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Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Soldat im gesamten Heer der Konföderierten Staaten von Amerika geschafft hatte. Nämlich ihren Revolver ziehen und Major Baron Nathaniel Cain kurzerhand erschießen.
     
    Baron Cain war ein ungeheuer anziehender Mann, aschblond, mit markanten Zügen und stahlgrauen Augen, was seinem Gesicht den verwegenen Anstrich eines Lebemannes verlieh. Und er langweilte sich. Zugegeben, Dora Van Ness war schön und begehrenswert, trotzdem bereute er seine Einladung zum Dinner. Er war nicht in der Stimmung für ihr oberflächliches Geplapper. Zweifellos war sie zum Äußersten bereit, was ihn aber nicht davon abhielt, genießerisch seinen Brandy zu schlürfen. Frauen hatten sich seinen Wünschen zu fügen und nicht umgekehrt, und einen alten Brandy kippte man nicht einfach so hinunter.
    Der frühere Besitzer des Hauses hatte einen gepflegten Weinkeller besessen, alle Achtung. Inzwischen waren dessen Inhalt sowie das Anwesen an Cain übergegangen, seinen eisernen Nerven und einem Royal Flash sei Dank! Er nahm einen Zigarillo aus dem hölzernen Humidor, den die Haushälterin auf den Tisch gestellt hatte, schnitt das Ende
ab und zündete ihn an. Ein paar Stunden später wurde er in einem der exklusiven New Yorker Clubs zu einem hochkarätigen Pokerspiel erwartet. Aber vorher wollte er noch Doras erotische Reize auskosten.
    Als er sich im Sessel zurücklehnte, bemerkte er, wie sie seinen rechten Handrücken mit der entstellenden Narbe fixierte. Es war eine von vielen, die er sich im Krieg zugezogen hatte, aber dergleichen fand sie wohl erregend.
    »Ich glaube, du hast mir den ganzen Abend nicht zugehört, Baron.« Sie befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen und lächelte lasziv.
    Er hatte Erfolg bei Frauen, obwohl ihm sein Aussehen herzlich egal war. Cain sah es eher so, dass er sein Gesicht von einem willensschwachen Vater geerbt hatte und von einer Mutter, die für jeden Mann, der ihr gefiel, die Beine breit gemacht hatte.
    Mit vierzehn hatte er zum ersten Mal gemerkt, dass das andere Geschlecht ihn anhimmelte. Damals hatte ihm das geschmeichelt. Inzwischen, gut zwölf Jahre später, fand er es nur noch lästig. »Natürlich habe ich dir zugehört. Du hast mir sämtliche Gründe aufgezählt, warum ich für deinen Vater arbeiten sollte.«
    »Er ist sehr einflussreich.«
    »Ich habe bereits eine Beschäftigung.«
    »Also wirklich, Baron, das kann man wohl kaum als ernsthafte Beschäftigung bezeichnen. Eher als angenehmen Zeitvertreib.«
    Er sah sie fest an. »Was heißt hier angenehm? Mit dem Glücksspiel verdiene ich mir meinen Lebensunterhalt.«
    »Aber…«
    »Magst du mit mir nach oben gehen, oder soll ich dich lieber nach Hause bringen? Ich möchte dich nicht zu lange aufhalten.«
    Unvermittelt war sie auf den Beinen und Minuten später
in seinem Bett. Ihre vollen Brüste waren sinnlich-üppig, und er konnte gar nicht verstehen, wieso er nicht richtig in Stimmung kam.
    »Tu mir weh«, flüsterte sie. »Nur ein bisschen.«
    Er hatte es satt, jemandem wehzutun, zumal er im Krieg genug Schmerz und Leid mit angesehen hatte. Seine Mundwinkel zuckten zynisch. »Was immer die Dame wünscht.«
    Später, als er allein war und sich für den nächtlichen Ausflug umgekleidet hatte, schlenderte er gedankenvoll durch die Zimmerfluchten des herrschaftlichen Anwesens, das er beim Kartenspiel gewonnen hatte. Ganz entfernt erinnerte es ihn an das Haus, in dem er aufgewachsen war.
    Er war zehn gewesen, als seine Mutter weggelaufen war und ihn mit dem hochverschuldeten Vater in einem heruntergekommenen Herrenhaus in Philadelphia zurückgelassen hatte. Drei Jahre später war sein Vater gestorben. Man hatte ihn in ein Waisenhaus gebracht, von wo er gleich in der ersten Nacht getürmt war. Er kannte nur ein Ziel: Richtung Westen.
    Zehn lange Jahre war Cain von einer Stadt in die nächste gezogen, hatte Vieh gehütet, Eisenbahnschienen verlegt und nach Gold gegraben, bis er zufällig feststellte, dass er ein Händchen fürs Kartenspiel hatte. Der Westen war das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und brauchte gebildete Männer, allerdings hielt er die Fähigkeit des Lesens und Schreibens vor der Öffentlichkeit verborgen.
    Die Frauen verliebten sich scharenweise in den gut aussehenden Jungen mit dem kantigen Profil und den rätselhaft kühlen Augen. Keine schaffte es jedoch, ihn aus der Reserve zu locken. Ihm fehlten die tiefen Gefühle, mit denen ein liebevoll behütetes Kind heranwuchs. Ob sie für
immer erloschen oder nur verdrängt waren,
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