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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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Erregung plötzlich wie erstarrt.
    Übelkeit, Wut und Hilflosigkeit erfüllten ihn, während er dem Mord zusah.
    Die starken Linsen ersparten ihm keine Einzelheit.
    Zwei Männer. Inselbewohner waren sie nicht. Einer von ihnen hielt einem Mädchen mit honigfarbenem Haar und in weißem Badeanzug die Hände auf den Rücken gedreht. Zwanzig Meter entfernt kniete am Rande des Wassers der zweite Mann. Unter ihm schlugen zwei schlanke, nackte Beine schwach auf den Boden. Von dem zweiten Mädchen konnte Willie nichts weiter sehen, denn sie lag mit dem Gesicht nach unten, während der Mann auf ihrem Rücken kniete, mit den Händen ihren Kopf hinunterdrückte und ihr Gesicht in den nassen Sand preßte.
    Willie Garvin stieß ein zitterndes Keuchen aus. Gäbe man ihm jetzt ein Gewehr, so hätte er beide Männer in Sekunden umgelegt. Aber hier gab ihm niemand ein Gewehr. Wenn er es mit einem Weg weiter landeinwärts versuchte, würde er zehn Minuten brauchen, um die Männer zu erreichen; noch länger würde es wahrscheinlich dauern, wenn er den direkten Weg wählte, durch die Bucht und über den dahinterliegenden Hügelkamm, denn die Abhänge bestanden aus stark zerklüftetem Gestein, so daß er mehr Zeit mit Klettern als mit Rennen verbringen würde.
    Zehn Minuten …
    Die langen, schlanken Beine bewegten sich nicht mehr. Er sah, wie der Mann aufstand. Das Mädchen lag still. Jetzt konnte Willie sie deutlicher erkennen. Sie trug einen Bikini, und ihr Haar war dunkler als das ihrer Freundin. Eine Sekunde lang sah er auch das Gesicht des Mannes und erkannte es sofort – nicht das Gesicht an sich, sondern den Typ. Er hatte ihn überall in der Welt schon hundertmal gesehen. Es war das kalte, sonderbar ausdruckslose Gesicht des Professionellen – des professionellen Killers, dessen Pistole, Messer oder Hände man mieten konnte. Es war ein großer Mann mit breitem Brustkasten in schwarzer Hose und einem kurzärmeligen weißen Hemd. Gesicht und Unterarme waren vom Sonnenbrand gerötet und wiesen ihn als Stadtmenschen aus. Deutlich hob sich der Riemen seines Schulterhalfters ab.
    Leise und haßerfüllt fluchte Willie Garvin vor sich hin. Er sah, wie der Killer den Körper des Mädchens ins seichte Wasser zerrte und sich dann bückte, um ihren Kopf unter Wasser zu halten.
    Dann sollte es also nach einem Unfall aussehen. Tod durch Ertrinken. Man würde irgendwann das blauweiße Boot finden, das dort im Flachwasser festgemacht lag. Wenn man die Leiche des Mädchens überhaupt fand, würde man Wasser in den Lungen feststellen. Von Gewaltanwendung keine Spur.
    Aber woher waren die beiden Männer gekommen?
    Zwei Männer …
    Rasch fuhr er mit dem Fernglas herum. Er hatte einen Augenblick lang das andere Mädchen und dessen Bewacher in seinem Entsetzen darüber, Zuschauer bei einem so kaltblütigen, methodischen Mord zu sein, völlig vergessen. Er dachte daran, zu schreien. Wenn die beiden Killer wußten, daß sie beobachtet wurden, konnte das vielleicht das zweite Mädchen retten. Doch schon während er daran dachte, wußte er, daß es sinnlos war. Der Wind blies ihm ständig direkt ins Gesicht, und kein Schrei würde die Entfernung überbrücken.
    Noch immer wurde sie in diesem schmerzhaften Griff gehalten. Wollten die beiden sie auch töten? Und wenn ja, warum eine nach der andern? Gleichgültig, warum. Vielleicht gab ihm das eine Chance, den Ort der Handlung zu erreichen, mochte es auch eine winzig kleine Chance sein. Er wollte gerade das Fernglas absetzen, als eine plötzliche Bewegung ihn innehalten ließ. Das Mädchen mit dem honigfarbenen Haar hatte etwas unternommen, nach hinten ausgeschlagen vermutlich, und dabei gut getroffen. Sie war frei und rannte weg, während ihr Bewacher einen Augenblick gekrümmt stand und mit der Hand seine Hoden hielt. Dann begann er ihr nachzustürzen. Wie sein Kumpan trug auch er eine Pistole im Schulterhalfter. Und er hatte das gleiche Gesicht, die gleiche Art Gesicht wie der andere.
    Willie behielt das Mädchen im Brennpunkt.
    «Nur zu, Schätzchen», murmelte er verzweifelt.
    «Lauf!»
    Er konnte jetzt ihr Gesicht sehen – ein junges, von Angst verzerrtes Gesicht. Ihre Lippen schienen gespitzt, und es sah fast aus, als ob sie pfiff. Noch merkwürdiger war, daß sie ihre Arme im Laufen in voller Länge vor sich ausgestreckt hielt. Sie geriet leicht von der Strandlinie ab. Direkt vor ihr erhob sich ein niedriger Felsblock aus dem Sand. Einen Augenblick lang dachte Willie, sie wollte über ihn
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