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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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Garvin packte das volle, ölige Haar und drückte das Gesicht des sich wehrenden Mannes einen Augenblick fest herunter, während er das Mädchen beiseite rollte. Dann riß er den Kopf jäh in die Höhe und schlug im gleichen Moment mit einer spatenscharfen Hand in die Beuge des Genicks.
    Es gab ein schwaches, aber hörbares Knacken.
    Willie Garvin richtete sich auf und ging sein Messer holen. Er reinigte es im Sand, ließ es in die Scheide gleiten, nahm dann das Mädchen auf und begann stetig den Pfad hinaufzumarschieren, indem er sich nach links zu dem Hang bewegte, über den man in die Bucht gelangte, wo Lucos Boot lag.
    Sein Verstand tickte ganz ruhig und erwog die verschiedenen Möglichkeiten. In spätestens zwanzig Minuten würde Gabriel sich über die Verzögerung wundern und jemand losschicken, der nachsehen sollte.
    Weitere fünfzehn Minuten, dann würde er genug wissen, um die Yacht zu starten und Ausschau nach einem Boot zu halten, in dem sich das Mädchen und derjenige befinden mochte, der die beiden Killer umgelegt hatte.
    Diese Zeit würde nicht ausreichen, um mit Lucos alter Badewanne in Sicherheit zu gelangen.
    Die Grotte. Sie lag unter dem nördlichen Ausläufer der Insel und wurde durch einen Felsvorsprung verdeckt. Nur die Inselbewohner in der unmittelbaren Umgebung wußten von ihr. Die Einfahrt war groß genug, um Lucos Boot mit umgeklapptem Mast passieren zu lassen. Dort konnten sie in Sicherheit ein paar Stunden warten. Nach dem Dunkelwerden würde Gabriel die Hoffnung aufgeben.
    Einen Augenblick lang schaute er auf das Mädchen in seinen Armen herunter. Sie war leicht, vielleicht 110 Pfund, zartknochig mit festen Gliedern. Anfang Zwanzig, schätzte er. Das Gesicht war weder hübsch noch schön, es hatte irgend etwas, das zwischen beiden Begriffen lag. Es wirkte hartnäckig und zugleich verwundbar, das Gesicht eines Kämpfers, der es gewohnt ist, harte Schläge hinzunehmen, der sich ihnen aber immer wieder aussetzt und niemals aufgibt. Das rührte eine tiefliegende Saite in Willies Innern an. Jetzt hatte sie einen weiteren Schlag erhalten. Und wenn sie zu sich kam, wenn die Lider ihrer blicklosen Augen sich öffneten, würde er ihr sagen müssen, daß ihre Freundin ermordet worden war.
    Er verspürte eine würgende Vorahnung im Magen und wünschte sich wieder, daß Modesty Blaise bei ihm wäre.
    Eine Stunde war vergangen, und auf dem sandigen Pfad neben dem dürren Baum standen zwei Männer – zwei lebende Männer.
    McWhirter richtete sich von dem Leichnam auf und wischte die feuchten Hände an seinem Hemd ab. «Eddie hat einen Genickbruch», sagte er und ging zu der Stelle zurück, wo der zweite Tote lag.
    Gabriel hatte die Hände in die Taschen seines leichten cremefarbenen Jacketts geschoben und starrte ins Leere. «Genickbruch», wiederholte er ausdruckslos.
    «Und dies war ein Messer?» Er stieß den auf dem Rücken liegenden Leichnam mit dem Fuß an.
    «Klar. Was sonst?»
    «Was für ein Messer?»
    «Ein großes jedenfalls.» McWhirter starrte auf die klaffende Wunde. «Das ist mit ’nem Blutstillstift nicht zu kurieren.» Mit zusammengekniffenen Augen blickte er aufmerksam um sich. «Ich möchte sagen, es wurde geworfen. Margello war zu gut, als daß er jemand dicht an sich herankommen ließ.» Mit leblosen Augen starrte Gabriel nach Westen, wo die untergehende Sonne das Meer in einen glänzenden Schild aus rotschimmerndem Stahl verwandelte. «Garvin», sagte er leise und bestimmt.
    «Ist aber keins seiner üblichen Messer.» McWhirter rieb sich zweifelnd das Kinn. «Verglichen mit diesem sind seine Messer Zahnstocher.»
    «Garvin», wiederholte Gabriel ohne besonderen Nachdruck. «Ich weiß nur nicht, wie oder warum das möglich war.» Seine Augen gewannen an Schärfe und wanderten von einem Leichnam zum andern. «Aber Garvin war hier.»
    «Ohne die Blaise?»
    «Das bedeutet nur, daß es ein Zufall war.»
    «Verdammter Zufall!»
    Gabriel schüttelte den Kopf, und einen Augenblick lang blitzte etwas in den ausdruckslosen Augen auf.
    «Nein. Das mußte so kommen.»
    Nachdenklich musterte McWhirter seinen Chef. Irgend etwas war bei Gabriel verlorengegangen seit jenem Tag vor zwei Jahren, als er alle Trümpfe in der Hand gehalten und dennoch eine Niederlage erlitten hatte.
    Die Macht, die Intelligenz, die eiskalte Kalkulation waren wohl noch vorhanden; aber jenes Element totalen Selbstvertrauens in ihm war angeknackt worden.
    McWhirter, der ihm schon viele Jahre diente, war zu der
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