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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht
Autoren: Nora Roberts
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dich. Dich stolz auf mich machen. Sie ließ meine Uhr fallen, merkte es aber nicht. Sie befahl Julian, mich einzuwickeln, und sie trugen mich hinaus, dazu den Koffer mit meinen Sachen. Sie holten alte Ziegelsteine, um mich damit zu beschweren, und schleppten mich fort.
    Es war schwer. Obwohl der Mond schien, obwohl es kühl war, wurde es ein schwerer Weg mit all der Last. Julian wurde übel, aber sie duldete keine Dummheiten. Sie würden sagen, ich sei mit einem anderen Mann weggelaufen. Sie würden das Gerücht verbreiten, mein Baby sei ein Bastard, das dir als dein eigenes untergeschoben worden sei. Während sie die Ziegel auf mich legten und den Umhang, in den ich gewickelt war, mit einem Seil festzurrten und mich dann in den Bayou warfen, erzählte sie Julian, wie sich angeblich alles zugetragen habe.«
    Er drehte sich nach ihr um. »Und du hast ihnen geglaubt.«
    »Nein.« Jetzt weinte Lena. Seinetwegen, um Abigail, ihretwegen, Lucians wegen. »Nein.«
    »Nicht von Anfang an. Du hattest Angst um mich. Du suchtest nach mir. Du weintest um mich. Ich versuchte dich zu erreichen, aber du ließest mich nicht herein. Du wolltest mich nicht hereinlassen, weil ein Teil von dir bereits ihren Lügen glaubte. Ich liebte dich. Von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit meinem ganzen Körper. Ich starb für dich.«
    »Ich konnte nicht aufhalten, was mit dir geschah. Ich war nicht da, um dem ein Ende zu machen.«
    »Nein, in jener Nacht warst du nicht da. Aber du warst nie richtig da. Nicht für mich und nicht für unser Kind. Du hast das mir gegebene Versprechen nicht gehalten, das feierliche Gelübde, das du vor mir in jener Nacht, als sie geboren wurde, in diesem Bett abgelegt hast. Und das führte uns weitaus mehr ins Verderben als der Tod.«
    »Wie habe ich denn mein Gelübde gebrochen?«
    »Du hast versprochen, unser Kind zu lieben, dich zu jeder Zeit um sie zu kümmern. Ich war immer aufrichtig zu dir, Lucian. Das musst du wissen.«
    »Ich weiß es.« Sie umschloss mit ihrer Hand die Uhr in ihrer Tasche und spürte das Gewicht, die Trauer, das Leid.
    »Wie konntest du sie allein lassen? Wie konntest du dich von ihr abwenden? Du warst alles, was sie hatte. Du hast es mir geschworen.«
    »Ich weiß es nicht. Ich war schwach. Ich war nicht so tapfer oder so aufrichtig wie du. Vielleicht... Ich glaube, du hast mich zum Mann gemacht, und als du nicht mehr da warst, hatte ich nichts mehr, woran ich mich aufrichten konnte.«
    »Du hattest Marie Rose.«
    »Vielleicht liebte ich dich zu sehr und sie nicht genug. Verzeih mir. Verzeih mir, was ich getan habe, was ich nicht getan habe. Ich kann nicht zurück und es ändern.« Sie zog die Uhr heraus und hielt sie mit dem Zifferblatt nach oben in ihrer Handfläche. »Egal, wie oft die Zeit stehen bleibt, es ist zu spät. Könnte ich es, würde ich dich nie verlassen. Ich würde dich und das Baby wegbringen. Ich würde alles tun, um dem ein Ende zu bereiten, was dir passiert ist.«
    »Ich liebte dich. Und seit sie mich dir weggenommen haben, tat mein Herz mir jede Minute weh. Tat mir weh vor Trauer, dann vor Hoffnung, dann vor Kummer. Du hast den Tod gewählt, Lucian, und nicht das Leben. Noch immer ziehst du die Einsamkeit der Liebe vor. Wie soll ich verzeihen, wenn du das nicht kannst? Solange du dich nicht entscheidest, haben sie gewonnen, und das Haus, das unseres hätte sein sollen, beherbergt sie nach wie vor. Keiner von uns wird jemals frei sein, bis du dich entscheidest.«
    Er drehte sich um, öffnete die Türen zur Galerie und ging hinaus.
    Die hinter ihr zuschlagende Tür schreckte sie auf. Es klang, fand Lena, wie das unverschämte Lachen über jemandes Elend. Ohne darauf zu achten, trat sie ins Freie und holte tief Luft.
    »Declan.«
    Er lehnte an der Balustrade und starrte hinaus auf die ersten Anzeichen der Dämmerung. »Ja. Ich versuche herauszufinden, ob ich einen Exorzisten oder einen Psychiater brauche oder aus der Geschichte Kapital schlage und mich um die Hauptrolle in einem Remake von Eva mit den drei Gesichtern kümmere.«
    Er rollte die Schulter, als versuchte er ein lästiges Gewicht abzuschütteln. »Ich glaube, ich gebe mich erst mal mit einer Bloody Mary zufrieden.«
    Vorsichtig näherte sie sich ihm von hinten. »Ich mache uns beiden einen«, fing sie an und legte dabei ihre Hand auf seinen Rücken. Mit einem Schritt zur Seite wich er ihrer Berührung aus, so dass sie mit hängender Hand stehen blieb.
    »Man muss mich nicht tätscheln und streicheln. Ich
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