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Mörderischer Blues

Mörderischer Blues

Titel: Mörderischer Blues
Autoren: Carter Brown
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ein wenig erholt zu
haben und sprach mit erhobener Stimme auf Valdez ein, der reichlich verwundert
dreinblickte. Und Muscat spielte Trompete, einsam und in sich gekehrt, als
gehöre er in eine andere Welt, was er vielleicht auch wirklich tat.
    Den Plattenspieler hatte ich
schon für meine Zwecke zu einem früheren Zeitpunkt vorbereitet und Valdez
gesagt, er solle keinen spielen lassen, bevor ich nicht das Zeichen dazu gab.
Folglich war alles, was ich jetzt noch zu tun hatte, das Licht auszumachen.
    Gloria kicherte aufreizend, als
die Kabine nahezu in Dunkelheit getaucht wurde. Nur die chinesischen
Papierlaternen verbreiteten ein ungewisses Dämmerlicht und beschienen schwach
nur den Fußboden unter sich in kleinem Zirkel.
    Ich nickte April zu, und sie
ließ ihren Regenumhang fallen. Mit ein paar Schritten ging ich zum
Plattenspieler und ließ den Tonarm auf die Platte gleiten, dann trat ich zurück
und wischte mir mit dem Handrücken den kalten Schweiß von der Stirn.
    Sekunden später ertönte »Body
and Soul«, gesungen von Ellen Fitzroy und auf der
Trompete begleitet von Muscat Mullins.
    Muscat fiel die Trompete aus
den Fingern, als er es hörte. Langsam hob er den Kopf und lauschte der Stimme,
die von irgendwoher aus der Dunkelheit zu kommen schien.
    »Ellen?« flüsterte er.
    Er rappelte sich auf, stand
schwankend auf seinen Füßen, mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen.
    »Ellen?« wiederholte er mit
erstickter Stimme. Dann schüttelte er heftig den Kopf.
    In diesem Moment ging die Tür
der Hauptkajüte auf, und ein Mädchen kam herein. Man konnte sie im schwachen
Licht der chinesischen Laternen nicht genau erkennen, aber man sah ihr langes
dunkles Haar, das ihr schmales Gesicht umrahmte, und den weißen Seidenbikini
mit den schwarzen Punkten, der sich um ihre Figur schmiegte.
    »O nein!« schrie Muscat und
schüttelte sich. Er streckte dem Mädchen beide Hände entgegen, als wolle er sie
abwehren.
    »Du bist tot, Ellen! Du hast
kein Recht...«
    »Du irrst dich, Muscat«,
antwortete das Mädchen in sanfter, überirdischer Stimme. »Ich bin nicht tot!
Nicht für dich! Wir werden immer zusammen sein. Wußtest du das nicht?«
    »Du bist tot!« schrie er
hysterisch. »Gott verdammt, warum bleibst du nicht tot, Ellen? Du hast mich die
ganze Zeit, in der du gelebt hast, gequält. Ich gebe nicht zu, daß du mich
weiterquälst, während du tot bist!«
    »Muscat, Honey!« sagte das
Mädchen nachsichtig. »Es ist wie der vielgeliebte Blues. Ich bin gegangen, aber
ich muß bei dir bleiben, nur bei dir, für immer, so wie du es in deinem Blues
sagst!«
    Er hob die geballten Fäuste
vors Gesicht und schüttelte sie in ohnmächtiger Wut, während dicke Schweißperlen
über sein Gesicht liefen.
    »Du bist tot!« Seine Stimme
hatte jetzt ein wenig an Festigkeit gewonnen. »Ich weiß, daß du tot bist,
Ellen. Du bist erschossen worden, hattest eine Kugel direkt zwischen deinen
Augen!«
    »Nicht tot«, sagte das Mädchen
sanft. »Nicht für dich, Muscat.«
    »Tot.« Seine Stimme überschlug
sich, und dann barst der Damm, und die Worte sprudelten wie ein Wasserfall aus
ihm heraus.
    »Ich hatte den Revolver in der
Hand!« schluchzte er wild. »Ich habe gezielt, und ich habe abgedrückt. Ich sah
das schwarze Loch zwischen deinen Augen erscheinen, und du sahst komisch aus,
Ellen — komisch! Dein Leben war vorüber, Ellen, und du hattest es verdient. Die
ganze Zeit hast du mich gequält, diesen billigen kleinen Wallstreetmann hast du
geheiratet, und mir hast du erzählt, daß es nichts weiter als ein Trick sei,
und uns würde das nichts ausmachen. Wir müßten nur ein bißchen vorsichtig sein,
hast du gesagt, wie etwa, uns nicht in Gegenwart deines Mannes lieben. Aber wir
würden uns alle auf der Jacht treffen und eine schöne Zeit verleben, und
>Trink nur, Muscat<, hast du gesagt. >Du siehst ja so aus, als seist
du das erstemal nüchtern in zehn Jahren.<«
    Er blickte mit unverhülltem Haß
auf das Mädchen in der Tür.
    »Und dann diese Nacht«,
flüsterte er. »Du standest da und hast mich ausgelacht und hast mir gesagt, ich
sei das erstemal in meinem lausigen Leben nützlich
für dich, weil du und dein blaublütiger Zuhälter Gloria Van Raven ausnehmen
wollten, den großen Filmstar, und weil du mich als Fassade brauchtest, damit
sie nicht auf die Idee kommt, Woolrich hätte etwas mit dir!«
    Muscat schüttelte langsam den
Kopf, als könne er es noch immer nicht glauben.
    »Ich war verrückt nach dir,
Ellen«, fuhr er fort.
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