gesetzt mit den Kindern, der Frau, den Müttern – drei Generationen an einem Tisch, das gibt’s heute gar nicht mehr, nur die Väter waren natürlich nicht mehr da, die waren längst an ihren Staublungen krepiert – und einen Teller Suppe mit Fleischeinlage gegessen, mit den Kindern, die sie kaum kannten. Und natürlich, um den Buben die eine oder andere Tracht Prügel zu versetzen, wenn sie nicht spurten. Ich war einer von diesen Buben. Hat mir nicht geschadet, was? Männer sind nicht für das Leben zu Haus gemacht, weißt du, Junge. Ein Mann muss aus dem Haus sein. Ich habe noch Bergmann gelernt und mein Leben als Bergmann gearbeitet. Angefangen mit 15, aufgehört mit 63, als die letzte Hütte in der Gegend dichtmachen musste. Und unsere nutzlosen Söhne ... unsere Eltern und Großeltern haben diese Häuser hier mit ihren eigenen Händen gebaut. Und die Jungs wissen nichts, als aus den Heimen ihrer Urväter Pensionen und Saufkneipen zu machen. Alles für die Touristen, die hier vier Monate im Jahr über unser schönes Dorf kommen, um in ihren albernen Aufzügen durch unsere Wälder zu stiefeln oder die lächerlichen Skihänge runterzuwedeln, die wir hier haben. Wir brauchten keine bunten Jacken zum Wandern, oder?«, ruft er zu Adam hinüber, der ein Hähnchen im Grill rotieren lässt. »Und danach wird sich besoffen und vor mein Haus gespien. Immer mein Haus, denk ich manchmal, obwohl hier alle Häuser gleich aussehen. Sind ja alle mit dem gleichen elenden Buchenholz verkleidet. Nicht das beste Holz dafür. Wahrlich nicht. Zu weich, weil diese Bäume zu ungeduldig wachsen. Aber wir haben ja nichts anderes mehr. Ja, das Übel hier im Harz hat schon viel früher angefangen. Viel früher. Vor dem Bergbau haben sie die Wälder geschlagen. Schon seit dem Mittelalter. Später wurde die ganze Katastrophe mit Buchen aufgeforstet. Zu flache Wurzeln, zu anfällig für Borkenkäfer, wachsen zu schnell, schlechte Bäume. Ich bin übrigens Josef, wie heißt du, Junge?«
    Adam bringt ein halbes Hähnchen. Josef fingert einen Zigarillo hervor und zündet ihn an.
    »Benjamin.«
    »Ah, ein christlicher Name. Und ein feiner noch dazu. Wusstest du, dass Benjamin in der Bibel der kleine Bruder von Josef ist?«
    »Nein.«
    »Sei so lieb und gib deinem großen Bruder ein Bier aus«, sagt Josef und grinst wie ein Schlaganfallpatient.
     
    »Was für eine Sorte Urlaub ... soll das eigentlich ... werden?«, fragt Stephan beim Abendbrot. »Also, ich meine, willst ... du dich hier nur ... ein paar Tage erholen ... oder ... noch was anderes?«
    Stephan schielt zu Benjamin hoch, Kathrin schiebt Stephan eine Gabel Hähnchen und Erbsenpüree in den Mund.
    »Nein, eigentlich ...«
    Kathrin wischt Püree von Stephans Lippen.
    »Du brauchst uns nichts zu erklären, wenn es dir unangenehm ist«, sagt sie.
    »Aber neugierig sind wir ... schon.« Stephan grinst schief. »Vielleicht hast du ... ja was ausgefressen, die ... blutjunge Tochter vom Chef ge ... schwängert.«
    »Es ist alles ein bisschen kompliziert.« Benjamin schaut auf seinen Teller.
    Nachdem es passiert war, war Benjamin einfach aus dem Gebäude mit den Labors gegangen, dann raus auf die Straße. Er betrat das nächstbeste Bekleidungsgeschäft. Er hatte das Gefühl, dass etwas mit seinem T-Shirt nicht stimmte. Er griff sich wahllos ein paar Hemden aus den Regalen und ging in die Umkleidekabine. Er zog dem Mann im Spiegel das T-Shirt aus und ein Hemd an.
    Dann noch eins.
    Dann noch eins.
    Die Kabine roch nach Schweiß, als hätte dort jemand schwere körperliche Arbeit verrichtet. Dann noch eins. Aber es wurde nicht besser. Als Nächstes ging er zu seinem Fitnessstudio und kündigte seine Mitgliedschaft. Das Mädchen an der Rezeption sprach ihn mit seinem Vornamen an, fragte aber nicht, warum er nicht mehr kommen wolle. Sie zog einfach eine Schublade auf und legte seine goldfarbene Plastikkarte hinein.
    Er nahm die S-Bahn nach Hause und wunderte sich, wie fremd seine Wohnung an einem Montagvormittag aussah. Dann stopfte er ein paar Sachen in seine schwarze Sporttasche und machte sich auf den Weg.
    »Du musst uns nichts erklären. Stephan und ich haben uns unterhalten. Und wir freuen uns, dass du hier bist. Oder, Stephan?«
    »Ja«, sagt Stephan. Und träger, als er sowieso spricht: »Bleib ... so lange, ... wie du ... willst.«
     
    In der Nacht stiehlt Benjamin sich aus dem Haus. Erst als er
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