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Mit einer Prise Glück und Liebe

Mit einer Prise Glück und Liebe

Titel: Mit einer Prise Glück und Liebe
Autoren: B O'Neal
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habe. Ob ich mich daran erinnern werde, wie es geht?
    Unten läutet die Glocke über der Eingangstür. Ich laufe in die Bäckerei und biege gerade um die Ecke, als Katie durch die Tür tritt. Ihre Augen sind viel zu groß für ihr Gesicht, und sie ist spindeldürr. Alles an ihrem dreizehn Jahre alten Körper schreit nach Trotz und Protest – die vor der Brust gekreuzten Arme, das Haar, das ihr ins Gesicht fällt, die eingezogenen Schultern, als müsse sie ihr Inneres schützen. Ihre Augen sind rot gerändert und verquollen, als hätte sie geweint, aber vielleicht hat sie auch nur während des Flugs geschlafen. Ich trete mit einem, wie ich hoffe, aufmunternden Lächeln vor. Der alte Holzboden knarzt unter meinen Füßen. Das Mädchen starrt mich erschrocken an.
    »Keine Sorge. Er ist alt, aber er hält.« Ich verkralle die Hände ineinander, um sie nicht aus einem Impuls heraus nach ihr auszustrecken. Ich habe eine kleine Katze vor mir, und Katzen kommen nur, wenn man sie mit leisen, beschwichtigenden Lauten anlockt. »Ich bin Ramona Gallagher. Du musst Katie sein.«
    »Ich dachte, Sofias Mom kümmert sich um mich.«
    »Stimmt. Ich bin Sofias Mutter.«
    Sie sieht mich finster an.
    »Ich war noch ziemlich jung, als sie geboren wurde.«
    Sie nickt. Sie hat einen dichten Schopf wilder Locken, braun mit goldenen und kupferfarbenen Strähnen darin. Ihr Haar ist viel zu lang und müsste unbedingt geschnitten werden. Ein Kind aus gutem Hause erkennt man stets am Haar und an der Haut, sagt meine Mutter immer. Katies olivfarbene Haut sieht trocken aus, und sie ist nicht besonders hübsch. Noch nicht. Aber eines Tages, wenn sie ihre Schlaksigkeit erst einmal abgelegt hat, wird sie die Anmut einer Schwalbe besitzen. Ihre Augen sind grün, so wie die ihres Vaters. Ihr Anblick versetzt mir einen Stich. Ich denke an ihn und an das Krankenbett, in dem er liegt, schwer verwundet, irgendwo am anderen Ende der Welt.
    Katie steht mit ihrem Buch in der Hand und einem Rucksack über der Schulter vor mir und sieht mich feindselig an. »Ich will hier nicht wohnen«, erklärt sie. »Meine Mom kommt bald wieder aus dem Gefängnis frei, dann kann sie mich holen. Ich brauche keine Ersatz-Mama.«
    Ihre Loyalität rührt mich. Ich nicke. »Klar. Du musst ja auch nicht für immer hierbleiben. Sofia wollte nur die Gewissheit haben, dass du gut aufgehoben bist, bevor sie nach Deutschland aufbricht.«
    Katie senkt den Blick. Deutschland. Ihr Vater. Ich werde warten, bis sie von allein die Sprache darauf bringt. »Du kannst Ramona zu mir sagen.«
    »Mein Dad will nicht, dass ich Erwachsene mit dem Vornamen anspreche.«
    »Mmm. Aber ich bin mit dir verwandt. Ich bin deine Stiefgroßmutter, oder? Musst du in diesem Fall auch Mrs. Gallagher zu mir sagen?«
    Sie zuckt die Achseln. Ich lasse es dabei bewenden. »Hast du Gepäck dabei, Schatz?«
    »Ich habe alles hier.« Mein Bruder zieht einen schmalen Hartschalenkoffer heran – ein Modell, wie es seit den Sechzigern nicht mehr hergestellt wird. Katie wirft ihm einen Blick durch ihre dichten Wimpern zu – sein schwarzes Haar und die leuchtend blauen Augen verleihen ihm etwas Verwegenes –, woraufhin er sich den Koffer auf die Schulter schwingt und die Hand nach ihrem Rucksack ausstreckt. »Soll ich den auch gleich für dich nach oben tragen?«
    Katie schiebt die Daumen unter die Schultergurte. »Nein, ich komme schon klar.«
    »Kein Problem«, sagt er mit einer Geste in meine Richtung. »Erzähl Ramona von deinem Hund.«
    Katie steht immer noch direkt hinter der Tür, als wollte sie flüchten, sobald wir ihr den Rücken zukehren.
    »Hund?«
    »Sie haben mich gezwungen, meinen Hund zurückzulassen. In El Paso. Am Flughafen.« Tränen steigen ihr in die Augen. »Ich hatte nicht den richtigen Transportbehälter, deshalb haben sie ihn in irgendeinen Lagerraum gebracht, aber ich muss ihn hierherholen. Außer mir hat er niemanden, und bestimmt hat er schreckliche Angst.«
    »Oh. Es geht um deinen Hund. Ich wusste ja gar nicht, dass du einen hast.«
    Sie hebt die Schultern. »Er ist auch noch nicht lange bei mir. Ich habe ihn bei den Bahngleisen gefunden. Er heißt Merlin.«
    Ich bemühe mich um eine neutrale Miene. Mein Kater wird nicht allzu begeistert sein. Und ein Hund, der bislang ein Vagabundenleben geführt hat, könnte für einigen Ärger sorgen, unter anderem könnte er meinen Kater als perfekte Proteinquelle ansehen. »Wann hast du ihn denn gefunden?«
    »An dem Tag, als meine Mom ins Gefängnis
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