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Mitternachtserwachen

Mitternachtserwachen

Titel: Mitternachtserwachen
Autoren: Linda Mignani
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Sie wollten ihn nicht auf der Stelle umbringen, sondern ihn quälen und vergewaltigen.
    Stahl bohrte sich durch seinen Schwertarm, nagelte ihn auf die Erde. Die Magie der Waffe lähmte ihn, und der Schmerz erfasste heiß seine Nervenbahnen. Mit einem grausamen Lachen zog sie langsam die gewellte Klinge heraus. Furcht verschlang ihn, raste wie eine mitleidslose Melodie seinen Körper entlang, bis der entsetzliche Klang in seinem Schädel hallte. Die Jägerin setzte sich rittlings auf ihn, schob die Hände unter seine Hüften und nestelte an dem Knopf seiner Hose.
    Sie wurde von ihm geschleudert.
    Seine Mutter rannte auf sie zu, vollführte mit den Händen ein kompliziertes Muster, und eine Schutzglyphe umhüllte ihn. Dann zog sie ihr Schwert, welches aufblitzte, und die eingravierten Runen erwachten zum Leben.
    Verdammt, nein!
    Eine Glyphe zu errichten, kostete eine Menge Kraft, schwächte seine hochschwangere Mutter, man sah es ihr bereits nach wenigen Schlägen an. Zwei weitere Jägerinnen griffen gemeinsam an, die Bewegungen auf eine schrecklich schöne Weise synchron.
    Sie ließen sich Zeit, spielten mit ihr, verletzten sie, um ihr Sterben qualvoll zu gestalten, während er hilflos auf der kalten Erde lag, nichts tun konnte, außer dabei zuzusehen, wie seine Eltern und das ungeborene Kind starben. Lior schaffte es nicht, die Lider zu schließen. Wie festgefroren waren sie. Sein Vater schrie vor Schmerz und Wut, und der Schrei endete in einem Gurgeln, so grauenvoll, dass Lior beinahe an seinen Tränen erstickte. Außerhalb der Schutzglyphe lag sein Schwert. Aber es hätte ihm sowieso nichts genutzt.
    Die Killerinnen traten auf ihn zu, die eine hielt das abgetrennte Haupt seines Vaters an den blonden Haaren.
    Zwei holten zum Todesstoß aus und durchbohrten den Rücken seiner Mutter Dona. Sie fiel auf die Knie, fixierte seinen Blick, bis das Leben in den grünen Augen erstarb und nur noch Grau verblieb. Sämtliche Farben schienen auszubleichen, nur das Rot des Blutes schimmerte in dem rasch verblassenden Licht. Sie hatte ihm erzählt, er würde eine Schwester bekommen – Liara. Aus ihrem Bauch löste sich ein Schimmern und vermischte sich mit dem Nebel der kalten Nacht.
    Lior drehte sich mühsam auf den Rücken und starrte auf den dunklen Himmel. Bald würde der Schutzzauber seine Magie verlieren. Er sehnte den Tod herbei.
    Die Marbhadair schnellten herum, doch diesmal waren sie es, die die Minderzahl bildeten.
    Vampire der Dunkelheit, an der Spitze ihr König Exodus, und die Lugus, angeführt von Nosferat, betraten das Schlachtfeld.
    Die Luft um Exodus war von einem Schwarz, dermaßen undurchdringlich, dass seine helle Haut und die eisblauen Pupillen glimmerten.
    Das erste Mal in seinem Leben war Lior froh, einen Vampir der Dunkelheit zu sehen.
    Exodus hielt eine lange gezackte Klinge in der Hand und flog förmlich auf die Jägerin zu, die dem Blutsauger das Haupt seines Vaters entgegenwarf. Er duckte sich lässig.
    „Breganna, wie nett, dich endlich anzutreffen.“
    Die Schlange war schnell, doch verglichen mit Exodus wirkten ihre Bewegungen langsam, fast ungelenk. Auch Exodus ließ sich Zeit und verteilte die Stücke der Jägerin auf der Lichtung.
    Sie metzelten die Marbhadair mit einer Grausamkeit nieder, die an Lior verloren ging. Sie verdienten es. Er wusste, dass Breganna Exodus’ Gefährtin sowohl zwei seiner Kinder getötet hatte.
    Als es vorüber war, berührte Nosferat die Glyphe, und sie fiel schimmernd zusammen.
    Der Oberste legte ihm die Handfläche auf die Stirn, bis seine Kräfte die Pein in Liors Arm eindämmten und die Magie neutralisierten. Er reichte Lior die Hand, um ihn auf die Füße zu ziehen.
    „Komm, Junge. An diesem Ort gibt es nur noch Leid.“ Nosferat hob Lior hoch wie ein Kind, das er nicht mehr war. Lior schämte sich seiner Tränen nicht, denn sie vermischten sich mit denen von Nosferat.
     
    Die Andersartigen arbeiteten zusammen, bis sie die restlichen Marbhadair ausgerottet hatten, die sich auf der Erde versteckt hielten. Mit den Jahrhunderten verblassten die Erinnerungen, aber der Schmerz blieb in Lior, auch wenn er sich kaum noch an die Gesichter seiner Eltern erinnern konnte. Doch das grauenvolle Gefühl, das er bei dem Eintreffen der Jägerinnen gespürt hatte, fühlte er deutlich in den einsamen Nächten, in denen Albträume ihn heimsuchten. Er durchlitt Liaras Tod, die gestorben war, ehe sie richtig gelebt hatte.

Kapitel 1
     
    Kendra trieb Lior mit funkelnden Augen und
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