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Mondnacht - Mordnacht

Mondnacht - Mordnacht

Titel: Mondnacht - Mordnacht
Autoren: Jason Dark
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auf den weichen Boden. Zehen bewegten sich zuckend, und der gesamte Körper war unter dem Einfluß des Mondlichts gewachsen.
    Es gab kein Hindernis mehr. Es gab kein Zurück. Simone Hutton würde als Bestie existieren und sich vielleicht erst Stunden später wieder in einen normalen Menschen zurückverwandeln, um dann in ein Versteck zu kriechen.
    Die aus dem Maul dringenden Laute hatten sich ebenfalls verändert. Sie hörten sich jetzt röhrend an. Wütend, manchmal auch unheimlich. Das tierhafte Heulen war nicht mehr zu hören. Die Qual schien sich allmählich zu lindern.
    Sissy konnte es nicht fassen, obgleich sie als Zeugin dicht neben dieser Person stand. Ihr selbst klopfte das Herz zum Zerspringen hart. Längst hatte der Schweiß einen glänzenden Film auf ihrer Haut gebildet, und die Augen sahen aus wie starre Kugeln.
    Es ging weiter – noch weiter. Simone – konnte man sie überhaupt noch so nennen? Schleuderte ihren Körper herum. Sie wuchtete Ihn auf den Bauch, warf dabei ihre fellbewachsenen Arme in die Höhe, wuchtete sie wieder nach unten, um die Krallen in den weichen Boden zu bohren, weil sie sich abstützen wollte.
    Dann schnellte sie hoch.
    Sissy sah anhand dieser Bewegung, welch eine Kraft in der Person steckte. Das hatte nichts mehr mit einem Menschen zu tun, hier war die schlimme Bestie geboren, und sie würde ihrem angeborenen Trieb gnadenlos folgen.
    Noch während des Aufwärtsschwungs hatte sie sich gedreht, so daß sie jetzt vor Sissy stand und sie anschauen konnte.
    Auge in Auge!
    Sissy mußte auch feststellen, daß diese Augen nichts Menschliches mehr aufwiesen. Sie waren mit kalten Laternen zu vergleichen, die sich auf das Opfer gerichtet hatten.
    Sissy spürte die Kälte über ihren Rücken kriechen. Das Gefühl der Angst ließ sich einfach nicht unterdrücken. Sie dachte an Vincent Slade, und dieser Gedanke ließ sie plötzlich alle Furcht vergessen. Mit in der Hand zitternder Waffe stand sie vor dieser Bestie und sprach sie an, ob sie nun verstanden wurde oder nicht.
    »Du hast ihn getötet!« keuchte Sissy. »Mochte er gewesen sein, wie er wollte. Ich habe ihn geliebt. Ich war seine Frau. Er hat mich aus dem Dreck geholt. Er hat mir manchen Weg gewiesen. Ich habe auch gewußt, wie man sich im Leben durchschlägt. Ich habe ihn in verdammt jungen Jahren geheiratet. Wir waren wie wild aufeinander. Daß es nicht geklappt hat, okay, bei vielen klappt es nicht, aber er ist noch mein Mann gewesen.«
    Ihre Worte waren immer leiser geworden und wurden auch von schluchzenden Geräuschen unterbrochen, weil Sissy die Tränen nicht zurückhalten konnte. Sie schnappte einige Male nach Luft. Sie ärgerte sich über den Tränenschleier, weil er die Sicht verwässerte, aber sie sprach weiter, weil sie dem inneren Drang einfach folgen mußte. »Vinc ist in die Disco gegangen. Er wollte seinen Spaß haben. Na und? Er war eben so. Ich habe auch mein Leben geführt, aber irgendwo haben wir beide noch zusammengehalten. Er hat den Tod nicht verdient, nicht so, und ich weiß genau, was ich zu tun habe. Ich wußte, daß du ihm eine Falle stellen wolltest. Er hat dich nicht zum erstenmal in der Disco gesehen. Er hat sogar von dir gesprochen, und deshalb war es für mich klar, daß nur du ihn getötet haben konntest. Auch auf diese schreckliche Art und Weise. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen glaube ich nämlich daran, daß es Monster auf unserer Welt gibt. Ja, Monster, zu denen auch du gehörst, du Bestie. Die Bullen stehen vor einem Rätsel, ich nicht. Ich glaube daran, und ich bin durch manche Hölle gegangen, aus deren Feuer ich gestärkt hervorgekommen bin.«
    Sie hatte sich aufpeitschen wollen. Worte sollten sie auf den Punkt bringen, der nötig war, aber es war nicht möglich gewesen. Sie schlaffte einfach ab. Die Erinnerung an ihren Mann und diese schreckliche Gestalt vor ihr waren zuviel.
    Jetzt fehlten ihr auch die Worte, obgleich sich Sissy vorgenommen hatte, noch viel zu sagen.
    Die Bestie mußte es ebenfalls gemerkt haben. Ob durch Instinkt oder einen Rest von Verstand, der ihr geblieben war, das wußte Sissy nicht.
    Jetzt war der Augenblick da, wo sie sich voll und ganz auf die Gestalt konzentrieren konnte und ihre eigenen Gedanken zurückdrängte. Ihr kam zu Bewußtsein, mit welch einem Gegner sie es zu tun hatte. Sie hatte Simone Hutton als Mensch gekannt. Daran erinnerte kaum noch etwas. Sie war wesentlich größer geworden, überragte sie von der Körperlänge her, und das Menschliche
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