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Models usw.

Models usw.

Titel: Models usw.
Autoren: Matthias Goosen
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und lachte mich aus.
      „Und was ist mit dem Tierkatalog? Hä? Da hast du auch gesagt, dass ich einen Auftrag bekäme!“
      „Daniel, ich wusste zu diesem Zeitpunkt, als ich dich dafür vorgeschlagen habe, auch nicht, dass sie echte, blinde Models mit ihren Tieren suchen. Du bist ein echtes Model, aber nicht blind!“
      „Konntest du denen nicht erklären, dass das keinen Unterschied auf dem Foto macht?“
      „Das habe ich versucht, wirklich, und ich habe über deine Qualitäten gesprochen, aber du bist nun mal nicht blind.“ Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und sagte dann: „Aber wenn ich es mir recht überlege, hast du mich schon lange nicht mehr von deinen Qualitäten überzeugt.“
      „Raphael, das ist doch wohl das Lächerlichste, was ich heute gehört habe.“
      „Es ist 7:35 Uhr und du nennst mein Angebot lächerlich?“
      Big Boss, der nur Big und weniger Boss ist, versucht e mich dahingehend zu überreden, ihn einen zu blasen, aber bevor ich das tat – und ich habe es schon einmal getan –, werde ich alles hinschmeißen und irgendwo in einem Supermarkt, als Regalbetreuer zu arbeiten anfangen. Also, nicht das ich den Eindruck erwecken möchte, nicht gerne Schwänze zu blasen, aber der Schwanz meines Chefs besaß nun wirklich nicht die Qualitäten, die ich bevorzugte. Seiner war dünn, abgeknickt und schwer steif zu kriegen. Und obendrein war er ein beschränktes Arschloch, was die Sache nur noch unattraktiver machte.
      „Raphael, ich bitte dich ein allerletztes Mal, mir zu helfen, mir lukrative Angebote zu verschaffen, sonst …“
      „Sonst , was?“, sagte er stolz, irgendwie erhaben, so als hätte er gerade vor, mir zu zeigen, wie wichtig er in der Modelbranche doch war, was für ein ausgeklügelter Fuchs er, Raphael Jurus, doch wäre, der viele Modeschöpfer und die Penisse männlicher Models kannte.
      „Sonst muss ich mir ein zweites Standbein aufbauen und von Modelling zurücktreten.“
      Er lachte. Er lachte. Lachte er mich aus? – Schon wieder?!
      „ Daniel, du gehörst zu dieser Sorte Mensch, die ich von weitem gesehen habe und wusste, dass sie in der Modelbranche groß rauskommen wollen. Narzissmus pur. Ich habe gesehen, wie du dich für den Laufsteg vorbereitest, wie du männliche Posen geübt hast, um als heterosexuell durchzugehen. Du bist schwul und du weißt, dass man in der Modelbranche heterosexuelle Typen bevorzugt. Die paar jungen Tunten, die über den Laufsteg watscheln, haben nichts in der Hose, aber du schon, du hast das Zeug zu etwas Großem.“
      „Dann mach mich groß, du profitierst doch auch davon.“
      „Nein, ich profitiere nicht davon. Du hast dich schon zu sehr über mich beschwert, hinter meinem Rücken geredet, mein Vertrauen missbraucht. Denkst du, das weiß ich alles nicht, denkst du, ich weiß nicht, wie du hinter meinen Rücken mit deinen sogenannten Freunden über mich sprichst? Du bist ein niemand, wenn ich dir keine Aufträge verschaffe. Also knie dich hin und blas mir einen, sonst werde ich dir niemals wieder einen Auftrag geben.“
      Das waren harte Wort e. Während in Raphaels Büro jede Woche ein neues Bild von irgendeinem italienischen Maler aufgehängt wurde, verkaufte ich jede Woche ein altes Möbelstück aus meiner völlig überteuerten Model-WG, die ich mir kaum leisten konnte. Seit der letzten Mieterhöhung lebte ich am Limit.
      Okay, ich musste Bilanz ziehen: Ich war gerne Model, ich liebte es im Blitzlichtgewitter zu stehen und mich und meinen Körper bewundern zu lassen. Ich fühlte mich gut, wenn ich mir morgens und abends das Gesicht mit einer Anti-Falten-Creme, die ich aus Amerika importierte, in das Gesicht schmierte und einmal im Monat eine Sauerstofftherapie beim Onkel Dokter im Hinterhof (er kassierte die Kohle schwarz) über mich ergehen ließ. Das alles kostete schon mal sehr viel Geld. Der Rest ging für Miete, Versicherung, Fitnessstudio und spezielle Diätspeisepläne drauf. Das Thema Wellness war mir ebenso wichtig wie das Thema Anti-Aging, deshalb erhob ich mich, aber nicht um zur Tür hinauszugehen und „Au revoire“ zu sagen, sondern um mich zwischens seine Beine hinzuknien. Ich hasste das, aber Plan B, die Karriere als Regalbetreuung war noch nicht so richtig durchdacht worden und gewollt schon gar nicht.
      Scheiß Zwangsarbeit.
     
    *
     
    Eine halbe Stunde später ging es Raphael besser und mir dafür schlechter. Ich kotzte mich am WC die Seele aus dem Leib, weil ich den
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