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Moerderische Kuesse

Moerderische Kuesse

Titel: Moerderische Kuesse
Autoren: Linda Howard
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ist.« Das war eindeutig untertrieben.
    Auf dem Gesicht des Franzosen zeichneten sich völlige Fassungslosigkeit und Verständnislosigkeit ab. Rodrigo konnte seine Gedanken lesen: Er wurde zu Brei geschlagen, weil Salvatore Nervi eine Magenverstimmung hatte? »Aber – aber –«, stotterte M. Durand. »Natürlich werde ich ihn entschädigen, er hätte doch nur zu fragen brauchen.« Dann erdreistete er sich zu sagen: »Das war wirklich nicht notwendig.«
    »Hat er Pilze gegessen?«, fragte Rodrigo.
    Wieder ein verständnisloser Blick. »Er weiß sehr gut, dass er keine Pilze gegessen hat. Für sich hat er Coq au vin mit Spargelspitzen bestellt, und Mademoiselle Morel hatte den Heilbutt. Zu keinem dieser Gerichte gab es Pilze.«
    Einer der Männer im Raum war Salvatores Stammfahrer Fronte; er beugte sich vor und flüsterte Rodrigo etwas ins Ohr.
    Rodrigo nickte.
    »Fronte sagt, dass Mademoiselle Morel sich übergeben musste, nachdem sie aus Ihrem Restaurant kam.« Sie hatte das Gift als Erste gespürt, erkannte Rodrigo. Hatte sie es demnach auch als Erste eingenommen? Oder hatte es bei ihr schneller gewirkt, weil sie leichter war als Salvatore?
    »Das kann nicht an meinem Essen liegen, Monsieur.«
    Durand fühlte sich zutiefst getroffen. »Kein anderer Gast wurde krank oder hat sich beschwert. Der Heilbutt war auf keinen Fall schlecht, und selbst wenn es so gewesen wäre, hatte Monsieur Nervi nichts davon gegessen.«
    »Was haben sie denn gemeinsam gegessen?«
    »Gar nichts«, erwiderte M. Durand wie aus der Pistole geschossen. »Höchstens etwas Brot, obwohl mir nicht aufgefallen ist, dass Mademoiselle Morel welches genommen hat. Monsieur hatte eine Flasche Wein, einen ganz außerordentlichen Bordeaux Chateau Maximilien Jahrgang 1982, während Mademoiselle wie gewöhnlich Kaffee trank.
    Monsieur hat auf sie eingewirkt, den Wein zu probieren, aber er war nicht nach ihrem Geschmack.«
    »Den Wein haben sie also gemeinsam getrunken.«
    »Sie hat nur einen einzigen Schluck genommen. Wie gesagt, er schmeckte ihr nicht. Mademoiselle trinkt keinen Wein.«
    Durands typisch gallisches Achselzucken ließ erkennen, dass er diese Eigenart nicht nachvollziehen konnte, aber was wollte man da machen?
    Und doch hatte sie gestern Abend Wein getrunken, wenn auch nur einen kleinen Schluck. War das Gift so hochwirksam, dass schon ein einziger Schluck lebensbedrohlich wirken konnte?
    »Blieb etwas von dem Wein übrig?«
    »Nein. Monsieur Nervi trank alles aus.«
    Das war nicht ungewöhnlich. Salvatore war bemerkenswert standfest gewesen und hatte demzufolge auch mehr getrunken als die meisten Italiener.
    »Die Flasche. Haben Sie die Flasche noch?«
    »Die liegt bestimmt schon in der Altglastonne. Hinter dem Restaurant.«
    Rodrigo befahl zweien seiner Männer, die Tonne nach der leeren Bordeauxflasche zu durchwühlen, und wandte sich dann wieder an M. Durand. »Na schön. Sie bleiben mein Gast«
    – er schenkte ihm ein freudloses Lächeln –, »bis diese Flasche und die Weinreste analysiert sind.«
    »Aber das kann –«
    »Tage dauern, genau. Sie werden das bestimmt verstehen.«
    Vielleicht würde Vincenzo in seinem eigenen Labor schneller zu einem Ergebnis kommen.
    Mr. Durand wurde unsicher. »Ist Ihr Vater … sehr krank?«
    »Nein.« Rodrigo stand auf. »Er ist tot.« Und wieder bohrten sich die Worte direkt in sein Herz.
    Am nächsten Tag spürte Lily, dass sie überleben würde; Dr.
    Giordano brauchte zwei weitere Tage, um die gleiche Prognose zu stellen. Es dauerte drei Tage, bis sie sich so weit erholt fühlte, dass sie aus dem Bett aufstehen und das dringend nötige Bad nehmen konnte. Ihre Beine waren immer noch so wacklig, dass sie sich auf dem Weg ins Bad von einem Möbelstück zum nächsten hangeln musste, mit dröhnendem Schädel und leicht verschwommenem Blick, aber sie wusste, dass sie das Schlimmste überstanden hatte.
    Sie hatte verzweifelt darum gekämpft, nicht das Bewusstsein zu verlieren, und standhaft alle Mittel verweigert, die Dr. Giordano ihr gegen die Schmerzen oder für einen ruhigeren Schlaf geben wollte. Obwohl sie auf ihrer Fahrt hierher, offenbar der Familiensitz der Nervis, in Ohnmacht gefallen war, hatte sie sich keine Medikamente geben lassen, die ihren Verstand trübten. Sie sprach zwar exzellent Französisch, aber es war nicht ihre Muttersprache; wenn sie unter starken Beruhigungsmitteln stand, konnten ihr unversehens ein paar englische Wörter mit amerikanischem Akzent entschlüpfen. Darum hatte sie
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