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Mörder Quote

Mörder Quote

Titel: Mörder Quote
Autoren: T Hermanns
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siebte Staffel ist immer schwer, ich brauch da deine volle Kooperation!« Als Tanya das erste Mal den PR -Mann so erlebt hatte, war sie überzeugt davon, er wolle sie verarschen. Sie dachte, er würde ihr eine Persiflage vorspielen aus irgendeinem B-Movie, in dem der böse Presseagent das verschüchterte Starlet zu Indiskretionen drängt, derentwegen sie dann schließlich draufgeht und er tief gebrochen aus der Branche aussteigt.
    Aber nach ihrer ersten ganzen Stunde war ihr klar geworden, dass der aalglatte Mittdreißiger de Bruyn das alles, inklusive seiner englischen Maßschuhe und seiner navyblauen Hemden, wirklich ernst meinte. Das ganze Konzept Peter de Bruyn war sogar äußerst bitterer Ernst. Und als er dann ihre alten Gymnasiums-Zeugnisse mit den schlechten Mathenoten ausgegraben hatte und an die Presse unter der Überschrift »Sind Blondinen sogar zu doof für eine Casting-Jury?« weitergegeben hatte, mit der Absicht eine »kontroverse Debatte« anzuzetteln, hatte sie begriffen, welche Rolle der Mann nun in ihrem Leben spielen würde. Sie hatte daraufhin aufs Gründlichste ihre Vergangenheit durchforscht, bevor er es – immer im Dienst der Show natürlich – selber tun würde.
    Leider gab es aus ihrer alten Profimodel-Zeit noch einige hässliche Agentur-Bilder, die sie nicht ganz verstecken konnte – aus den Jahren, als ihr Portfolio noch aus Privat-Schnappschüssen vom Strand auf Ibiza bestanden hatte sowie den sehr schönen Fotos mit 80er-Jahre-Katzenpullovern und den entsprechenden Laura-Branigan-Haaren vor dem Weihnachtsbaum im elterlichen Reihenhaus.
    Aber ganz Schlimmes war Gott sei Dank nicht dabei. Keine Schönheits- OP s, keine Drogen, keine Magersucht, keine Pornos. Auch die Änderung ihres bürgerlichen Namens von Tanja Becker zu Tanya Beck war in der Modelwelt normal. Wobei sie sich damals vielleicht beim Nachnamen etwas mehr hätte anstrengen können, um all diesen Bier-Gags zu entgehen.
    Blieb nur die Sache mit ihrem Alter – aber das war heutzutage nun wirklich keine Schlagzeile mehr wert. » TV -Moderatorin schummelt bei ihrem Alter« würde genauso wenig Zeitungen verkaufen wie »Pole schmelzen weiter«. Es war trotzdem amüsant zu beobachten, wie oft diese »holländische PR -Cruise-Missile« (O-Ton Produzent) versucht hatte, einen Blick auf ihren Personalausweis zu werfen, indem er zum Beispiel plötzlich im Flughafen am Schalter neben ihr auftauchte und sogar einmal von ihr erwischt worden war, als er ihre Handtasche durchsuchen wollte – nach einem Tempotaschentuch, wie Peter damals behauptet hatte. Warum ausgerechnet ihm in so einer Situation keine bessere Lüge eingefallen war, fragte sich Tanya noch heute. Wahrscheinlich war sein Koks gerade ausgegangen und sein Gehirn deshalb auf Stand-by gestellt.
    Apropos Stand-by – sie musste sich wieder konzentrieren. »Leider gibt es nichts Neues«, flötete sie scheinheilig und betrachtete dabei seinen zu engen schwarzen Designeranzug, der sich an der Hüfte schon etwas beulte. »Du weißt, ich bin die Nonne der Show! Frag doch mal deinen lieben Freund Marco.«
    Sie musste lächeln. Beim Namen des Jury-Obermotz zuckte sogar Peter zusammen wie der Teufel beim Weihwasser. Der Juryboss und eigentliche Chef der Show, Ex-Musikproduzent mit Sternzeichen Bulldogge und Aszendent Stalin, bestehend aus 85 Kilo reinem Testosteron, war der einzige Mensch, vor dem Peter Angst hatte. Wie übrigens jeder in der Show außer Tanya: Kandidaten, Mitarbeiter, Stargäste. Tanya nannte Marco Deutz heimlich »Hitlers unsympathischeren kleinen Bruder«. Nur das Publikum liebte ihn bedingungslos – besonders für seine »Sprüche«, wenn er wieder mal ein hilfloses minderjähriges Kandidatenhühnchen grillte und in aller Öffentlichkeit zerlegte wie einen Truthahn an Thanksgiving …
    »Mies, mieser, Marco!«, war sein berühmtester Spruch, den es inzwischen auch auf T-Shirts und Kaffeetassen gab. Für den guten Morgen an einem bestimmt sehr fröhlichen Frühstückstisch, dachte Tanya und schlug aus dramaturgischen Gründen elegant die Beine übereinander.
    »Ich hab Marco schon gefragt, der hat auch nichts«, schnaufte Peter fast kleinlaut. »Seine Neue ist eine thailändische Schönheitskönigin … aber das ist jetzt ja nicht so wahnsinnig überraschend …«
    So konnte man es auch formulieren, dachte Tanya, während sie sich ein stilles Wasser nachgoss. Marcos Frauenverbrauch und seine Vorliebe für stumme wunderschöne Asiatinnen waren in der deutschen
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