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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition)
Autoren: Jasper Sand
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über dieses Wiedersehen ist
ganz ungeheuerlich.“ Es klang, als weinte er. „Eure Männer haben gute Arbeit
geleistet. Sie waren die Ersten, die uns entdeckt haben, weit im Norden, wie
Ihr sicherlich schon wisst.“
    Wasser tropfte ihm vom Haar und lief ihm über das Gesicht. „Eure Soldaten sind nur knapp dem Tod
entronnen. Sie versprachen uns Gold, Macht und Anerkennung, ein letztes
Stückchen Ehre in unserem ohnehin schon schlimmen Leben.“
    Liv lächelte, obwohl es ihr schwer fiel.
„Ihr seid Dargolan, nicht wahr?“ Sie wartete auf keine Antwort. „Ruhm, Stärke,
Macht. Wie süß die Worte auf der Zunge schmecken.“ Sie wagte nicht
weiterzusprechen. So vieles konnte schiefgehen, ihr Plan war so riskant.
    Dargolan schlich näher an den Thron heran.
„Wir haben vieles verloren“, flüsterte er, seine Lippen bewegten sich kaum.
    Vor fast fünfzig Jahren hatte das goldene
Zeitalter der Magier aufgehört. Sie waren Helden gewesen, sie hatten Burgen
beschützt und Todkranke geheilt, sie hatten Bestien vertrieben und Feinde
getötet. Erst als der Magierkönig Tront den Menschenkönig Misel auf einem
Festbankett mit einem Messer getötet hatte, war das Leben der Magier aus den Fugen
geraten. Sie hatten gestritten, gekämpft und geblutet.
    „So viel Blut … Ich weiß nicht, ob ich auf
Euer Angebot eingehen will, zu viel ist bisher passiert.“ Dargolan schaute Liv
ins Gesicht, die Regentropfen auf seiner Wange sahen aus wie Tränen. „Ich
dachte immer … dass ihr uns töten würdet, wenn ihr uns findet. Wir wollten uns
wehren, natürlich, doch Eure Soldaten haben uns überrumpelt und wir … wir
hörten uns an, was sie zu sagen hatten und wir wussten nicht, ja, wir wussten
nicht, was wir denken sollten,   ob es
richtig oder falsch ist, mitzugehen. Zu viel ist passiert in der Vergangenheit
– die Feindschaft, die Kriege, die Toten. All die Toten.“
    Liv schauderte bei seinen letzten Worten.
„Vergesst alles, was geschehen ist. Das Zeitalter der Blutigen Kriege, Eure
Verbannung, alle Ungerechtigkeiten dieser Welt.“
      Dargolan lachte müde. „Wozu braucht Ihr uns?
Ruhm schenkt Ihr doch nicht einfach so.“ Die Magier hinter seinem Rücken regten
sich kaum, ihre Gesichter waren starr und unergründlich.
    Liv hörte Bartocks Schritte auf der Treppe,
sein Schnaufen, das dem eines sterbenden Pferdes glich.
    „Ich habe einen Auftrag für Euch.“ Wie
schwer es ihr fiel, den Plan auszusprechen.
    „Die vier Monde sollen verschwinden. Einer
nach dem anderen und Ihr sollt sie verbannen. Nur Ihr seid dazu in der Lage.“
Die Königin redete sehr schnell, die Worte sprangen nur so über ihre Lippen.
Sie wusste nicht, was sie tun sollte, wenn die Magier auf ihren Plan nicht
eingingen. Sie einfach gehen zu lassen war unmöglich; zu viel konnten sie
ausplappern, zu viel verraten. Vielleicht würden sie sich sogar auf die Seite
der Feinde schlagen, nur um sich an ihr zu rächen.
    Ein Magier aus der hinteren Reihe meldete
sich zuerst zu Wort. „Es ist wegen der Mondschwingen, schätze ich.   Wenn die Monde verschwinden, werden sie
verdursten oder sie werden verhungern, jedenfalls werden sie sterben, nicht wahr?“
Er hieß Ole, war der jüngste unter den Magiern. Er trat an den Thron heran,
dicht neben Dargolan. „Ihr wollt die Feinde endlich besiegen.“ Es klang wie
eine Frage.
    Liv nickte. Ihr Kopf fühlte sich schwerer
an als sonst. „Das will ich, ja. Die Zeit ist gekommen.“
    „Wie pathetisch.“ Ole verzog spöttisch das
Gesicht. „Als ob jemals die Zeit für so etwas kommen würde.“
    Dargolan sah ihn finster von der Seite an
und schnalzte mit der Zunge. „Genug! Es ist genug! Lass uns erst noch
überlegen, hörst du?“
    Liv stand mit wackligen Knien von ihrem
Thron auf, blickte von der obersten Stufe ihres Podests auf Ole hinab. „Ihr
wisst genau, warum die Menschen und Mondschwingen Feinde sind. Die
Mondschwingen nutzen ihr Talent, betrügen, stehlen u nd morden,
das haben sie schon immer getan, nur weil sie ein bisschen fliegen können. Wir
müssen diese Plage bekämpfen, jawohl, so gut es eben geht.“ Wie dumm sie sich
anhörte! Wie eine Puppe an Fäden, eine Puppe, die schon lange nicht mehr
wusste, was sie sagte, wer ihr die bitteren Buchstaben ins Ohr gespuckt hatte.
    „Und die edlen Menschen halten sie auf,
egal wie. Wie edel von Euch.“ Ole stieg eine Stufe empor und als Dargolan ihn
am Ärmel zurückziehen wollte, schüttelte er seine altersfleckigen Hände ab. „Es
weiß doch schon
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