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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago
Autoren: Heide Fürböck
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so einfach ist das nicht, möchte man als zivilisierter Mensch samt Robinson-Crusoe-Attitüden nicht ein Quentchen Komfort missen und sei es nur eine Rolle Toilettpapier, um nicht auf großblättriges Wiesengrün, schmutzige Socken oder zusammengeknüllte Kaugummipapierchen angewiesen zu sein - alles schon dagewesen!
     
    20. 04. 1997
    Heute absolviert Wolfgang seinen letzten Arbeitstag. Man könnte sagen, nun beginnt unser eigentlicher Countdown. Zwei Singles, arbeitslos, geschädigt in mancherlei Hinsicht, alltagsmüde und sich gegenseitig nervend im Endspurt bei der Vorbereitung zur Verwirklichung ihrer Wünsche und Träume. Ob diese sich dann auch tatsächlich erfüllen werden und nicht mit einem vorprogrammierten Reinfall enden, wird sich zeigen. Trotzdem - Vorfreude, wo steckst du?
     
    22. 04. 1997
    Darf ich vorstellen: Jockl von und zu Eicher mit dem amtlichen Kennzeichen ED-EF 75. Was in Österreich noch nach Wochen nicht möglich war, läuft im weiß/blauen Bayern an einem grauen Vormittag über die Bühne - natürlich auch hier mit einiger Vorarbeit, aber um Häuser unbürokratischer als bei uns zu Lande.
     
    25. 04. 1997
    Hurra, auch der TÜV kann nun abgehakt werden. Jockl überzeugt in jeder Hinsicht mit seinem vorbildlichem Zustand. Unter seiner aufgemöbelten Altherrenschale steckt eben noch ganz schön Power und abrufbare Disziplin. Der zweite Frühling dieselt in seinem knatternden Motorherz, als Wolfgang unter wolkenlosem Vergissmeinnicht-Himmel, zwischen Löwenzahnwiesen ins bayrische Laufen zur fälligen TÜV-Überprüfung hinüberzockelt. Dort führt er den Jockl wie einen mäßig dressierten Ziegenbock vor und legt zum guten Schluß der Vorstellung auf makellosem Schotter eine ebensolche Bravourbremsung hin - die Räder stehen auf die Sekunde und Jockl rutscht, wie über eine gefegte Curlingbahn, herrlich unbeschwert von dannen. Natürlich will der bestandene Eignungstest auch begossen sein: »Resi, zwoa Hoibe, dreißg Lita Diesl und a poa Weiße, wennst nu host! - Prost und an Guadn!«
     
    28. 04. 1997
    Leider ist es soweit - Hartigucks (meine Wenigkeit) erste Jockl-Fahrstunde naht! Wahrlich nichts für schwache Naturen, vor allem dann nicht, wenn der Fahrlehrer nicht weiß, worauf er sich da einläßt. Zugegeben, fürs erste war es gar nicht so übel, übersieht man die Tatsache meiner ansteigenden Panik bei jedem Fahrzeug, das irgendwo am Horizont »plötzlich« auftauchte und sich vielleicht ausgerechnet noch auf »unserer« Straße näherte, als ob es nicht genügend andere Straßen gäbe; nimmt man von den ungenierten Bocksprüngen, mit denen ich Jockl jauchzend beschleunigend in Bewegung setzte, keinerlei Notiz; vergisst man meinen Asphaltslalom auf schnurgerader Straße und die verhängnisvollen Kreuzungen, die stets beklemmend schnell näher kamen und mich jedes Mal in innerliches Gezappel ausbrechen ließen _ hoffentlich bleibt der Traktor stehen oder was mache ich, daß er es tut. Kein Grund zum Lachen, denn so leicht traue ich niemandem über den Weg und schon gar nicht einer von Menschen ausgeklügelten und gefertigten Maschine. Immer plagt mich die Vorstellung, die Bremsen könnten versagen, ein Reifen könnte platzen, eine Leitung könnte plötzlich lecken, etwas könnte reißen oder wegen Altersschwäche einfach auseinander fallen. Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn mich nicht gerade das Fernreisefieber plagt und ich über genügend Zeit verfüge, gehe ich am liebsten zu Fuß, denn auf meine Läufe kann ich mich am ehesten verlassen - da weiß ich, woran ich bin. Außerdem liegt mir mein eigenes Tempo ganz einfach mehr als alle anderen Geschwindigkeiten, für die mir oft genug die Konzentration fehlt. Nicht umsonst bevorzuge ich seit 20 Jahren den Beifahrersitz und vertiefe mich lieber in die Grünnuancen vorbeiziehender Laubwälder als in die Buntheit von Schilderwäldern am Straßenrand. Für Jockl werde ich jetzt wohl oder übel eine Ausnahme machen müssen.
     
    30. 04. 1997
    Heute lassen wir uns noch einmal mit schlechtem Gewissen zu einem schmählichen Missbrauch von Wolfgangs nicht mehr ganz verkehrstüchtigem Fiesta hinreißen, um unsere beiden schubladenartigen Packkisten - praktisch das Inlett für unsere große Transportkiste - abzuholen, die mein Vater in gewohnter 1a-Tischler-Qualität für uns gezimmert hat.
    Stunden später knien wir mit neu entfachtem Elan zwischen Kisten, Packsäcken, Beuteln und Taschen und schlichten in geübter Manier. Ungeahnte Ideen
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