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Mörderspiele

Mörderspiele

Titel: Mörderspiele
Autoren: J. D. Robb
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alle anderen Zielobjekte erreicht und sichergestellt hatte, dass sie unter Personenschutz standen, widmete sie sich den Files, die Roarke auf ihren Rechner geladen hatte.
    Eine Stunde lang brütete sie über Daten und Berichten, eine weitere verbrachte sie damit, sich die aufgezeichneten Interviews mit Palmer noch einmal anzusehen.
    »Okay, Dave, erzählen Sie mir von Michelle Hammel. Was war das Besondere an ihr?«
    David Palmer, zweiundzwanzig Jahre alt, gut gebaut, Typ sympathischer Sonnyboy, stammte aus einer wohlhabenden Familie in New England. Er grinste und beugte sich eifrig vor, seine strahlend blauen Augen sprühend vor Begeisterung. Sein sportlich gebräunter Teint spiegelte Gesundheit und Vitalität.
    Endlich hört ihm jemand zu, schoss es Eve durch den Kopf, als sie sich selber auf dem Bildschirm gewahrte, wie sie vor drei Jahren ausgesehen hatte. Endlich bekommt er die Gelegenheit, sich in seiner ganzen Genialität mitzuteilen.
    Ihre Frisur war grauenvoll - seinerzeit hatte sie sich die Haare noch selbst geschnitten. Die knöchelhohen Stiefel waren neu gewesen und noch relativ vorzeigbar. Sie trug keinen Ehering am Finger.
    Ansonsten, überlegte sie, hatte sie sich kaum verändert.
    Sie sei jung und durchtrainiert gewesen. Eine Topathletin, erklärte Palmer ihr. Sehr diszipliniert, physisch und psychisch. Langstreckenläuferin und Olympiahoffnung. Sie wusste, wie man Schmerz ausblendete, sich auf ein Ziel fokussierte. Sie rangierte für Dave am oberen Ende der Skala. Anders als Leroy Greene, diese Memme. Hatte sich schon jahrelang mit Drogen zugedröhnt. Keine Toleranz für nervenreizende Stimuli. Verlor die Kontrolle über sich, bevor es überhaupt richtig losging. Drehte durch, als er wieder zu Bewusstsein kam und feststellte, dass er an den Tisch gefesselt war. Michelle dagegen…
    »Sie kämpfte? Sie litt?«
    Palmer nickte euphorisch. »Sie war echt großartig«, beteuerte er. »Sie wehrte sich bis zum Schluss, hörte erst auf, als sie begriff, dass sie keine Chance hatte. Erst da setzte die Angst ein. Die Monitore registrierten einen beschleunigten Puls, erhöhten Blutdruck, sämtliche vitalen körperlichen und emotionalen Reize. Sie müssen wissen, ich verfüge über eine Top-Ausstattung.«
    »Ja, das hab ich mit eigenen Augen verifiziert. Eine der besten.«
    »Das ist obligatorisch für meine wissenschaftliche Arbeit.« An diesem Punkt wurde sein Blick schwärmerisch entrückt, wie jedes Mal, wenn er von der Bedeutung seiner Experimente sprach. »Wenn Sie sich Michelles Daten ansehen, werden Sie feststellen, dass sie ihre Ängste kontrollierte, um am Leben zu bleiben. Anfangs versuchte sie noch, mit mir zu verhandeln. Sie machte Versprechungen, tat so, als könnte sie meine Forschungstätigkeit nachvollziehen, erbot sich sogar, mir zu helfen. Sie war clever. Als sie kapierte, dass das alles nicht fruchtete, verteufelte sie mich, was ihren Adrenalinspiegel hochjagte. Worauf ich ihr weitere Schmerzstimuli verpasste.«
    »Er brach ihr die Füße«, murmelte Eve. Sie spürte Roarkes Blick im Rücken. »Dann die Arme. Er hatte verdammt Recht, seine damalige Ausstattung ließ nichts zu wünschen übrig. Er schloss Elektroden an verschiedene Körperteile beziehungsweise -öffnungen an und erhöhte ganz allmählich die Stromzufuhr für die Elektroschocks. Drei Tage lang quälte er Michelle, ehe die Folter sie brach. Am Ende flehte sie ihn an, er möge sie umbringen. Er benutzte eine Art Seilzug, um sie aufzuhängen - langsame Strangulation. Sie war neunzehn.«
    Roarke legte begütigend die Hände auf ihre Schultern. »Du hast ihn schon einmal gefasst, Eve, du wirst es wieder schaffen.«
    »Darauf kannst du verdammt noch mal Gift nehmen.«
    Da vernahm sie ein Geräusch und sah auf. Jemand lief durch den Korridor. »Sichere die Dateien und die Files«, wies sie ihren Mann an. In diesem Augenblick glitt Nadine Furst in den Raum. Das hat mir gerade noch gefehlt, dachte sie, der Besuch einer der Top-Reporterinnen von Channel 75. Obwohl sie Freundinnen waren, blieb Eve skeptisch reserviert.
    »Sie wollen uns doch bestimmt keinen Weihnachtsbesuch abstatten, Nadine, oder?«
    »Ich habe heute Morgen ein Geschenk bekommen.« Nadine warf eine Diskette auf den Schreibtisch.
    Eves Blick glitt von dem Datenträger zu Nadine. Ihr Gesicht war blass, die kantigen Züge verkniffen. Anders als sonst war die Reporterin nicht perfekt geschminkt, gestylt und tadellos frisiert. Sie sah ziemlich durch den Wind aus, überlegte
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