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MondSilberLicht

MondSilberLicht

Titel: MondSilberLicht
Autoren: Marah Woolf
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zu viel verlangt sein.“
„Die Sonne kommt schon noch, bis dahin verbessern wir die Welt.“ Sie hatte gut reden, sie hatte jeden Tag ihres Lebens hier auf der Insel verbracht. Ich war anderes gewohnt. So viel Regen wie in den letzten Wochen hatte ich mein ganzes Leben nicht erlebt. Okay, Washington war nicht Kalifornien. Aber hier in Portree fühlte ich mich ständig aufgeweicht und matschig.
Am Gemeindesaal wartete Peter schon ungeduldig und drückte jeder von uns einen Stapel Flyer in die Hände.
Die Dolphin-Group veranstaltete eine Infoveranstaltung mit Vorträgen und Workshops zu den Walstrandungen. Wir hatten Infoflyer erstellt und mit anderen Mitschülern geholfen, die Veranstaltung zu organisieren.
Zwei Wochen hatten wir jeden Nachmittag dafür gearbeitet und nun verteilten wir die Zettel und beantworteten geduldig die Fragen der Leute.
Nach drei Stunden kam Amelie zu mir.
„Puh, wenn ich noch länger stehen muss, fallen mir meine Füße ab. Vom vielen Reden hab ich einen fusseligen Mund.“
Sie zog eine Schnute, doch für mich sah ihr Mund makellos aus wie immer. Sogar der Lipgloss war noch drauf, während ich meinen längst abgelutscht hatte.
„Solch kleine Opfer kann man für die Welt schon bringen“, zog ich sie auf.
Sie schnitt eine Grimasse. „Meinst du, die Welt wird es überleben, wenn wir eine Pause machen und einen Cappuccino trinken?“
„Davon wird sie kaum untergehen.“
„Das dachte ich mir.“
Sie hakte sich bei mir ein und zog mich zu dem bunt bemalten Kaffeestand.
„Na Mädels, wie läuft`s?“, fragte Sophie, Dr. Ericksons Frau, die hinter dem Tresen stand und uns unsere Cappuccinos reichte.
Sophie betrieb den einzigen Buchladen in Portree. Sie war eine exotische Person, immer in bunte Tücher und Kleider gehüllt und mit klimpernden Armbändern versehen. Es gab im Ort kaum jemanden, den ich lieber mochte. Zu gern hatte sie sich von Peter verpflichten lassen, heute zu helfen.
Amelie ließ sich aufatmend auf einen der Barhocker sinken.
„Ich dachte nicht, dass so viele kommen“, meinte sie und griff nach einem Brownie. „Es ist die halbe Insel hier.“
„Die letzte Walstrandung hat viele aufgerüttelt. Ich muss oft daran denken, wie viele Tiere wir verloren haben“, antwortete Sophie.
In dem Augenblick traten Dr. Erickson und Calum an den Stand. Eigentlich war Dr. Erickson ein Professor, hatte ich mittlerweile herausgefunden, aber alle hier nannten ihn nur Doktor. Ihn schien das nicht zu stören.
„Würdest du deinen zwei Männern einen leckeren Cappuccino zaubern?“, strahlte er seine Frau liebevoll an.
Er wandte sich Amelie und mir zu.
„Mädels, ich muss sagen, das habt ihr hier alles wunderbar organisiert.“
Ich nickte abwesend und starrte auf den Becher in meiner Hand. Calum plauderte mit Amelie und würdigte mich keines Blickes. Wie immer. Kurz darauf nahmen Calum und Dr. Erickson ihre Becher und schlenderten davon. Ich stieß die Luft aus und Amelie drehte sich zu mir.
„Du solltest ihn dir aus dem Kopf schlagen, Emma. Ich meine, er ist nicht unsere Liga.“
Ich nickte verdrossen. „Du meinst meine Liga. Mit dir redet er wenigstens. Mich ignoriert er konsequent.“
„Komisch eigentlich.“ Ein zweiter Brownie verschwand in ihrem Mund. „Er ist zu allen höflich. Distanziert, aber höflich. Zu dir ist er mehr als unhöflich. Ein ‚Hallo‘ wäre nicht zu viel verlangt.“
Stöhnend vergrub ich mein Gesicht in den Händen.
„Ein ‚Hallo‘ wäre ein Anfang, meine Fantasie geht so langsam mit mir durch, dass ich mir durchaus andere Sachen vorstellen könnte.“
Amelie prustete laut los, dass Sophie sich interessiert zu uns umdrehte. Ich stieß Amelie an.
„Was ist so lustig?“, fragte Sophie da.
Zum Glück verschluckte sich Amelie an ihrem dritten Brownie so, dass Sophie keine Antwort mehr erwartete.
Wütend sah ich sie an, während sie sich langsam von ihrem Hustenanfall erholte.
„Untersteh dich, irgendwem davon zu erzählen“, drohte ich.
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ Unschuldig sah sie mich an. „Da gibt es so viele Jungs an der Schule, die gern mit dir zusammen wären, und du interessierst dich für den Unerreichbaren.“
Böse sah ich sie an, obwohl ich wusste, dass sie recht hatte. Ich sollte ihn mir ein für alle Mal aus dem Kopf schlagen. Er fand mich offensichtlich so uninteressant, dass er nicht die kleinste Aufmerksamkeit an mich verschwendete.
Ich war zu leicht zu beeindrucken gewesen.
„Komm, Amelie, wir sollten noch ein paar Flyer
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