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Mörderische Aussichten

Mörderische Aussichten

Titel: Mörderische Aussichten
Autoren: A George
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hundertdreizehn Kilo
     auf die Waage und hat olivfarbene Haut. Früher war sie brünett,mittlerweile wechselt ihre Haarfarbe häufig. Ich hingegen bin klein und dünn, habe helle, sommersprossige Haut und Haare,
     die meine Schwester als »farblos« zu bezeichnen pflegt. Mittlerweile sind sie größtenteils grau, wenn ich mich nicht in vorübergehender
     geistiger Umnachtung von Schwesterherz dazu überreden lasse, sie mit irgendwas zu färben, was ihr gelegentlich gelingt.
    »Hat Ray sich gemeldet?«, fragte ich.
    Schwesterherz bedeutete mir kauend, einen Moment zu warten, und nahm einen Schluck Tee, bevor sie antwortete. »Hat er. Gestern
     Abend.«
    »Warum hat er denn nicht schon früher angerufen? Er lässt einfach ein Mädchen, das du nicht im Geringsten kennst, bei dir
     hereinspazieren und verkünden, dass sie geheiratet haben?«
    »Er hatte eine Gruppe für einen einwöchigen Tauchkurs da, und ich glaube, er ist einfach nicht auf die Idee gekommen, dass
     Sunshine so schnell nach Hause kommen würde. Er hat sich dafür entschuldigt. Ich habe ihm gesagt, das sei in Ordnung. Ich
     sei eben nur überrascht gewesen, als dieses fremde Mädchen bei mir an der Tür erschien und mir erzählte, sie sei mit meinem
     Sohn verheiratet.« Schwesterherz biss in einen weiteren Keks. »Er sagt, er sei nächste Woche wieder zu Hause.«
    »Gehen sie dann nach Pago Pago zurück?«
    »Bora Bora. Keine Ahnung. Ich hoffe, sie bleiben hier. Sie könnten in Destin wohnen. Legen die Tauchschiffe nicht dort ab?«
    Ich zuckte die Schultern. Tiefseetauchen war nicht mein Ding. Als Ray, das jüngste von Mary Alices drei Kindern, sich in den
     Südpazifik aufmachte und ein Tauchschiff kaufte, argwöhnte ich, sein Ehrgeiz könne durch die Vorstellung entfacht worden sein,
     dass ihn dortexotische Mädchen im Baströckchen am Strand erwarteten, die singend Hula tanzten. Aber sein Unternehmen hatte sich als weitgehend
     erfolgreich herausgestellt. Und wenn die Bastrockmädchen nicht Wirklichkeit geworden waren, so hatte er jedenfalls keine Zeit
     gehabt, allzu enttäuscht zu sein. Junge Amerikanerinnen, Australierinnen und Japanerinnen sind große Tauchfans. Mary Alice
     besitzt ein ganzes Fotoalbum mit Aufnahmen von Kapitän Ray Crane, wie er breit grinsend die verschiedensten Bikinimädchen
     im Arm hält.
    Und nun hatte ihn sich Sunshine Dabbs aus Locust Fork, Alabama, geangelt.
    »Erzähl mir, was du über sie herausgefunden hast«, sagte ich. »Zunächst einmal – ist das ihr wirklicher Name? Sunshine?«
    »So hat sie sich jedenfalls vorgestellt, als sie vor meiner Haustür erschienen ist. Sunshine Dabbs. Ray nennt sie Sunny. Sei’s
     drum, jedenfalls ist sie erst zwanzig. Zwischen ihnen ist also ein Altersabstand von elf Jahren.«
    »Das geht doch noch.« Ich dachte an meine eigene Tochter Haley, die mit einem zwanzig Jahre älteren Mann verlobt war.
    »Ja. Das ist okay. Eigentlich ist alles bestens.« Mary Alice nahm einen weiteren Schluck Tee. »Gott, ist das heute heiß!«
    »Fünfunddreißig Grad«, pflichtete ich ihr bei. Obwohl das für Birmingham im August völlig normal ist.
    »Wie dem auch sei« – Mary Alice griff nach einem weiteren Keks   –, »sie hat das Jefferson State Junior College besucht und einen Abschluss als Krankenschwester gemacht. Im September sollte
     sie anfangen, an der Uniklinik zu arbeiten. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sich das jetzt wegen der Hochzeit geändert
     hat.«
    »Was ist mit ihrer Familie?«
    »Sie ist bei ihrer Großmutter aufgewachsen. Ihre Mutter reist viel – hat irgend so einen Vertreterjob, meine ich. Über den
     Vater weiß ich nichts. Sunshine sagte nur, er habe nie existiert.«
    »Nun, zu einem bestimmten Zeitpunkt ist er offensichtlich in Erscheinung getreten. Und wenn ihre Mutter einen guten Job hat,
     was bringt dich dann auf die Idee, sie würde keinen Hosenknopf besitzen? So ein Tauchtrip in den Südpazifik kostet ein Vermögen.
     Wie konnte sie sich denn so was leisten?«
    »Sie hat ihn beim ›Glücksrad‹ gewonnen. Erinnerst du dich, als die Sendung in Atlanta war?«
    »Nicht zu fassen.«
    »Und dass sie nicht einen Hosenknopf besitzt, kannst du mir ruhig glauben. Du hättest den Wagen sehen sollen, mit dem sie
     herkam. Sie musste ihn die Auffahrt runterrollen lassen, damit er ansprang.« Mary Alice brach einen Waffelkeks auseinander
     und schleckte die Füllung heraus. »So viele Fehlzündungen bei einem Auto habe ich seit Langem nicht mehr gehört. Aber sie
    
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