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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago
Autoren: Heide Fürböck
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Jahre alter Traktor, der aus der Scheunenstaubigkeit seines Daseins zum Star einer nicht alltäglichen Unternehmung erkoren wurde.
    Die Schilderung gibt die Vorbereitung und den gesamten Verlauf dieser über fünf Monate dauernden »Tour de Traktor« samt ihren großen und kleinen Höhepunkten und Enttäuschungen wieder, entbehrt auch nicht kunst- und kulturgeschichtlicher Anmerkungen, wo es mir unerlässlich beziehungsweise wichtig erschien. Persönlichen Eindrücken wurde dabei stets Vorrang gegeben, unabhängig vom touristischen Stellenwert eines Ortes oder der kunsthistorischen Bedeutung eines Bauwerkes (in meinen Augen Sehenswertes habe ich im Text kursiv hervorgehoben).
    Da Jahreszahlen meist zum Vergessen animieren, Wegbeschreibungen zum Verfahren und allzu viel Geschichte zum Einschlafen, habe ich versucht, ein ausgewogenes Konglomerat aus Landschaftseindrücken, architektonischen Highlights, amüsanten Begebenheiten rund um unseren Traktor, unvergesslichen Erlebnissen wie auch Ärgernissen am Wegesrand, gastronomischen Miseren, technischen Pannen und zwischenmenschlichen Spannungen zusammenzustellen, das unsere Reise im wesentlichen einigermaßen nachvollziehbar dokumentieren soll.
    »A weng an Spaß soits hoit hom beim Lesen, des war d’Hauptsoch vun dera gonzn Schreibarei, und vielleicht bleibt a sunst nu a weng wos hänga!«
     

 

I. Eine verrückte Idee!
     
    30. 12. 1996
    Nicht mehr erwartet, nicht mehr erhofft, ist heute eingetreten, was wir, Wolfgang und ich, schon beinah aufgegeben hatten: Wir haben »ihn« gefunden, wie die drei Weisen aus dem Morgenland das Kind in der Krippe: JOCKL, einen rüstigen Ackerschlepper Marke Eicher-Panther, Baujahr 1968.
    Genau genommen war es Wolfgangs Verdienst, denn nur durch sein monatelanges Betreiben einer landesweiten Suche, einem stundenlangen Herumtelefonieren und Verfassen von Zeitungsannoncen, dem Befragen von Dutzenden von Leuten mit einschlägiger Eicher-Erfahrung war schließlich sein Aufwand von Erfolg gekrönt. Sein Beitritt zum Eicher-Club in Forstern/Bayern, die regelmäßigen Fahrten zu den Club-Sitzungen, die bierigen Tischgespräche mit der »Bauernschaft«, in die er allein durch sein Äußeres mit Lagerfeld-Zopf hineinpasste wie der legendäre Stadtsommerfrischler in die Brotzeitidylle am Kartoffelacker, seine ungezählten Nachmittagsfahrten ins ländliche Unbekannte und die dabei gemachten Bekanntschaften mit Landwirten jeden Charakterschlages, mit Eicher-Hobbisten, mit Landmaschinenmechanikern, Austragbauern und sonstigen »Eicher-Sachverständigen« - all das hat sich nun gelohnt. Mein Beitrag bestand da lediglich aus einer anfänglichen Begeisterung und dem Besuch zweier Eicher-Treffen im Laufe eines Jahres. Die Besuche stellte ich schließlich ein, und die Begeisterung verpuffte im Laufe der Monate ganz von selbst.
     
    Dazu noch kurz die Vorgeschichte für unseren doch etwas ungewöhnlichen Wunsch, Besitzer eines an und für sich recht derben Fahrzeuges zu werden. Als Wolfgang und ich im Oktober 1992 von einer viermonatigen Rad-Pilgerreise zurückkehrten, lagen rund 4000 Kilometer von Oberndorf bei Salzburg nach Santiago de Compostela in Spanien hinter uns. Ausgerechnet wir beide, die einen Fahrradsattel nur unter den Allerwertesten anderer passend fanden, mauserten uns von lahmtrittigen Anfängern zu routinierten Bikern, die mit Anhängern im Schlepptau durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und über die Pyrenäen bis in Spaniens nordwestlichste Ecke radelten. Sicher an manchen Tagen mit Wehklagen und einigem Arger, aber wir erreichten unser Ziel ohne nennenswerte Pannen und darüber hinaus mit einer ungeahnten Palette an unvergesslichen Eindrücken und Erfahrungen. Schon während unserer Fahrt durch die französische Auvergne begannen wir mit unseren Spintisierereien zu einem neuen Abenteuer, so wie wir meist noch irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs schon neue Ziele und neue Herausforderungen ins Auge fassen. »Wos moanst, di söbe Streckn mit an Traktor z’foarn, des wa doch di Gaudi?!« Und schon war auch der erste Gedanke, der erste Satz einer langen, abwechslungsreichen Geschichte geboren, zugleich auch der noch ungeahnte Beginn zu einem von fast allen unseren Bekannten als Schnapsidee degradierten Unternehmen. Dem hielten wir entgegen, daß man mit einem Traktor ebenso langsam wäre wie mit dem Rad, also genau das richtige Tempo für ein bewußtes Schauen und Erleben hätte. Und was man natürlich auch nicht verachten
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