Mitternachtspalast

Mole vor meinem Haus und blickte aufs Meer hinaus. Der Umschlag war im Postamt von Kalkutta abgestempelt, und darauf stand mein Name in einer Handschrift, die ich niemals vergessen könnte, und wenn ich hundert Jahre alt würde. Darin fand ich, in mehrere Schichten Papier eingewickelt, ein Medaillon in Form einer Sonne, die Hälfte jenes Medaillons, das Aryami Bosé in jener tragischen Nacht des Jahres 1916 , als sie Ben und Sheere trennte, geteilt hatte.
    Als ich heute im Morgengrauen die letzten Zeilen dieser Erinnerungen niederschrieb, breitete der erste Schnee des Jahres sein weißes Tuch vor meinem Fenster aus, und nach all den Jahren kehrte die Erinnerung an Ben zu mir zurück wie ein leises Echo. Ich sah ihn durch die Menschenmengen in den lebhaften Straßen Kalkuttas streifen, umgeben von tausend unbekannten Geschichten wie der seinen, und zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass mein Freund genau wie ich schon ein alter Mann sein muss, dessen Uhr bald ablaufen wird. Es ist seltsam, wie uns das Leben zwischen den Fingern zerronnen ist …
    Ich weiß nicht, ob ich noch einmal von meinem Freund Ben hören werde. Aber ich weiß, dass irgendwo in der geheimnisvollen
Schwarzen Stadt
noch immer der Junge lebt, von dem ich mich an jenem Morgen, als es schneite über Kalkutta, für immer verabschiedete. Ich weiß, dass er die Flamme der Erinnerung an Sheere wachhält und den Moment herbeisehnt, da er sie in einer Welt wiedertreffen wird, in der nichts und niemand sie jemals mehr trennen kann.
     
    Ich hoffe, du findest sie, mein Freund.