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Moni träumt vom großen Glück

Moni träumt vom großen Glück

Titel: Moni träumt vom großen Glück
Autoren: Berte Bratt
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Grönländer am Halsband packte. Und eine Stimme, eine Stimme, die ich sogar sehr gut kannte, rief: „Hau ab, Köter, und ein bißchen dalli! Verschwinde!“ Tatsächlich verschwand der große Hund durch das offene Tor, durch das er gekommen war, und ich drehte mich um. Da stand Walter. Am Wegrand lag sein blaues Moped. Er hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, das Ding irgendwo hinzustellen.
    „Na, sag mal“, fragte er. „Seit wann treibst du dich hier morgens mit wilden Tieren rum, Moni?“
    „Ach Walter, wie gut, daß du gerade kamst! Ich war ganz verzweifelt.“
    „Ja, so sahst du aus. Sag mal, was ist das nun für ein Abtreter, den du hier spazieren führst? Gehört er dir?“
    „Mir! Ich bin Hundemädchen – Hundespazierenführerin.“
    „Na, um ein Haar hättest du deinen Kunden verloren“, sagte Walter lachend. „Komm her! Halte deinen Bohnermop fest und klettere hinten aufs Moped. Ich fahre dich nach Haus. Sicher ist sicher! Der Köter könnte wiederkommen.“
    „Das ist furchtbar nett von dir, Walter. Aber Walter, du mußt doch ins Geschäft!“
    „Muß ich, muß ich! Aber ein Menschenleben zu retten – oder jedenfalls ein Hundeleben – , das ist ein schwerwiegender Grund. Da kann ich es mir wohl leisten, mit ein paar Minuten Verspätung zu kommen. So, hopp! Eins – zwei – drei, rauf mit dir!“
    Ich saß hinten auf dem Moped. Mit einem Arm hielt ich Kisu fest, mit der anderen Hand hielt ich mich selbst fest – fest an Walters Schulter. Als ich da saß, entdeckte ich, daß Walters linke Hand, die auf der Lenkstange lag, blutete.
    „Sag mal, Walter, bist du gebissen worden?“
    „Ach, nicht der Rede wert! Das sieht viel schlimmer aus, als es ist. Wo mußt du hin mit dem Köter?“
    „Ach, gerade an uns vorbei und dann drei Häuser weiter.“
    „Ich warte auf dich“, sagte Walter, als ich vom Moped stieg. „Gib eben den Kläffer ab und komm zurück. Dannfahre ich dich zur Schule. Ich habe das Gefühl, daß es höchste Zeit ist.“
    „Ja, das kann man wohl sagen. Mehr als höchste Zeit.“ So kam ich schnell zurück. Ich warf wieder einen Blick auf Walters Hand.
    „Hör, Walter! Schule hin, Schule her und Geschäft hin, Geschäft her, du kommst zuerst mit mir nach Haus und läßt dich verbinden!“
    „Na ja, wenn du es unbedingt willst und zufällig ein Stück Pflaster im Hause hast. Aber sonst ist es wirklich nichts. Menschenskind, was habe ich alles in meiner bewegten Jugend durchgemacht an Hundebissen und Kratz- und Schürfwunden. Ich bin so vollgepumpt mit Tetanusimpfstoff, daß mir gar nichts mehr schaden kann.“
    „Nun, das klingt beruhigend, aber jedenfalls sollst du einen kleinen Verband um deine Hand haben.“
    Also kam Walter mit. Ich ging zum Medizinschrank und holte eine Mullbinde und Kompressen. So etwas hat meine vorbildliche Mutti natürlich immer im Hause.
    Ich wusch die Wunde zuerst mit Borwasser aus, dann versuchte ich, so gut ich es konnte, einen einigermaßen vernünftigen Verband anzubringen. Ich hatte keine Übung, ich brauchte Zeit. Aber Walter wurde durchaus nicht ungeduldig. Er stand ganz ruhig da, guckte mich an und betrachtete meine mühsame Arbeit.
    „Moni“, sagte er plötzlich. „Eigentlich bist du ein prima Mädchen!“
    Ich war so erstaunt, daß ich beinahe die Mullbinde hätte fallen lassen.
    „Was sagst du, bin ich? Seit wann findest du das? Das ist mir völlig neu.“
    „So? Das ist dir neu? Ich habe es eigentlich immer gefunden.“
    „Aber Walter, dein Auftreten mir gegenüber deutet doch wahrlich nicht auf so was – im Gegenteil!“
    „Ja, möglich. So sind nun wir Menschen. Komisch, nicht wahr? Aber ich habe immer gefunden, daß du ein prima Mädchen wärest, und ich finde es noch.“ Ich schüttelte den Kopf.
    „Wenn ich das nur begreifen könnte. Du warst so abscheulich zu mir, und… und…“
    „Ich weiß, ich war es. Aber ich bin kein Psychologe, ich kann es nicht erklären. Ich weiß nur, daß ich keine Lust mehr habe, abscheulich zu dir zu sein, im Gegenteil. Und es hat nichts damit zu tun, daß du mir im Frühjahr so phantastisch geholfen hast, gar nichts. Ich fand auch vorher schon, daß du ein nettes Mädchen wärest.“
    Ich sah ihn an. Der Verband war fertig. Ich ließ seine Hand los.
    „Walter, ich bin auch keine Psychologin. Ich kann es nicht erklären. Ich verstehe überhaupt nichts. Aber natürlich, wenn du es sagst, dann muß ich es dir ja glauben. Und ich finde übrigens auch, daß du jetzt… na ja, ganz nett
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