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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald
Autoren: Frank Goyke
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wird euch das Material gefehlt haben.«
    »Nein, das nicht. Wir haben natürlich improvisiert.« Der Spusi-Chef lachte, wurde aber sofort wieder ernst. »Eines unschönen Tages tauchte ein Mann dort auf, in Arbeitskleidung. Der holte sein Fortpflanzungswerkzeug raus und rieb es vor unseren Augen. Wir sind abgehauen und nie wieder zu dem Ort zurückgekehrt. Jedenfalls nicht als Kind.«
    »Wurde er wenigstens angezeigt?«
    »I wo. Wir haben nie darüber gesprochen. Aber viele, viele Jahre später – ich war schon bei der Kripo – bin ich doch mal rausgefahren und habe nach unserer Hütte gesucht.«
    »Du wolltest dich deinem traumatischen Kindheitserlebnis stellen.«
    »Nimm mich nicht auf den Arm! Ich war bloß neugierig. Und was soll ich dir sagen, ein paar Reste habe ich noch gefunden. Wir haben eben für die Ewigkeit gebaut.« Er räusperte sich und wandte sich an einen seiner Mitarbeiter: »Gibt’s frische Spuren?«
    »Der Boden ist noch feucht vom letzten Gewitter. Wir haben ein paar oberflächliche Fußabdrücke, die aber nicht verwertbar sind. Hier sind mehrere Personen herumgetrampelt.«
    »Und wann?«
    »Heute. Das Gewitter war ja erst letzte Nacht.«
    Wie aufs Stichwort begann es in der Ferne zu grummeln.
     
    Uplegger hörte das Kegeln im Himmel auch. Die vier Zeugen tauschten vielsagende Blicke: Sollte sich tatsächlich ein Unwetter nähern, würden sie heute nicht mehr arbeiten können. Allerdings würden sie das aufgrund der jüngsten Ereignisse nicht einmal bei strahlendem Sonnenschein.
    »Seit letztem Jahr wird in Deutschland die BWI3 durchgeführt, die dritte Bundeswaldinventur«, erklärte Viktor Kranz gerade, ein Endvierziger mit dem Habitus eines Intellektuellen, dessen Rücken vom Beugen über die Daten leicht gerundet war, und der eine hochmodische Brille mit roten Bügeln trug. Sein Jackett und das helle Oberhemd bildeten einen auffallenden Kontrast zu Jeans und Gummistiefeln. »Für die fachliche Koordination ist das Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut zuständig, also wir.«
    »Moment, Moment!« Uplegger stach mit dem rechten Zeigefinger in die Luft. »Man sagte mir, dass Sie aus Eberswalde kommen.«
    »Das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei als nachgeordnete Einrichtung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gliedert sich in insgesamt 15 Fachinstitute«, belehrte ihn Dominic Brauer – er mehr der Typus des jungen langhaarigen Umweltaktivisten mit Nickelbrille, Akne und Flanellhemd; Akne hatte er aber nicht, und für Flanell war es wohl zu heiß. Stattdessen trug er ein grünes T-Shirt mit der Aufschrift Der Baum dein Freund . »Das Institut für Waldökologie und Waldinventuren ist eines davon. In Rostock befindet sich das Institut für Ostseefischerei.«
    »Ich habe vor ein paar Monaten irgendetwas davon gelesen …«
    »Vielleicht, dass ein Diplomand des OSF im letzten Jahr den Nachwuchswissenschaftlerpreis Rostock’s 11 bekommen hat?«
    »Das wird es wohl sein«, sagte Uplegger.
    Der Forstrat, der ständig auf die Uhr schaute, drängelte: »Können wir endlich zur Sache kommen?«
    »Warum so eilig?«
    »Ich habe meiner Familie versprochen, dass wir abends zum Feuerwerk in den Stadthafen fahren.«
    »Dort ist übrigens das OSF«, sagte Brauer.
    Ole Pagels hatte noch kein Wort gesprochen und zeigte auch kein Zeichen von Ungeduld. Uplegger hatte den Eindruck, dass er mit den Gedanken woanders war, vielleicht bei der nächsten Spontandemo.
    »Was darf ich mir unter der BWI3 vorstellen?«, erkundigte sich der Kommissar. »Sie werden kaum deutschlandweit jeden einzelnen Baum auflisten?«
    »Oh, nein, das würden wir in zwei Jahren nicht schaffen.« Kranz nahm die Brille ab und blies über das Glas. »Die Bundeswaldinventur erfasst die Waldverhältnisse und forstlichen Produktionsmöglichkeiten auf Stichprobenbasis. An jedem Stichprobenpunkt wird ein quadratischer Trakt von 150 Metern Kantenlänge angelegt, und innerhalb dieser Grenzen wird der Baumbestand erfasst. Hauptsächlich geht es darum, die Kohlenstoffvorräte und ihre Veränderungen zu dokumentieren.«
    »Und so etwas braucht man?«, rutschte es Uplegger heraus.
    »Aber selbstverständlich«, entgegnete Kranz entrüstet.
    »Na ja«, bemerkte Brauer, »Ökologie ist das Etikett, aber da spielen andere Interessen mit. Die Regierung interessiert sich auch für die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Waldes. «
    Kranz schien widersprechen zu wollen, doch Wagenbach
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