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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht
Autoren: Dean R. Koontz
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Etwas... Er war Reporter, und allmählich bekam seine Neugier wieder die Oberhand. Etwas war geschehen und er wollte herausfinden, was das war. Etwas Beunruhigendes. Sehr beunruhigendes. Aber jetzt war es vorbei.
    Er zitterte.

41
    Als sie das Haus in Sherman Oaks betraten, hatte Scott die Stereoanlage so sehr aufgedreht, daß die Fenster vibrierten.
    Sam ging die Treppe zum zweiten Stock hinauf und bedeutete Tessa und Chrissie, ihm zu folgen. Sie zögerten und waren wahrscheinlich verlegen und kamen sich fehl am Platze vor, aber er war nicht sicher, ob er tun konnte, was getan werden mußte, wenn er alleine dort hinaufging.
    Die Tür zu Scotts Zimmer war offen.
    Der Junge lag auf dem Bett, er hatte schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd an. Er hatte die Füße auf dem Kopfkis sen und den Kopf am Fußende, auf Kissen gestützt, so daß er die Poster an der Wand hinter dem Bett betrachten konnte: Black Metal Rocker, die Leder und Ketten trugen, einige mit blutigen Händen, andere mit blutigen Lippen, als wären sie Vampire, die gerade getrunken hatten, andere hielten Schädel, einer gab einem Totenschädel einen Zungenkuß, ein anderer hielt die hohlen Hände voll glänzender Maden.
    Scott hörte Sam nicht eintreten. Da die Musik so laut war, hätte er wahrscheinlich eine Atombombenexplosion im Bad nebenan nicht gehört.
    Vor der Stereoanlage zögerte Sam und fragte sich, ob er das Richtige tat. Dann lauschte er den keuchenden Worten des Stücks, die von abgehackten Gitarrenakkorden begleitet wurden. Es war ein Stück, das davon handelte, die eigenen Eltern umzubringen, ihr Blut zu trinken, und dann >the gaspipe escape< zu nehmen. Hübsch. Oh, sehr hübscher Text. Das gab den Ausschlag. Er drückte auf den Knopf und schaltete den CD-Player aus.
    Scott richtete sich verblüfft im Bett auf. »He!«
    Sam nahm die CD aus dem Player, ließ sie auf den Boden fallen und zertrat sie mit dem Absatz.
    »He, großer Gott, was machst du da?«
    Vierzig oder fünfzig CDs, meist Black Metal Alben, standen in offenen Regalen über der Stereoanlage. Sam warf sie auf den Boden.
    »He, komm schon«, sagte Scott. »Bist du übergeschnappt?«
    »Das hätte ich längst tun sollen.«
    Als er Tessa und Chrissie bemerkte, die vor der offenen Tür standen, sagte Scott: »Wer, zum Teufel, sind die denn?«
    Sam sagte: »Die, zum Teufel, sind meine Freunde.«
    Der Junge geriet wirklich in Wut und fauchte: »Was haben die, verdammt noch mal, hier zu suchen, Mann?«
    Sam lachte. Er war beinahe in Hochstimmung. Er war nicht sicher, warum. Vielleicht, weil er endlich etwas unternahm, um seine Situation zu ändern, um Verantwortung dafür zu übernehmen. Er sagte: »Die besuchen mich, verdammt noch mal.« Und er lachte wieder.
    Es tat ihm leid, daß Chrissie das miterleben mußte, aber dann sah er, daß sie nicht nur nicht betroffen war, sondern sogar kicherte. Ihm wurde klar, daß alle wütenden und schlimmen Wörter der Welt ihr nichts anhaben konnten, nicht nach allem, was sie durchgemacht hatte. Nach allem, was sie in Moonlight Cove gesehen hatte, war Scotts Teenager-Nihilismus tatsächlich komisch und sogar irgendwie unschuldig, auf jeden Fall durch und durch lächerlich.
    Sam stand neben dem Bett und fing an, die Poster von den Wänden zu reißen, und Scott schrie ihn an, jetzt mit voller Lautstärke, ein echter Anfall. Sam riß die Poster ab, die er nur vom Bett aus erreichen konnte, stieg herunter und wandte sich denen an der nächsten Wand zu.
    Scott packte ihn.
    Sam stieß den Jungen sanft weg und riß weitere Poster herunter.
    Scott schlug ihn.
    Sam steckte den Schlag weg und sah ihn an.
    Scotts Gesicht war leuchtend rot, die Nasenlöcher gebläht, die Augen vor Haß aufgequollen.
    Sam umarmte ihn lächelnd wie ein Bär.
    Zuerst verstand Scott eindeutig nicht, was vor sich ging. Er dachte, sein Vater wollte ihn nur packen und bestrafen, daher wollte er zurückweichen. Aber plötzlich dämmerte es ihm - Sam konnte sehen, wie es ihm dämmerte -, daß er nur umarmt wurde, um Gottes willen, sein alter Herr umarmte ihn, und das vor Leuten, vor Fremden. Als ihm diese Er kenntnis kam, fing der Junge wirklich an, sich zu wehren, wand sich und schlug um sich, stieß heftiger gegen Sam, wollte verzweifelt entkommen, weil das nicht in seine Vorstellung von einer Welt ohne Liebe paßte, besonders wenn er anfing, darauf einzugehen.
    Das war es, ja, verdammt, jetzt verstand Sam. Das war der Grund für Scotts Entfremdung. Die Angst, daß er auf Liebe
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