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Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Titel: Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
Autoren: Peter O'Donnell
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dem Sturmboot auf dem Meer. Auf der Steuerbordseite saß Solon in der offenen Tür, die Füße auf der Schwelle.
    In der Hand hielt er das schußbereite Maschinengewehr. Beauregard Browne stieß das kleine Gummiboot vom Flugzeug ab und nahm das Paddel zur Hand. Der Colt, der Reverend Uriah Crisp gehört hatte, hing an seinem Gürtel. Er wußte, daß diese Vorsichtsmaßnahme überflüssig war, und er war auch sicher, daß Solon wußte, wie unnötig sein M-10 war, aber keiner hatte sich über den andern lustig gemacht. Modesty Blaise und Willie Garvin waren jetzt entweder auf der Insel oder – rätselhafterweise – ertrunken. Dennoch war es tröstlich, die Waffe am Gürtel zu spüren, und gut, daß Solon ihn deckte …
    Vorsichtig paddelte er zu dem Sturmboot. Er stellte fest, daß er, wenn er sich nicht konzentrierte, sekundenlang denkunfähig war, und das fand er zutiefst beunruhigend. Er versuchte, seine Gedanken beisammen zuhalten und sich zu sagen, daß Clarissa nicht in Gefahr sein konnte. Selbst wenn Blaise und Garvin sie überraschten, würden sie Clarissa nicht töten. Die beiden hatten eine gefährlich sentimentale Ader. Clarissa war in Sicherheit. Vielleicht gelang es ihr sogar besser als den Wächtern, mit ihnen fertig zu werden. Sie hatte wirklich einzigartige Fähigkeiten …
    Solon beobachtete das Schlauchboot. Es hatte sich nicht mehr als fünf Meter entfernt, als eine Hand mit beängstigender Kraft nach seinem Knöchel griff und er nach vorne gerissen wurde.
    Als er flach aufs Wasser fiel, schlug das M-10 gegen seine Brust; dann war es verschwunden. Die Hand packte ihn am Nacken und hob und drehte seinen Kopf. Er sah einen halbnackten Oberkörper in einem nassen schwarzen Hemd, ein Lederetui mit zwei Futteralen, aber nur einem Messer an der Brust; darüber Willie Garvins Kopf, die Tauchermaske über die Brauen geschoben, einen Sauerstoffapparat auf dem Rücken, den Schnorchel herabhängend; eine Hand war erhoben, um ihn ganz von der Türschwelle loszureißen. Die hellblauen Augen blickten erbarmungslos und hart.
    Es war das letzte, was Solon jemals sehen sollte. Mit tiefer Verachtung, aber ganz ruhig sagte Willie: «Modesty war Ihre Freundin. Sie wäre für Sie durchs Feuer gegangen.» Wieder schlug er Solons Gesicht auf das Wasser. Im selben Augenblick ließ er los, und sein Arm sauste wie eine Axt herab. Wie eine große stumpfe Klinge fiel seine Hand auf Solons Genick.
    Beauregard Browne hatte das erste schwere Aufklatschen gehört. Als er sich umwandte, krängte das kleine Boot plötzlich, und aus den Luftkammern gurgelten große Blasen. Im nächsten Augenblick lag er im Wasser und klammerte sich schreckerfüllt an den Rand des Bootes, in dem sich noch etwas Luft befand.
    Ein paar Meter weit weg tauchte ein Kopf mit einer Tauchermaske aus dem Wasser auf. Er sah das Schimmern eines schwarzgekleideten Körpers unter Wasser, und als Modesty die Hände hob, um die Maske wegzuschieben und den Schnorchel aus dem Mund zu nehmen, sah er, daß Modesty eines von Willies Messern in der Hand hielt und wußte, daß sie damit das Boot aufgeschlitzt hatte.
    Beauregard Browne machte die größte Anstrengung seines Lebens: mit kalkweißem Gesicht lächelte er sie an. «Also hier sind Sie, Süße. Woher haben Sie die Sauerstoffapparate?»
    Wassertretend blickte sie ihn ungerührt an. «Willie fand sie im Bootsraum, als er vorletzte Nacht ausbrach. Er nahm sie an Bord.»
    Wie Säure fraß der Haß an ihm. «Ach, Puppe, versuchen Sie nicht mir einzureden, daß Sie das alles geplant haben.»
    «Ich will überhaupt nicht mit Ihnen reden.»
    Das Schlauchboot begann langsam zu sinken. Einen Arm über den immer kleiner werdenden Rand gelegt, versuchte Beau sich hochzuziehen, während er mit plötzlich schriller Stimme sagte: «Es ist hübsch, mit Ihnen zu plaudern, Liebling, aber ich habe ein kleines Problem. Wissen Sie, ich kann nicht schwimmen, und wenn Sie mir nicht helfen, werde ich in ein, zwei Sekunden untergehen.»
    Aus fernen dunklen Augen blickte sie ihn an. «Das erspart mir eine ekelhafte Arbeit, denn es ist nicht unser Stil, Sie einen langsamen Tod sterben zu lassen.»
    Sein Mund – wie eine Wunde in einem weißen Gesicht – öffnete sich zu einem Schrei. Er warf den Kopf zurück, und die veilchenblauen Augen quollen aus den Höhlen, als das Entsetzen seiner gespielten Ruhe ein Ende machte. Seine freie Hand tauchte mit dem Colt auf. Er schüttelte die Tropfen aus dem Lauf, dann senkte er den Revolver und
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