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Moerderische Familienbande

Moerderische Familienbande

Titel: Moerderische Familienbande
Autoren: Anne George
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versäumen.“
    Der Ausdruck auf dem Gesicht der Frisch vermählten sagte alles. Debbie schwebte in Henrys Arm über die Tanzflä-
     
    che, und die beiden wandten den Blick nicht voneinander. Vielleicht war dies, dachte ich, der eigentliche Moment der Eheschließung. Und dann trat Richardena Tucker, das Kindermädchen der Zwillinge, hinzu, an jeder Hand eines der kleinen Mädchen. Debbie nahm das eine und Henry das andere, dann tanzten sie erst getrennt jeder mit einem Kind und dann zusammen, Fay und May zwischen sich. Es war, wie Schwesterherz später sagte, ein Moment fürs Taschentuch.
    Und jetzt bewegte sich die gesamte Hochzeitsgesellschaft auf den Tanzboden. Haley tanzte - offenkundig mit großem Vergnügen — mit Dr. Nachman. Ich versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, was Schwesterherz mir über ihn erzählt hatte. Irgendwie war er Witwer und Mitte fünfzig.
    „Was für eine Sorte Doktor ist eigentlich Philip Nachman?“, fragte ich Fred.
    „Philip Nachman?“
    „Der Neffe. Der mit Haley tanzt.“
    „Ich weiß rein gar nichts über ihn, Schatz.“
    „Schau dir die beiden an. Ich denke, wir werden es erfahren.'
    „Lass ihn bitte Hals-Nasen-Ohrenarzt sein. Lieber Gott, mach, dass meine Tochter einen Hals-Nasen-Ohrenarzt nach Hause bringt.“
    Ich lachte, aber nur wegen seines Tonfalls. Klopfen Sie an irgendeine Tür in Birmingham, Alabama, und es öffnet Ihnen jemand mit Nasennebenhöhlen-Problemen. Vielleicht liegt das an der Wärme, der Feuchtigkeit, der üppigen Vegetation. Wer weiß? Aber ein guter HNO-Doktor ist nach ein paar Jahren Praxiserfahrung buchstäblich nicht mit Gold aufzuwiegen. In anderen Gegenden des Landes behauptet man, wir würden durch die Nase reden. Nun, ja.
    Der Tanz ging zu Ende, alle klatschten und stürmten das Büffet.
     
    „Das ist ein guter Augenblick, um mit Debbie und Henry zu reden“, sagte ich. Ich schaute mich um und sah Meg Bryan in eine Unterhaltung mit Mary Alice vertieft. Ich stellte Blickkontakt mit ihr her und machte ihr ein Zeichen, dass wir zum Brautpaar hinübergehen wollten. Sie nickte zustimmend.
    Debbie und Henry hielten immer noch ihre zweijährigen Zwillinge Fay und May an der Hand. Schwesterherz und ich können sie beide nicht auseinanderhalten, obwohl meine Schwester schwört, dass sie dazu in der Lage sei. Sie ist auch überzeugt, dass Henry ihr Vater ist, weil er zu Collegezeiten an die Samenbank gespendet hat. Heute war ich mir nicht sicher, ob sie damit falsch lag. Henry und das Zwillingsmädchen an seiner Hand blickten einander an, und die Ähnlichkeit war gespenstisch.
    „Tante Pat! Onkel Fred!“, begrüßte uns Debbie. „Ich habe mich schon gefragt, wo ihr steckt.“
    Wir umarmten sie, bewunderten ihr Kleid und wünschten ihr aus vollem Herzen alles nur erdenkliche Glück.
    Wir laden euch zum Abendessen ein, sobald wir wieder da sind“, versprach Henry, während er Fred die Hand drückte.
    „Wir werden euch beim Wort nehmen.“
    Wir drückten sie ein letztes Mal und machten dann weiteren Gratulanten Platz.
    Im Weggehen sagte Fred „Warte eine Minute“ und rannte zu Debbie zurück, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Als er wieder zu mir zurückkam, strahlte er: „HNO!“
    Die nächste Stunde verging schnell. Die Torte wurde angeschnitten und die oberste Etage weggetragen, um sie bis zum ersten Hochzeitstag einzufrieren. Einmal sahen wir Marie Alice in eine lebhafte Unterhaltung mit einem Mann verstrickt, der aussah wie Rübezahl mit einer braunen Pe-
     
    rücke. Er war mindestens neunzig, und sein Anteil an der lebhaften Unterhaltung war nicht groß, aber er schien sehr interessiert an dem, was Schwesterherz sagte.
    „Donnerwetter“, sagte Fred, „ich glaube, sie ist schon wieder dabei.“
    „Möglich“, pflichtete ich ihm bei. „Bill sollte, denke ich, besser aus Florida zurückeilen.“ Bill Adams, seit mehreren Monaten der „Freund“ meiner Schwester - ein netter, gutaussehender zweiundsiebzigjähriger Mann, der stark genug war, um sie beim Tanzen rauf- und runterzuschwenken —, verbrachte die Wintermonate wie immer in St. Petersburg, Florida. Bei meiner Schwester wuchs die Liebe nicht mit der Entfernung. Nicht einmal die Rosen zum Valentinstag und die Karte mit der Aufschrift „Komm doch hier runter zu mir! In Liebe, dein Zugvogel“ hatten sie weich stimmen können. „Hat schon jemals jemand von einem Zugvogel aus Alabama gehört?“, schnaubte sie. Seine Abwesenheit bei Debbies Hochzeit war vielleicht als Totengeläut
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