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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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Fleisch zwischen knorrigen Fingern.
    «Ist okay», sagte er, schob die Pfeife wieder in den Mund und kehrte zu dem Haufen Austern im Fischbehälter des Bootes zurück, von denen er jede mit einer raschen Bewegung seines kurzen, breiten Messers öffnete, das schlüpfrige Fleisch mit den Fingern tastend abdrückte, danach das schimmernde Innere der Schale eingehend musterte, ehe er sie auf einen Haufen anderer Schalen hinter sich warf.
    Luco war ein Indio, der erst ein einziges Mal in seinem Leben die gewaltige, vierzig Meilen weite Reise von Palato im Perlen-Archipel zum Festland von Panama unternommen hatte. Er war fünfzig, sah aus wie siebzig und hatte sein Alter vergessen. Von vielen Jahren Perlentaucherei in der Vergangenheit war sein Körper verkrümmt. Vor zehn Jahren war seine Frau beim Tauchen ums Leben gekommen. Luco hatte eine Jüngere geheiratet, die ständig an ihm herumnörgelte.
    Vor zwanzig Generationen hatte der große Balboa eine Handvoll Spanier in einem sagenhaften Eroberungszug quer über den Isthmus von Panama geführt.
    Er war der erste Europäer, der den Pazifik mit eigenen Augen sah. Er hatte die Tochter des Stammeshäuptlings Careta von den Cuna-Indianern zu seiner Geliebten genommen und war ihr ein Leben lang treu geblieben.
    Von den Perlen-Inseln hatte man ihn dann auf das Festland gelockt, wo ihn ein Gericht und der Tod durch den Strang erwarteten. Aber auf den Perlen-Inseln hatte er mit seiner Geliebten den Anfang eines Stammes gezeugt, der zu Luco führte.
    Luco wußte das nicht und würde es auch nie erfahren. Für ihn war Balboa Geld, die Währung Panamas, ungemünzt, aber im Wert dem amerikanischen Dollar gleich. Wenn er Glück hatte, verdiente er im Jahr vielleicht zweihundert Balboa. Aber dieses Jahr würde es anders sein. Dieser merkwürdige Americano, der gar kein Americano war, zahlte ihm für jede Woche Arbeit den Lohn eines vollen Jahres.
    Erstaunlich, dachte Luco, während seine Hände sich geschickt der automatisch verrichteten Aufgabe widmeten: eine Schale aufbrachen, den Schließmuskel durchschnitten, die sehnige Masse abtasteten und über das glänzende Innere der Schale glitten auf der Suche nach einer Erhöhung, in der sich möglicherweise eine Perle verbarg, und schließlich die Schale beiseite warfen.
    Wirklich erstaunlich.
    Und wie dieser Americano … wie hieß er doch?
    Wuiellie? Wie er arbeitete, das war ebenso erstaunlich.
    Schon seit einem Monat brachte er täglich mindestens zweihundert Muscheln herauf. Sie hatten zwei sehr schöne runde Perlen gefunden, außerdem vier Knopfperlen, zwei Tropfenperlen und vielleicht ein Dutzend Barock- und Staubperlen von geringem Wert. Aber keine – und das war doch wirklich Wahnsinn – außer den zwei runden Perlen hatten den Americano überhaupt interessiert. Alle übrigen hatte er Luco gegeben, und dazu auch noch alle Schalen, die ihrerseits auch einiges wert waren.
    «Staubperle», sagte Willie Garvin und zog seine Finger aus dem schlüpfrigen Innern einer Muschel. Vorsichtig legte er das winzige Perlmuttknöpfchen in Lucos offene Hand. Luco überprüfte es, stieß ein Knurren aus, das alles mögliche bedeuten konnte, wickelte die Perle dann in ein Stück Stoff und schob sie in einen kleinen Beutel, den er an einer Schnur um dem Hals gebunden trug.
    Willie grinste. Er wußte, daß Luco ihn für verrückt hielt. «Zum Verkaufen sind die viel zu schade, Luco», sagte er. «Du solltest sie in Essig auflösen und sie trinken.
    Genau wie Cleopatra. Da bist du im Bett wieder topfit, und deine Alte hört eine Weile auf, an dir herumzunörgeln. Vielleicht heitert es dich sogar ein bißchen auf, du elender alter Kerl.»
    Luco zuckte verständnislos die Achseln und nahm eine neue Muschel auf.
    Beide arbeiteten sie unter der heißen Sonne weiter.
    Vier Meilen östlich von ihnen lag die Isla del Rey. Im Westen wurde die Küste von San José von heißem Dunst verschleiert. Dazwischen befand sich die mit vielen kleinen, steil aus dem Meer aufragenden bewaldeten Inseln durchsetzte Süd-Passage. Die jetzt allmählich sinkende Sonne brannte immer noch heiß.
    Willie Garvin warf die letzte Schale beiseite und begann den kleinen Anker einzuziehen. «Machen wir Schluß für heute, Luco», sagte er. «Morgen früh fangen wir zeitig wieder an.»
    Luco reffte das Segel und brachte das alte Boot vor den Wind. Sein Heimatdorf lag auf Paloto, zwei Meilen nördlich. Vierhundert Meter von Backbord lag eine kleine braungrüne Insel mit einem langen
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